Süddeutsche Zeitung

Enthüllungsbuch:Mobbing-Vorwürfe gegen die CSU

Lesezeit: 3 min

Von Tina Baier und Frank Müller, München

Wenn Horst Seehofer über die großen aktuellen CSU-Probleme spricht, dann nennt er drei Themen: Energiewende, Länderfinanzausgleich und Migration. Am Mittwoch kam ein unerwartetes neues Problem auf die Partei zu - wie groß oder klein es wird, muss sich erst noch zeigen. Eine vor kurzem ausgeschiedene Mitarbeiterin der Partei-Pressestelle wirft "den meisten Männern in der CSU-Parteizentrale" sexuell orientiertes Mobbing über einen längeren Zeitraum vor. Die Partei ist aufgeregt - auch weil der Vorwurf via Boulevardpresse, Fernsehen und ein Buchprojekt im großen Stil vermarktet wird. Die Partei wies die Vorwürfe zurück.

Bei der Mitarbeiterin, die Ende Januar aus der CSU ausgeschieden war, handelt es sich um eine Kollegin der Presseabteilung, die auch auf Parteitagen und anderen Veranstaltungen für die Betreuung von Journalisten zuständig war: Mareike Daum. Ihre Vorwürfe gegen die Parteizentrale sind Teil eines Buchs, das Anfang März erscheint, mit einem relativ offensiven Titel und eben solcher Bebilderung: "High Heels an die Macht - Feminismus, aber sexy". Die Mobbing-Vorwürfe an die CSU, für die sie fünf Jahre arbeitete, nehmen darin breiten Raum ein.

Als Beispiel beschreibt sie eine Szene in der Wahlkampfzentrale im Jahr 2013. "Der Kollege fragte die weiblichen Kolleginnen: ,Na, was betont ihr lieber? Hirn oder Hintern?' Meine Antwort war: ,Ich betone entweder Hintern oder Dekolleté. Hirn brauche ich nicht zu betonen. Hätte ich keines, wäre ich schließlich nicht hier.' Die Antwort ließ ein Raunen durch die Wahlkampfzentrale gehen."

"Die CSU-Männer machten mir das Leben zur Hölle"

In der Bild nahm das Thema am Mittwoch die Seiten eins und drei ein. "Die CSU-Männer machten mir das Leben zur Hölle", hieß es in einer der Überschriften. Geplant ist nun neben TV-Auftritten offenbar eine ganze Serie von Artikeln in dem Blatt. Das erwischte die CSU kalt - sie hat mit politisch instrumentalisierten Informationen aus dem sexuellen und privaten Bereich schon gravierende Erfahrungen gemacht.

Immer wieder wurden amourös orientierte Geschichten verbreitet, Leidtragender war auch der nunmehrige Parteichef Horst Seehofer, als im Machtkampf um die Parteiführung im Jahr 2008 seine uneheliche Tochter eine Rolle spielte. Seehofer soll aber am Mittwoch nicht sonderlich alarmiert reagiert haben.

Die CSU tat sich erkennbar schwer, ihre Haltung zu dem Fall zu verdeutlichen - was in Personalangelegenheiten für jeden Arbeitgeber der Fall ist. Klar ist zumindest, dass Daum ihren Dienst zum 31. Januar quittierte und dass dies keine normale Kündigung war. Sie und die CSU schlossen einen Aufhebungsvertrag, die Mitarbeiterin erhielt 15 000 Euro Abfindung. Zu den Gründen für die Trennung und zur Frage, ob sie mit den Inhalten des Buchs zusammenhängen, gab es am Mittwoch keine Klarheit. Offenbar hatte man sie in der Partei mit ihren Aufgaben für überfordert gehalten. Daum selbst war nicht erreichbar.

Ärztliches Attest zum Mobbing

Es gibt auch ein in der Zeitung ebenfalls abgedrucktes ärztliches Attest, in dem Mareike Daum "ausgeprägtes Mobbing am Arbeitsplatz mit Vorenthalten von Informationen, persönl. Beleidigung, Stellung inadäquater Aufgaben" bescheinigt wird. Ein CSU-Sprecher verwies darauf, Mareike Daum habe "in der Zeit, in der sie bei uns angestellt war, keinen der von ihr heute behaupteten Sachverhalte gegenüber der Hausleitung vorgetragen".

Auch das Attest an sich wurde indirekt in Zweifel gezogen, weil es erst am 3. Februar, also nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses, ausgestellt wurde. Daum habe ihrem Ex-Arbeitgeber "kein entsprechendes Attest, weder das nachträglich erstellte vom 3. Februar noch ein anderes Attest vorgelegt, das auf das dort Genannte Bezug nehmen würde", betonte der Sprecher.

"Sie sind alle kleine Diktatoren"

Die Stelle als Pressereferentin hatte Daum durch die Vermittlung einer ehemaligen Kommilitonin bekommen, die in der CSU-Parteizentrale arbeitete. "Ehe ich mich versah, stöckelte ich auf 15 Zentimeter-Hacken zum Bewerbungsgespräch in die Zentrale der Macht", schreibt Daum in ihrem Buch. "Da saß ich nun und mir gegenüber vier Männer, die mich interviewten und streng ansahen."

Daum bekam die Stelle, und ihre Erlebnisse während der darauf folgenden fünf Jahre waren offenbar der Anlass für das Buch. "Aber sehr bald war ich von der männlich dominierten, internen Partei-Struktur ein wenig enttäuscht", schreibt sie. "Und genau deshalb ist dieses Buch entstanden!"

Ein paar Seiten weiter beschreibt Daum, wie Männer im Allgemeinen und die CSU-Männer im Besonderen angeblich ticken: "In verkrusteten Unternehmensstrukturen mit starken Hierarchien schwingen Männer besonders gerne mit der Peitsche. Männern geht es prinzipiell ums Recht haben, den Ton angeben und einfach und allein darum, zu bestimmen. Sie sind alle kleine Diktatoren. Und Sado Maso ist ihr zweiter und dritter Vorname."

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SZ vom 26.02.2015
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