Süddeutsche Zeitung

"Ein paar Pünktchen zulegen":Maget klopft an die Staatskanzlei

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Die bayerische SPD kürt ihren Spitzenkandidaten - Franz Maget muss seinen Genossen aber erst mal den Kleinmut austreiben.

Katja Auer

Das Halleluja lässt sich die Bayern-SPD beim 58. außerordentlichen Landesparteitag gleich zu Beginn blasen. Die Unterbiberger Hofmusik spielt das Stück aus Händels "Messias", noch bevor der designierte Spitzenkandidat Franz Maget auftritt. Als er dann kommt - Ehefrau Dorle an seiner Seite -, lassen die Delegierten durchaus den Eindruck zu, dass die Musik passend ausgewählt wurde. Maget wird mit 243 von 247 abgegebenen Delegiertenstimmen zum Spitzenkandidaten nominiert, das sind 98,4 Prozent.

Der 54-jährige Münchner soll die SPD nun ein zweites Mal in den Landtagswahlkampf führen. Bei seiner ersten Spitzenkandidatur 2003 scheiterte er kläglich, mit 19,6 Prozent holte die SPD ihr schlechtestes Ergebnis nach dem Krieg, während die CSU eine Zweidrittelmehrheit errang. Maget, der die SPD-Landtagsfraktion seit 2000 führt, gelang es dennoch, nahezu ohne Schaden aus der Niederlage hervorzugehen. Seine Partei dagegen verharrt im Umfragetief bei 20 Prozent, die Mitgliederzahlen sinken: nach SPD-Angaben von 75.493 im Mai 2006 auf derzeit 72.063.

Den Appell von Münchens SPD-Oberbürgermeister Christian Ude hätte es wohl trotzdem nicht gebraucht, "Maget mit der größtmöglichen Unterstützung Rückenwind zu geben, damit er endlich die politischen Verhältnisse in Bayern verbessern kann". Auch Ude singt ein Halleluja mit der Essenz, dass Maget "einfach ein anständiger Kerl, ein guter Freund und - wenn man in Konflikt mit ihm gerät - auch ein anständiger Gegner" sei. Bayern-SPD-Chef Ludwig Stiegler fordert Unterstützung für Maget, um die "CSU abzulösen und eine neue Zeit für Bayern zu beginnen".

Herr Pech hat Sorgen

Ein bisschen Tradition bewahrt sich die SPD dafür beim Werbefilm, gedreht vom Erfolgs-Reisefilmer Franz Xaver Gernstl. Dieser Film beginnt mit dem Defiliermarsch, der traditionell den Auftritt des Ministerpräsidenten untermalt. Anschließend erklären die SPD-Erfolgsgaranten Ude und Nürnbergs OB Ulrich Maly, Maget sei der richtige Mann für Bayern. Auch Frank-Walter Steinmeier tritt auf, der Außenminister, nur SPD-Chef Kurt Beck kommt nicht vor. In den vergangenen Tagen hatte Maget mehrmals den mangelnden Rückenwind aus der Bundespolitik beklagt. Dafür spielt in dem Werbefilm der Kabarettist Ottfried Fischer mit, der Maget "rechtschaffen und ehrlich" nennt und damit als bayerischen Politiker ungeeignet, denn da "musst a Hund sei". Trotzdem empfiehlt er Maget zur Wahl.

Der darf schließlich in einer gut einstündigen Bewerbungsrede den Delegierten selbst erklären, warum er gewählt werden will: "Mein Anspruch und mein Ziel ist es, die politischen Verhältnisse in Bayern zu verbessern, die absolute Mehrheit der CSU zu brechen und selbst Ministerpräsident in Bayern zu werden", ruft Maget. Das erscheine zwar manchem vermessen, aber immerhin stehe Bayern zum ersten Mal seit langem vor einer spannenden Landtagswahl.

Das Land brauche Optimismus und Zuversicht, Aufbruch und neue Ideen, politischen Anstand und mehr soziale Gerechtigkeit. Die Inhalte seiner Rede sind nicht neu, die Delegierten reagieren trotzdem begeistert. Und Maget sagt wieder den Satz, der seit dem Parteitag im vergangenen Juli schon beinahe sein Motto geworden ist: "Den Kleinmut aus den Herzen reißen" müsse sich die SPD, den Oppositionsgeist überwinden - dann könne ein Machtwechsel gelingen. Die letzten 50 Jahre hätten der CSU gehört, "die nächsten gehören uns", ruft er. Und damit niemand auf falsche Gedanken kommt, schiebt er gleich nach: "Bayern geht nicht unter, wenn die CSU die Wahl verliert."

Magets Optimismus kommt - wenn auch etwas gebremst - bei den Delegierten an. "Es wird besser, ein paar Pünktchen werden wir auf jeden Fall zulegen", sagt beispielsweise Christian Pech, 31, aus Möhrendorf bei Erlangen. Maget sei "mittlerweile sogar in Franken bekannt". Dass es seiner Partei allerdings so gar nicht gelinge, von der Schwäche der CSU zu profitieren, das macht Pech Sorgen. Das Grundproblem: Die Bayern-SPD wolle sich als linkester aller SPD-Landesverbände etablieren, und das in einem konservativen Land. "Wir müssen sagen, dass Bayern gut ist und dass wir es noch besser machen", empfiehlt er. "Wir machen es falsch, indem wir Bayern schlecht reden", sagt Pech. Als hätte er zugehört, müht sich Maget redlich, es dabei zu belassen, die CSU niederzumachen.

CSU-Fraktionschef Georg Schmid hat den Parteitag nicht kommentarlos verstreichen lassen. Da ihn Stiegler - "zur Belehrung" - sogar eingeladen, die Einladung aber zurückgenommen hatte, als Schmid ein Grundsatzreferat halten wollte, lässt er seine "ungehaltene Rede" per Mitteilung verbreiten. Er hätte die Delegierten vor der Linkspartei gewarnt und appelliert, gemeinsam daran zu arbeiten, "dass Sie uns als größte und liebste Oppositionspartei erhalten bleiben". Das bekommen die Delegierten nun nicht gesagt, sie lassen sich stattdessen vom SPD-Fraktionskabarett den Anti-CSU-Schlager "Drum wählt sie ab" vorsingen. Zum Mitklatschen.

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SZ vom 16.06.2008/cag
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