Süddeutsche Zeitung

BR-Studio Franken:Räumt die Studioleiterin ihr Büro aus oder auf?

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Die Causa Degmair führt im Bayerischen Rundfunk inzwischen dazu, dass einzelne Buchstaben kontroverse Diskussionen auslösen.

Glosse von Olaf Przybilla

Manchmal kommt es auf einen einzigen Buchstaben an. Hat Kathrin Degmair, die Leiterin des BR-Studios Franken, ihr Büro in Nürnberg demonstrativ ausgeräumt? Oder hat sie es nach den kostümintensiven Faschingstagen einfach nur aufgeräumt?

Ob man's glaubt oder nicht: Das ist eine im Sender kontrovers diskutierte Frage - man kann kaum mehr den Überblick behalten über die Deutungsansätze. Die einen sagen: Nachdem jener Frau, der vor fünf Jahren im Alter von damals 37 Jahren überraschend die Leitung eines großen ARD-Studios übertragen wurde, in München signalisiert worden ist, dass es keine weiteren fünf Jahre als Studioleiterin geben wird, wollte sie eine Medienberichterstattung geradezu erzwingen - um Druck aufs Haupthaus auszuüben.

Andere glauben genau das Gegenteil: Ihre Gegner im Studio Franken - tendenziell älter und überwiegend männlich - haben das Aufräumen eines Büros dazu genutzt, ihr Mütchen an der unbequemen Chefin zu kühlen. Haben Sottisen und den im Studio kursierenden, zumindest latent sexistischen Begriff von der "Eisprinzessin" an die lokale Presse durchgestochen und damit Verwerfungen ausgelöst, die nun kaum noch zu kitten sind. Wenn es doch noch Chancen auf eine Vertragsverlängerung als Studioleiterin gegeben hätte - nach der Durchstecherei dürfte sich das erledigt haben.

Die Causa Degmair, deren Vertrag als Studioleiterin noch bis April läuft, ist eine Melange aus Intrigenspiel, Kindergartenposse und Politikum. Sie reißt einen Graben durch den Sender. Egal aber, mit wem man dort spricht, irgendwann kommt die Rede darauf, dass dieser Fall nur ein Symptom ist. Ein Indiz dafür, wie hoch der Druck ist, der auf dem Sender lastet; wie schlecht die Stimmung ist, weil zum Druck Anfeindungen gegen das öffentlich-rechtliche System kommen; und wie immens die Arbeitsbelastung ist, mit der BR-Leute inzwischen fertig werden müssen in Zeiten der "Trimedialität" (Fernsehen/Hörfunk/Online). Bei so viel Druck reicht dann oft ein kleiner Funke.

Wer auch mal außerhalb Deutschlands Medien konsumiert, dürfte zum Ergebnis kommen, dass die ARD ein Segen ist für dieses Land. Und ja: auch der BR. Vielleicht sollten sich das ab und zu alle mal ins Gedächtnis rufen. Auch im BR.

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Quelle:
SZ vom 12.03.2019
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