Süddeutsche Zeitung

Rettenbach im Allgäu:Defekte Gasleitung verursachte Explosion in Wohnhaus

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Die Spekulationen über eine defekte Gasleitung nach der verheerenden Wohnhausexplosion mit zwei Toten im Allgäu haben sich bestätigt. Obwohl das Haus selbst gar nicht an das Gasnetz angeschlossen war, muss den Ermittlungen der Kripo und des Bayerischen Landeskriminalamtes (LKA) zufolge über eine längeren Zeitraum Flüssiggas ausgetreten und in das Haus geflossen sein. "Wie diese Beschädigung verursacht wurde und wie das Flüssiggas in das Wohnanwesen gelangte, ist noch nicht abschließend geklärt", sagte Polizeisprecher Jürgen Krautwald.

Zuvor hatten die Retter der Feuerwehr in der Nacht und am frühen Morgen die beiden Leichen der Vermissten in den Trümmern des Gebäudes in Rettenbach am Auerberg entdeckt. Die Identifizierung der Toten bestätigte, dass es sich um den 42 Jahre alten Familienvater und seine 7-jährige Tochter handelte.

Das Wohnhaus der Familie war am Sonntagvormittag durch die verheerende Explosion dem Erdboden gleichgemacht worden. Etwa zwei Stunden später war die 39 Jahre alte Mutter mit schweren Verletzungen aus dem Schutt geborgen worden. Die beiden Söhne des Paares überlebten, weil sie auf einem Spielplatz waren. Auch die Mieterin einer Einliegerwohnung war bei der Explosion nicht in dem Haus.

Am Montag bestätigten die Ermittlungen dann die Vermutungen vom Sonntag, dass in der Nähe eine Gasleitung liegt. Die Wohngegend ist mit einer Flüssiggasversorgung erschlossen. "Die Leitung befindet sich unmittelbar an dem Gebäude", sagte Krautwald. Besonders tragisch ist, dass das Wohnhaus selbst gar nicht mit dem Gas beheizt worden war. Einen direkten Hausanschluss gab es daher nicht. Die Ermittler der Kriminalpolizei Kempten wollen nun die genauen Hintergründe zusammen mit zwei LKA-Physikern klären.

Die ganze Nacht zum Montag hindurch hatten Retter das Trümmerfeld weiter abgetragen und nach den zwei vermissten Familienmitgliedern gesucht. Schließlich gab es traurige Gewissheit: Der tote Vater wurde in den Nachtstunden von den Helfern entdeckt, am Morgen fanden sie dann das tote Mädchen.

Nachdem am Sonntag bis zu 350 Retter von der Feuerwehr, dem Technischen Hilfswerk sowie dem Bayerischen Roten Kreuz aus dem ganzen Allgäu und aus dem angrenzenden Oberbayern im Einsatz waren, wurde die Zahl der Einsatzkräfte am Montag auf 100 reduziert. "Die Such- und Bergungsmaßnahmen sind eingestellt", sagte Krautwald. Es gebe keine Erkenntnisse, dass noch weitere Menschen in den Trümmern liegen.

Sachschaden von mindestens eineinhalb Millionen Euro

Bei dem Vorfall waren die Stockwerke des Wohnhauses in sich zusammengefallen. Trümmerteile flogen mehr als 100 Meter weit. Drei Nachbargebäude wurden beschädigt, eines davon sehr stark. Das Vordach dieses Gebäudes war einsturzgefährdet und musste abgestützt werden, aus der Fassade wurden teils große Stücke herausgesprengt. Noch am Abend nach dem Unglück begannen die Bewohner damit, ihr von Trümmerteilen übersätes Grundstück zu reinigen. Mit einer Schaufel, Schneeschieber und Besen räumten sie Ziegelsteine und Schutt weg. Insgesamt wird der Sachschaden auf mindestens eineinhalb Millionen Euro geschätzt.

Wenigstens die materielle Not soll nun schnell gelindert werden. Das Landratsamt Ostallgäu startete dafür am Montag eine Spendenaktion. Mit dem Geld soll hauptsächlich die Familie der Opfer unterstützt werden, sagte Landrätin Maria Rita Zinnecker (CSU). "Wir werden unbürokratisch und schnell das Geld zukommen lassen."

Die Kommunalpolitikerin war am Sonntag bei den Bergungsarbeiten selbst stundenlang vor Ort. Auch die Bewohner aus der Nachbarschaft, die durch die Explosion Schäden erlitten haben, sollen nach den Angaben Zinneckers finanziell unterstützt werden.

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SZ vom 20.05.2019/Ulf Vogler/dpa/baso
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