Süddeutsche Zeitung

Guttenberg: Zukunft der Bundeswehr:Schweres Gefecht

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Karl-Theodor zu Guttenberg will die Bundeswehr verkleinern. In seiner CSU macht sich der Verteidigungsminister damit unbeliebt - vor allem bei Ministerpräsident Horst Seehofer.

Mike Szymanski

Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg hat gerade ein schwieriges Gefecht zu bestehen. "Raus aus dem Büro - rein in die Truppe", heißt das Motto seiner Sommerreise durch die Republik. Es ist alles andere als eine Wohlfühltour. Wo immer der CSU-Politiker auch auftaucht, unter den Soldaten gibt es nur das eine große Thema: die Zukunft der Bundeswehr, die Zukunft des Wehrdiensts.

Guttenberg ist mit einer Mission unterwegs. Er hat sich vorgenommen, die Bundeswehr tiefgreifend zu reformieren. Er will sie kleiner machen und kostengünstiger. Er kann sich deshalb vorstellen, Kasernen zu schließen und bei Rüstungsaufträgen zu sparen. Und die Wehrpflicht in der heutigen Form hält er für ein Auslaufmodell.

Vor allem in seiner eigenen Partei, der CSU, werden viele dieser Aussagen wie Kampfansagen empfunden. Denn Bayern lebt bislang gut von der Rüstungsindustrie und mit den Kasernen. Im Freistaat ist deshalb das Interesse der Politiker an einer kleineren Bundeswehr nicht sehr ausgeprägt. Aber Guttenberg ist in Berlin, und er hat mit diesem Thema seine eigene Partei herausgefordert. Es vergeht kaum ein Auftritt von Parteichef Horst Seehofer vor CSU-Mitgliedern, bei denen er nicht auf dieses Thema zu sprechen kommt, denn der Gesprächsbedarf in der Partei ist groß.

Der CSU-Wehrexperte Johannes Hintersberger sagt: "Die Wehrpflicht darf nicht vom Tisch gewischt werden." CSU-Innenminister Joachim Herrmann sagt: "Die Wehrpflicht ist ein Grundelement der Sicherheitspolitik der Union." Nur Seehofer selbst schafft es, der Diskussion noch mehr Bedeutung zu geben und Guttenberg damit das Leben schwerzumachen. Er sagt: "Die Bundeswehr ist für uns in Deutschland primär keine Haushaltsfrage, sondern eine Identitätsfrage." Auch wenn Seehofer das immer abstreitet, geht es in dieser Frage natürlich auch um Seehofer gegen Guttenberg.

Die Union hatte die Wehrpflicht seinerzeit gegen alle Widerstände durchgesetzt. Vielen Konservativen kommt es so vor, als ob Guttenberg wegen ein paar Millionen Euro im Haushalt mal eben die Wehrpflicht abschaffen will. Es ist das erste Mal, dass Guttenberg in seiner Partei großen Widerstand erfährt. Seine parteiinternen Widersacher befeuern den Streit noch, sie haben lange darauf gewartet, auch Guttenberg mal richtig rackern zu sehen.

Ein ums andere Mal hat Seehofer schon versucht, Guttenberg in dieser Diskussion zu bremsen, hat erklärt, dass die Partei im Herbst ihre Position in dieser Frage bestimmen werde. Guttenberg soll bis dahin verschiedene Varianten vorlegen, für Festlegungen sei es jetzt zu früh. Aber Guttenberg arbeitet beharrlich gegen die Wehrpflicht, indem er bei Auftritten immer wieder betont, wie notwendig es doch sei, die Bundeswehr grundlegend zu reformieren.

Es ist nicht so, dass Guttenberg in der Union auf verlorenem Posten steht. Bei seinen öffentlichen Auftritten, sei es vor Soldaten oder Parteianhängern, schafft er es immer wieder, die Stimmung zu seinen Gunsten zu drehen. Die Soldaten sind selbst der Meinung, dass ein sechsmonatiger Wehrdienst eher Zeitverschwendung ist. Für sie ist wichtiger, dass genug Geld für Ausrüstung zur Verfügung steht. Die CSU-Basis ist zumindest offen für solche Argumente. Einer aus der Parteispitze sagt: "Wo er auftritt, überzeugt Guttenberg viele von seiner Position." Er hat den Vorteil, dass ihm viele in der Partei großes Vertrauen entgegenbringen. Sie sagen, wenn der Guttenberg meint, die Wehrpflicht brauche es nicht mehr, dann wird er schon recht haben. Für Guttenberg - das hört man von wohlmeinenden Parteifreunden in Berlin - gibt es jetzt kein Zurück mehr. Jetzt muss er beweisen, dass er auch für seine Politik kämpfen kann.

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Quelle:
SZ vom 30.07.2010
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