Süddeutsche Zeitung

Erbstreit in Oberbayern:Wie die Hofübergabe gelingen kann

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Von Kerstin Kerscher, München

So spektakulär gescheitert wie im Fall der Bauernfamilie Forstmaier aus Frauenneuharting im Landkreis Ebersberg ist eine Hofübergabe selten: Nach einem jahrelangen, erbitterten Streit mit seiner Mutter und dem gesetzlichen Vertreter des kranken Altbauern musste die siebenköpfige Familie des Jungbauern Josef Forstmaier den Hof verlassen.

Streit bei der Übergabe sei kein Einzelfall, sagt Benedikt Korntheuer, Fachberater des Bayerischen Bauernverbandes (BBV) in den Geschäftsstellen München, Ebersberg und Holzkirchen. Konflikte zwischen den Generationen gebe es häufig. Aber eine Eskalation wie bei der Familie Forstmaier sei eine dramatische Ausnahme. In den meisten Fällen ließen sich die Probleme durch intensive Gespräche ausräumen.

Welches Kind soll den Hof erben? Was bekommen die anderen?

Mehr als 110 000 landwirtschaftliche Betriebe gibt es in Bayern. Sie sind meist Familienunternehmen und werden traditionell an die nächste Generation weitergegeben. Doch das enge Miteinander von Beruf und Familie birgt erheblichen Zündstoff, schließlich müssen Fragen geklärt werden, die das Leben aller Familienmitglieder prägen können: Welches Kind soll den Hof erben? Welche Leistungen sollen die Austragsbauern erhalten? Und was steht eigentlich den anderen Geschwistern zu?

Geregelt wird der Eigentümerwechsel in einem Hofübergabevertrag. Eine komplexe Angelegenheit, die sowohl für die Eltern als auch den Jungbauern eine einschneidende Zäsur darstellt. Der BBV bietet seinen Mitgliedern deshalb eine umfassende Beratung zum Thema an: Im Fokus stehen dabei nicht nur die finanziellen und rechtlichen Aspekte, sondern auch die Gefühle der Beteiligten.

"Wo Menschen sind, da menschelt's", sagt Stefan Kürschner aus dem Generalsekretariat des BBV. Neben Steuerberatern und Anwälten werden den Familien daher auch Mediatoren zur Seite gestellt. Die Festlegungen des Vertrages haben schließlich nicht nur langfristigen Einfluss auf die wirtschaftliche Entwicklung des Betriebs, sondern auch auf die soziale Situation innerhalb der Familie.

Hofübergabe kann auch Spaß machen

Kürschner betont, wie wichtig es sei, sich Zeit für die Entscheidung zu nehmen und gemeinsam eine Lösung zu erarbeiten. Der BBV biete Hilfestellung, um den Übergabevertrag auf die Betriebssituation und die Bedürfnisse der Familie zuzuschneiden. So können beispielsweise die Austragsleistungen wie Tischkosten oder Wohnrecht individuell geregelt werden. Etwa 1000 Gespräche führen die Fachberater des BBV dazu jedes Jahr.

In vielen Fällen ist es Kürschner zufolge sinnvoll, die jüngere Generation langsam heranzuführen. Dies könne über Pachtverträge oder die Gründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) zehn bis fünfzehn Jahre vor der geplanten Übergabe erfolgen. Während der Hof Eigentum der Eltern bleibt, übernimmt die GbR die Bewirtschaftung, in die der Jungbauer seine Arbeitskraft als gleichberechtigter Mitunternehmer einbringt.

Die tatsächliche Übergabe falle dann beiden Seiten oft leichter. Doch auch für den Fall, dass der Bauer überraschend stirbt oder, wie bei der Familie Forstmaier, zum Pflegefall wird, sollte mit einem Testament, einer Vorsorgevollmacht oder Patientenverfügung vorgesorgt werden.

Mit Blick auf seine lange Erfahrung als Berater in der Geschäftsstelle Rosenheim ist sich Kürschner aber sicher: "Die meisten Familien wissen sehr genau, was sie wollen, und informieren sich umfassend." Und dann könne eine Hofübergabe sogar Spaß machen.

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Quelle:
SZ vom 19.01.2015
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