Süddeutsche Zeitung

Freie Wähler: Aiwanger:"Pauli war recht betreuungsintensiv"

Lesezeit: 3 min

FW-Fraktionschef Hubert Aiwanger im sueddeutsche.de-Gespräch: über den Rauswurf von Gabriele Pauli - und warum es mit ihr nicht immer einfach war.

Birgit Kruse

Hubert Aiwanger ist Fraktionschef der Freien Wähler im Bayerischen Landtag. Er ist seit 2001 Mitglied der Freien Wähler und seit März 2006 deren Landesvorsitzender.

sueddeutsche.de: Die Fraktion der Freien Wähler hat den Ausschluss von Gabriele Pauli beschlossen. War es ein Fehler, die ehemalige CSU-Rebellin überhaupt aufzunehmen?

Hubert Aiwanger: Sie ist damals gegen Widerstände in der Landesführung zu uns gekommen. Sie ist als Kandidatin aufgestellt worden. Sie hat uns damals Aufmerksamkeit beschert, die wohl auch zu dem guten Wahlergebnis beigetragen hat. Es ist aber im Nachhinein nicht mehr genau zu analysieren, wie wir ohne Pauli abgeschnitten hätten. Ich sage nur, ich habe damals schon große Diskrepanzen gesehen, die auch im zurückliegenden Jahr ein gewisses Geschick meinerseits erfordert haben, um immer wieder die Wogen zu glätten und Bruchstellen zuzuschütten. Aber als großen Fehler würde ich das nicht bezeichnen.

sueddeutsche.de: Auch Sie galten noch nie als großer Pauli-Freund. Sind Sie nun erleichtert, dass das Pauli-Intermezzo bei den Freien Wählern vorbei ist?

Aiwanger: Ich werde mir nicht die Hände reiben oder auf die Schenkel klopfen. Wir haben streckenweise auch ganz gut zusammengearbeitet, ich will nicht unfair sein. Jetzt muss man aber wirklich sagen, dass es für die Freien Wähler besser ist, wenn wieder Frieden und Ruhe einkehrt. Sonst wäre der Ärger immer größer geworden.

sueddeutsche.de: Warum ließ sich Frau Pauli so schwer in die Fraktion einbinden?

Aiwanger: Sie war schon recht betreuungsintensiv. Gabriele Pauli hat eine eigene Rolle beansprucht. Es war auch immer eine gewisse Koordinierung nötig, um Konflikte zu vermeiden. Sie hat meist erst einmal ihre Meinungen in den Raum gestellt und dann die Reaktionen abgewartet. Bei uns ist aber genau das gegenteilige Prozedere üblich. Wir sondieren im Vorfeld die Meinung der Gruppe und dann gehen wir damit an die Öffentlichkeit - oder wir halten mit der eigenen Meinung auch mal hinterm Berg, wenn man nicht mehrheitsfähig ist.

sueddeutsche.de: Hatten Sie das Gefühl, Frau Pauli benutze die Freien Wähler als Plattform für ihre eigenen Eitelkeiten?

Aiwanger: So hart will ich es nicht formulieren. Ja, sie wollte natürlich gerne ihre persönliche Meinung in den Vordergrund stellen und hat sich dabei wenig darum gekümmert, was andere über ihre Äußerungen denken. Eine gewisse Selbstdisziplin ist schon nötig. Doch dazu war sie in einigen Punkten leider nicht bereit.

sueddeutsche.de: Aber Sie haben doch sicherlich mit ihr über diese Probleme gesprochen?

Aiwanger: Natürlich. Man hat ihr immer wieder signalisiert, dass die eigenen Leute häufig anderer Meinung sind und dass man das anders kommunizieren müsse. Das hat sie dann oft schulterzuckend zur Kenntnis genommen, manchmal aber auch darauf reagiert. Ich würde aber nicht so weit gehen und sagen, dass sie beratungsresistent war.

sueddeutsche.de: Jetzt will sie ihre eigene Partei gründen. Eine Folge von unüberbrückbaren Differenzen?

Aiwanger: Ihre eigenen Ziele waren mit unseren Zielen nicht mehr zu vereinbaren. Es wäre ein anderer Sachverhalt, wenn eine Mehrheit ihren Plänen zustimmen würde. Aber ohne jeden Rückhalt auf eigene Faust vorzugehen und damit den Frieden innerhalb der Freien Wähler zu stören, ist nicht akzeptabel.

sueddeutsche.de: Stimmt es, dass die Stimmung in der Fraktion gegenüber Frau Pauli in der letzten Zeit nicht besonders gut war?

Aiwanger: Blinde Befürworter hatte sie in der Fraktion noch nie. Jetzt hat sie eben das Fass zum Überlaufen gebracht. Auch ihre wenigen Unterstützer haben gesagt, dass sie diesen Schleuderkurs nicht mehr akzeptieren können.

sueddeutsche.de: Wieso ist es der Fraktion nicht gelungen, Frau Pauli doch zur Aufgabe ihrer Pläne zu bewegen?

Aiwanger: Ihr geht das alles zu langsam. Vier Jahre warten bis zu den nächsten Wahlen ist ihr vielleicht auch zu langweilig oder zu trostlos. Sie will jetzt offenbar ihre Ziele durchsetzen. Wir haben versucht, sie davon abzubringen. Sie hatte aber - glaube ich - innerlich ihren Entschluss gefasst, sich nicht reinreden zu lasen. Das war gar nicht mehr groß zu ändern.

sueddeutsche.de: Haben Sie nicht Sorge, dass die Freien Wähler ohne den Pauli-Faktor wieder an Popularität verlieren?

Aiwanger: Wenn es darum geht, Schlagzeilen zu produzieren, dann hatten wir in den letzten Tagen keine Not. Aber damit kann man sich auf Dauer nicht ernähren. Uns geht es darum, sich auf unsere ureigenste Kernkompetenz zu konzentrieren, die bürgernahe Politik. Ich glaube, das ist heute wichtiger als jemals zuvor. Ich bin sicher, dass uns viele Bürger auch ohne diese reißerischen Schlagzeilen wiederwählen werden. Wir haben jetzt sogar mehr als vorher die Chance, uns als eigene Kraft zu präsentieren.

sueddeutsche.de: Was geschieht nun mit Paulis Mandat?

Aiwanger: Sie ist jetzt fraktionslose Landtagsabgeordnete. Daran will ich auch nicht rumbohren. Es wäre nicht sinnvoll, jetzt eine Rückgabe des Mandats zu fordern.

sueddeutsche.de: Kann Sie noch bei den Freien Wählern bleiben?

Aiwanger: Sie ist ja nicht Mitglied der Wählergruppe, die für die Landtagsorganisation wichtig ist. Sie ist aber wohl noch Mitglied bei den Nürnbergern. Darauf haben wir als Landesverband keinen Einfluss. Die Mitglieder in den Ortsverbänden werden selber bestimmt. Da sind die Gruppen vor Ort relativ autonom.

sueddeutsch.de: Werden die Freien Wähler nun doch noch bei der Bundestagswahl antreten?

Aiwanger: Bei der Bundestagswahl 2009 nicht. Was bei künftigen Bundestagswahlen der Fall sein wird, können wir heute nicht entscheiden. Das muss auch die Basis wollen und es muss die Zeit reif dazu sein.

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