Süddeutsche Zeitung

Kommunalwahl:Verwerfungen in der Straubinger AfD

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Nach dem Austritt des OB-Kandidaten und weiteren Turbulenzen bemüht sich die Partei um Schadensbegrenzung

Von Johann Osel, München/Straubing

Nach dem Eklat in der Straubinger AfD bemüht sich die Partei kurz vor der Kommunalwahl um Schadensbegrenzung. Jüngst hatte der Bewerber für das Amt des Oberbürgermeisters, Simon Bucher, den Austritt aus der Partei verkündet - wegen "rechtsextremer Tendenzen" einiger Kandidaten der Stadtratsliste und Rückendeckung für diese durch Funktionäre. Nun kehrte auch der Kandidat Robert Nossol, Platz vier, der AfD den Rücken. Im Fall seiner Wahl wolle er das Mandat niederlegen. Vor allem um ihn soll es in Buchers Kritik gegangen sein. Er soll laut Recherchen des ARD-Magazins "Report München" mit Rechtsextremen sympathisieren, wie sein - später geändertes - Facebook-Profil zeigt; goutiert wurde darauf unter anderem eine Gefangenenhilfe, die sich für Neonazis in Haft einsetzt und auch NSU-Helfer unterstützte. Er soll außerdem vor längerer Zeit bei einem Neonazitreffen aktenkundig geworden sein.

Die AfD-Landesvorsitzende und Bundestagsabgeordnete Corinna Miazga, die ebenfalls in Straubing kandidiert, begrüßte den Rückzug; Nossol habe "von der Partei Schaden abgewendet". Gleichwohl habe sich die "Sachlage verändert", ein Foto des Kandidaten im NPD-Umfeld sei zum Beispiel elf Jahre alt. Im Fall des Listenführers Bucher hatte sie AfD-Wählern geraten, den Namen durchzustreichen. Dessen AfD-Austritt sieht sie als "Ablenkungsmanöver" von persönlichen Beweggründen.

Als "rein parteipolitisch motiviert" wertete Miazga die am Donnerstag erfolgte Einstufung der AfD-Gruppe "Der Flügel" als Beobachtungsobjekt durch das Bundesamt für Verfassungsschutz. Sie gehört formal dem völkischen Zirkel an, hatte sich aber bei ihrer Wahl als Landeschefin 2019 insofern abgesetzt, als dass sie für alle Strömungen einstehen wolle. Innenminister Joachim Herrmann (CSU) nannte die neue Einstufung durch den Bund einen "konsequenten Schritt". "Die Positionen des Flügels sind ohne Zweifel mit unserem Grundgesetz unvereinbar." Beim Verfassungsschutz im Freistaat galt der Flügel (ebenso der Parteinachwuchs JA) aber schon zuvor als Beobachtungsobjekt, ihm sei eine dreistellige Zahl an Personen direkt zuzurechnen. Eine Beobachtung bedeutet, dass neben öffentlich zugänglichen Quellen geheimdienstliche Mittel zum Einsatz kommen dürfen; zudem müssen Flügel-Vertreter, die im öffentlichen Dienst sind oder das anstreben, mit Zweifeln an ihrer Verfassungstreue rechnen.

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SZ vom 14.03.2020
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