Süddeutsche Zeitung

Grenzkontrollen:Letzter Ausweg Raststätte

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Um die Kontrollen bei Kiefersfelden zu umgehen, nutzen viele Autofahrer eine Ausweichroute - hinter dem Rücken der Polizei.

Von Matthias Köpf, Kiefersfelden

Der italienische Lastwagen mit den sechs gebrauchten Autos auf dem Auflieger ist an der Raststätte rausgefahren. Doch die Tankstelle und das Restaurant lässt er rechts liegen, der Fahrer will offenbar gar keine Pause machen. Er fährt zwischen den abgestellten Sattelzügen durch und vom Parkplatz gleich wieder raus Richtung Rosenheim und dann wohin auch immer.

Die Bundespolizisten, die hier bei der Grenzkontrolle an der Rastanlage Inntal Ost bei Kiefersfelden ein Auge auf die Fahrzeuge haben, bemerken den Laster nicht, der da hinter ihren Rücken ins Land rollt.

An diesem späten Vormittag beobachten die Polizisten den Verkehr vorne auf der Inntalautobahn von Österreich nach Deutschland aus ihren Kleinbussen heraus. Hinten durch die Raststätte umfahren viele diese Grenzkontrollen - binnen weniger Minuten noch ein italienischer Tanklaster und fünf Sattelschlepper aus Bulgarien, Österreich, Tschechien und Deutschland sowie ein alter Volvo mit niederländischem Kennzeichen. Zeit gewinnen sie alle damit nicht, denn auf der Autobahn fließt der Verkehr.

Vor einer Dreiviertelstunde haben die Polizisten den zweiten Fahrstreifen aufgemacht, Weisung von oben, der Rückstau war mehr als fünf Kilometer lang geworden. Viel Gelegenheit, jemanden rauszuwinken, gibt es da nicht. Gegen Mittag stellen die Polizisten die elektronischen Anzeigen und die Hütchen wieder um.

Alle Fahrzeuge müssen jetzt auf die linke Spur und dort langsam vorbei an einem Beamten, der hinter die Scheiben späht und sich hin und wieder einen Ausweis zeigen lässt. Sofort staut es sich auf der Autobahn wieder zurück - und an der Raststätte ist plötzlich Rush-Hour. Auch wenn niemand tanken will.

Die Schleichroute kennt hier jeder

Jetzt aber hat auch an dieser Hintertür ein Polizist Posten bezogen. Er hält öfter mal einen Wagen an, meist mit Kufsteiner oder Rosenheimer Nummer, denn die Einheimischen kennen die Route durch die Raststätte schon seit September, als die Grenzkontrollen wieder eingeführt wurden. "Das weiß hier ein jeder", sagt Kiefersfeldens Bürgermeister Hajo Gruber.

Auch erfahrene Grenzgänger wie der Münchner mit dem Ferienhaus in Südtirol wissen Bescheid. Er nehme nach Deutschland nur noch die rechte Spur und dann durch die Raststätte, das gehe schneller, sagt er. Dem Bundespolizisten auf seinem Posten ist das alles auch nicht neu. Manche weist er darauf hin, dass es nicht erlaubt ist, nur durch die Raststätte zu fahren, um die Kontrolle zu umgehen. Dass sein Auftrag eher ein erzieherischer ist, würde er so aber auch nicht sagen.

Gruber hält die Kontrollen an der Autobahn angesichts der vielen anderen Übergänge, an denen allenfalls sporadisch kontrolliert wird, ohnehin für "reine Symbolpolitik". Deutlicher mag er nicht werden, er hofft auf das Wohlwollen des Innenministers.

Wie die Gegend um Bad Reichenhall und Salzburg leiden auch Kiefersfelden und Kufstein schwer unter den Autos, die den Kontrollstau noch etwas weiträumiger umfahren wollen und nun in den Orten stehen. Am Wochenende sei das wieder durchgehend so gewesen, sagt Gruber, der schon oft Verbesserungen gefordert hat.

Eine Antwort aus dem bayerischen Innenministerium macht ihm nun Hoffnung, dass auf der Autobahn nach ein paar Umbauten durchgängig auf zwei Spuren kontrolliert werden könnte. Man arbeite an Lösungen, teilt die Bundespolizei mit. Was Kontrollen und Umfahrungen betrifft, so sei eine hundertprozentige Kontrollquote weder möglich noch je beabsichtigt gewesen.

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SZ vom 25.02.2016
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