Süddeutsche Zeitung

Kommunalpolitik:Abgeblendet

Bayreuths Stadtrat im Stream

Von Olaf Przybilla, Bayreuth

Livestream aus dem Stadtrat, das klingt transparent und erstrebenswert. Ob's das wirklich ist, stellt die Bayreuther Wählergruppierung "Die Unabhängigen" infrage. Sie findet, dass sich das Prinzip alles andere als bewährt habe, nicht etwa für Transparenz sorge, sondern im Gegenteil für Verwirrung, wenn nicht gar Frust. Und zwar deswegen, weil nicht alle Stadträte ihre Einwilligung gegeben haben, dass sie auch im Bild erscheinen dürfen, wenn sie das Wort ergreifen. Man muss sich das etwa so vorstellen wie bei Kurt Tucholsky: "Es wird nach einem Happy End / im Film jewöhnlich abjeblendt. / Man sieht bloß noch in ihre Lippen / den Helden seinen Schnurrbart stippen -- / da hat sie nu den Schentelmen. Na, un denn --?"

Nichts und denn. Abgeblendet wird, wenn's zur Sache geht, der betreffende Stadtrat aber sein Plazet nicht gegeben hat. Nach einem Antrag auf Abschaffung dieses kostspieligen Tools hat sich Bayreuths Stadtrat nun trotzdem entschieden, weiter zu übertragen. Zunächst indes werden alle Stadträte abermals befragt, ob sie auch einverstanden sind, dass sie im Stream als Person vorkommen. Wie bislang gibt's die Möglichkeit, das abzulehnen. Künftig aber auch die Option, nicht im Bild, dafür mit Ton übertragen zu werden. Abjeblendt würde dann zwar immer noch. Aber das Mikro bliebe immerhin auf.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4920767
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 29.05.2020
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.