Süddeutsche Zeitung

Kampf um die Stoiber-Nachfolge:Huber will's schaffen. Seehofer auch.

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In zwei Wochen wählt die CSU ihren neuen Chef. Unsere Reporter haben die beiden Kandidaten acht Monate lang begleitet. Chronik eines Duells.

Marcus Jauer und Kassian Stroh

Dass eine gut gestrickte Intrige oder eine süffige Affäre zur CSU gehört wie das Weiß-Blau Bayerns - Theo Waigel, Max Streibl und etliche andere in der Partei konnten ein Lied davon singen. Aber eine Geliebte, zwei Männer und drei Kandidaten - das hat es selbst in der CSU noch nicht gegeben. Am 29. September soll ein neuer Parteivorsitzender gewählt werden. Das Duell der beiden Kontrahenten, Horst Seehofer und Erwin Huber, hat neun Monate lang die politische Agenda mitbestimmt.

15. JANUAR Die CSU trifft sich in Wildbad Kreuth, wie jedes Jahr. Doch dieses Mal ist es anders: Noch amtiert Edmund Stoiber als bayerischer Ministerpräsident und CSU-Parteichef, doch die Macht gleitet ihm aus den Händen. Der Kampf um seine Nachfolge hat begonnen, es gibt zwei Ämter zu verteilen. Und drei Kandidaten: Bayerns Innenminister Günther Beckstein, Wirtschaftsminister Erwin Huber und Bundesagrarminister Horst Seehofer. Mindestens einer ist zu viel.

In die Sitzung platzt die Nachricht, Seehofer habe in Berlin eine Geliebte. Das Gerücht kursierte seit Langem im Parlamentsbetrieb, jetzt hat es die Bild-Zeitung gedruckt. Die Frau ist 33 Jahre alt und arbeitet im Büro des CDU-Abgeordneten Laurenz Meyer. Seehofer kennt sie seit drei Jahren. Seine Frau ahnt nichts von der Affäre. Sie ist seit 20 Jahren mit ihm verheiratet und lebt mit den drei Kindern in Ingolstadt.

Jetzt steht in der Zeitung, ihr Mann werde ein viertes Mal Vater, die Geliebte sei schwanger. Bis dahin sah es so aus, als sei Seehofer einer der beliebtesten Politiker in Bayern. Und der Parteivorsitz ihm nicht zu nehmen. Horst Seehofer wirkt wie versteinert, als die Nachricht von seiner Geliebten publik wird.

18. JANUAR Kurz nach 14 Uhr, Edmund Stoiber tritt durch eine Seitentür in den Pressesaal der Münchner Staatskanzlei. Er hält eine kurze Rede, lobt Bayern und die CSU. Dann sagt er, er werde am 30. September als bayerischer Ministerpräsident und Parteivorsitzender zurücktreten. Keine zwei Minuten hat er gesprochen, Fragen sind nicht erlaubt.

Aber die meisten Journalisten kamen ohnehin zu spät, die Pressekonferenz war nur 15 Minuten zuvor angekündigt worden. Es gibt nicht einmal Live-Bilder von dem Moment, als Stoiber sagt, dass er gehen wird. Später an diesem Tag ruft Huber Seehofer an. Er sagt, er freue sich "auf eine gute Zusammenarbeit". Es klingt, als hätten Beckstein und Huber die Ämter bereits unter sich aufgeteilt. Der eine wird Ministerpräsident, der andere Parteichef. Seehofer fühlt sich übergangen. Spätestens jetzt entscheidet er, dass er antreten will - trotz der Geliebten. Zwei Stunden später erklärt er seine Kandidatur.

26. JANUAR Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Infratest: 39 Prozent der Bayern bevorzugen Seehofer als Parteichef, 23 Prozent Huber. Bei den CSU-Wählern führt Seehofer mit 41 zu 30 Prozent. Stoiber, Huber und Seehofer treffen sich zu einem ersten Gespräch in der Staatskanzlei. Stoiber will einem der beiden die Kandidatur ausreden. Huber ist der Favorit des Parteiapparats, Seehofer der Liebling der Wähler - ein Kampf zwischen den beiden könnte die Partei zerreißen. Das Gespräch dauert drei Stunden und endet ohne Ergebnis. Es wird zur Kampfkandidatur kommen.

21. FEBRUAR Politischer Aschermittwoch der CSU in der Passauer Dreiländerhalle. Noch einmal fügt sich Erwin Huber in die zweite Reihe ein und schreitet im Gefolge des scheidenden CSU-Chefs Edmund Stoiber durch ein Spalier jubelnder CSU-Anhänger. Huber hat seinen Chefs immer treu gedient, sei es Franz Josef Strauß, Theo Waigel oder eben Stoiber. "Knecht, nicht Herr", sagen sie in der CSU über ihn.

Am Rednerpult lässt Huber jedoch keinen Zweifel, dass er sich mit dieser Rolle nicht länger abfinden will. "Ich bin bereit, die CSU in die Zukunft zu führen", ruft er der Menge zu. Seehofer ist nicht nach Passau gekommen, er tritt bei einem Fischessen der CDU in Krefeld auf. Es ist das erste Mal, dass es diese kleine Veranstaltung in die Hauptnachrichten der großen Fernsehsender schafft.

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