Süddeutsche Zeitung

Hepatitis-C-Infektionen im Donau-Ries-Klinikum:Suchtkranker Anästhesist steckt Patienten an

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Von Christian Rost, Donauwörth

Im Fall der Hepatitis-C-Infektionen im schwäbischen Donau-Ries-Klinikum gehen Gesundheitsamt und die Ermittler der Kriminalpolizei mittlerweile mit hoher Wahrscheinlichkeit davon aus, dass ein suchtkranker Anästhesist dieselben Spritzen verwendet hat, die er später bei Eingriffen auch Narkosepatienten setzte. Der Mann war selbst mit dem Virus infiziert, das schwere Lebererkrankungen zur Folge haben kann, und steckte die Patienten mutmaßlich an.

Nach den Angaben des Leiters des Gesundheitsamtes, Rainer Mainka, wurden bis Wochenbeginn 25 solcher Fälle gemeldet. Es besteht der Verdacht, dass sich der Mann mit den vom Pflegepersonal vorbereiteten Narkosespritzen erst selbst eine Dosis setzte und anschließend die Patienten betäubte. "Die Schmerzmittel liegen aufgezogen auf dem Tisch, für einen Suchtkranken sozusagen griffbereit", sagte Gesundheitsamtsleiter Mainka.

Der Narkosearzt war von November 2016 bis April 2018 an der Klinik tätig. In dieser Zeit war er laut Operationsberichten regulär bei 693 Eingriffen als Narkosearzt eingesetzt. Überdies vertrat er in Pausenzeiten und bei Schichtwechseln Kollegen im OP. Deshalb könnten bis zu 1200 ehemalige Patienten des Klinikums von einer Virus-Infektion betroffen sein. Sie wurden aufgefordert, sich beim Hausarzt auf Hepatitis C testen zu lassen.

Laut Gesundheitsamt gab es nach dem Ausscheiden des Arztes aus der Klinik keine weiteren Infektionen mehr. "Das Krankenhaus ist seither von der Infektionsquelle befreit", sagte Mainka. Der Anästhesist ließ sich therapieren und trat am 1. Oktober eine neue Stelle in der Ostalb-Klinik in Baden-Württemberg an. Zu diesem Zeitpunkt war er nicht mehr infektiös. Nach Bekanntwerden der Vorfälle in Donauwörth wurde er von der Ostalb-Klinik entlassen.

Dass er versehentlich die Patienten bei Operationen angesteckt hat, schließen die Ermittler aus. Weil sich das Virus nur bei direktem Blutkontakt überträgt, hätte der Arzt bei jedem Eingriff eine blutende Wunde an den Händen haben müssen. Dies sei extrem unwahrscheinlich, so die Experten. Es sei auch auszuschließen, dass mangelnde Hygiene eine Rolle gespielt habe. Mainka sagte, "die strukturellen Hygienevorgaben" in der Donau-Ries-Klinik seien nicht zu beanstanden.

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Quelle:
SZ vom 30.10.2018
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