Süddeutsche Zeitung

Deggendorf:Neue Töne

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Aiwanger lobt Söder und lästert über die Opposition

Von Andreas Glas, Deggendorf

Das letzte Mal, als Hubert Aiwanger am Aschermittwoch auf der Bühne des Deggendorfer Kongresszentrums stand, nannte er Ministerpräsident Markus Söder (CSU) "ein unkalkulierbares Risiko" für den Freistaat. Gut zwölf Monate später steht der Freie-Wähler-Chef erneut auf dieser Bühne und viele im Saal fragen sich: Wie wird er sich schlagen, der angriffslustige Aschermittwochsredner Aiwanger, dem seine liebste Zielscheibe abhanden gekommen ist?

Inzwischen regieren die Freien Wähler ja mit der CSU, und Aiwanger ist nicht mehr nur Parteichef, sondern auch Wirtschaftsminister. Wie sich das auf seine Aschermittwochsrhetorik auswirkt, kriegt das Publikum gleich in den ersten Minuten seiner Rede zu hören. Aiwanger adressiert seinen "offenen Dank" an den Mann, den er vor einem Jahr noch für ein Risiko hielt und lobt Söder für die "faire und kollegiale Zusammenarbeit". Die Leitplanken für Aiwangers Rede sind damit gesetzt: Unstimmigkeiten mit der CSU werde man künftig "hinter verschlossenen Türen" austragen und nicht mehr auf der Bühne, "zur Belustigung des Volkes", sagt Aiwanger.

Statt, wie früher, über die Superbayern-Rhetorik der CSU zu lästern, rühmt Aiwanger nun selbst, was alles super ist, seit die Freien Wähler mitregieren: 5000 neue Stellen für Lehrer sollen geschaffen werden, 3000 für Polizisten, für Eltern gibt es bald 100 Euro Kita-Zuschuss. Das alles und mehr listet Aiwanger auf, bevor er dann doch "einen Seitenhieb" ankündigt - nicht gegen die CSU, sondern gegen die Oppositionsparteien im Landtag: "Rot, Grün und Gelb, was ihr in den letzten 50 Jahren in Bayern bewegt habt, das haben wir in den ersten drei Wochen unserer Regierungsbeteiligung erledigt."

Insgesamt bemüht sich Aiwanger aber, den Eindruck zu vermeiden, dass seine Partei jetzt der Größenwahn packen könnte. Man werde sich auch künftig um "die kleinen Themen" kümmern, um "die vernünftigen Leute" an den Stammtischen, um die Handwerker. Er werde sich für mehr handwerkliche Praxis an Schulen einsetzen, sagt Aiwanger, auch an Gymnasien. "In meinen Augen soll niemand das Abitur bekommen, wenn er keinen Nagel in ein Brett schlagen kann."

Bevor Aiwanger spricht, stimmt die EU-Abgeordnete Ulrike Müller ihre Partei auf die Europawahl ein. Sie plädiert für "mehr, nicht weniger Gemeinsamkeiten" zwischen den Staaten und spottet über diejenigen, die Europa aus ihrer Sicht spalten. Österreichs Kanzler Sebastian Kurz etwa fehlten "ein paar Zacken in der Europakrone". Die britische Premierministerin Theresa May sei "realitätsfremd", sagt Müller, Labour-Chef Jeremy Corbyn "ein "vergiftetes Früchtchen". Hubert Aiwanger kündigt derweil an, seine Partei auch auf Bundesebene stärker zu machen. Er findet: "Deutschland braucht die Freien Wähler im Bundestag."

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Quelle:
SZ vom 07.03.2019
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