Süddeutsche Zeitung

Craft-Beer aus Truchtlaching:Ein Hauch von Übersee

Lesezeit: 3 min

Camba Bavaria ist eine der kleinsten und jüngsten Brauereien Bayerns. Bierkenner schwärmen vom klar-hopfigen Geschmack. Dabei macht Braumeister Martin Lohner nur eine Sache anders - die allerdings grundlegend.

Von Korbinian Eisenberger, Truchtlaching

Die Braukessel glänzen, wie frisch geputzt. Wer hier vor seinem Bierglas sitzt, der ist vorher durch den Laden mit den Geschenkkörben und den Camba Bavaria T-Shirts die Treppen hinauf zur Gaststube gestiegen. Ein Hauch von Hard-Rock-Café, mitten im Chiemgau, am Dorfrand von Truchtlaching. Die Glaskrüge sind hier dünn und fein, beim Zuprosten mit dem Camba Pale Ale-Bier klingt es fast wie bei einem Rotweinglas. Und trotzdem geht es an den Holztischen zünftig zu. Unter Prosten, Lachen und Klirren ist kaum mehr zu vernehmen, dass im Radio Katy Perry läuft.

Wer an einem der rustikalen Holztische in der Truchtlachinger Privatbrauerei Camba Bavaria Platz nimmt, bekommt keines der vielen Traditionsbiere aus der Region ausgeschenkt. Traditionell, sagt Braumeister Martin Lohner, soll Camba Bavaria auch nicht sein. Lohner hat die Brauerei in den vergangenen Jahren in einer Region aufgebaut, in der es an wenig fehlt, am wenigsten an Brauereien. Und dennoch hat es der Braumeister geschafft, Camba Bavaria zu etablieren - mehr als das.

Mittlerweile braut Camba 28 verschiedene Biersorten, verpackt in kultigen Vintage-Holzkisten. Es dürfte aber nicht nur an der großen Auswahl und am feschen Gewand liegen, dass die kleine Brauerei-Gaststätte fast jeden Abend gefüllt ist. Eher daran, dass Camba bei seinem Bier etwas anders macht als die Chiemgauer Konkurrenz. Und zwar nicht nur in der Vermarktung, sondern vor allem beim Brauen.

Biertrinker schwärmen vom Geschmack

Die Camba-Biertrinker schwärmen vom klaren hopfigen Geschmack, er sei vollmundiger und würziger - und dabei süffig. Der entscheidende Unterschied zu herkömmlichen Bierherstellern ist einfach zu erklären: Anders als bei der in Bayern üblichen Brautechnik kommt der Hopfen beim Truchtlachinger Bier erst in das Gebräu, wenn es abgekühlt ist und nicht mehr kocht. Anschließend reift es in alten Whiskeyfässern. Der Hopfengeschmack bleibt dadurch stärker erhalten. Etwa beim Camba Pale Ale, dem zweitbeliebtesten Getränk der Truchtlachinger, das Lohner sogar häufiger verkauft als sein Weißbier.

Weil Camba mit dieser bundesweit nach wie vor seltenen Methode ausgerechnet in Bayern Erfolg hat, gelten die Brauanlagen unter Kennern seit ihre Einweihung 2008 als Keimzelle einer Bierbewegung. Dass die "Craft Beer"-Szene in Bayern zuvor viele Jahre verpönt war, könnte damit zu tun haben, dass landläufig gezweifelt wurde, ob sich das neumodische Gebräu mit dem bald 500 Jahre alten Reinheitsgebot vereinbaren lasse. Vor allem dürfte es daran liegen, dass Craft-Beer aus jenem Übersee kommt, das nicht am Chiemsee liegt, sondern auf der anderen Seite des Atlantiks.

Dass die Brau-Methode aus den USA stammt, daran stören sich Thomas, 27, und Lisa, 23, nicht. "Solange sie es bei uns brauen, ist mir das ganz egal", sagt Lisa. Die beiden kaufen regelmäßig bei Camba. Auch wenn es ein bisschen teurer ist, sagt Thomas, "man trinkt etwas weniger, dafür schmeckt es umso besser". Wie die beiden Traunsteiner sprechen viele, wenn sie die Camba-Holzkisten ins Auto laden.

Prominente Fürsprecher für Camba

Zweifelsohne ist es aber nicht allein das Verdienst des vollmundigen Geschmacks, dass die Flaschen mit dem langen Hals und dem Bügelverschluss mittlerweile neben dem Münchner "Tap-House" auch in zehn europäischen Ländern und in einer Bar in Hongkong verkauft werden. Camba weiß sich zu vermarkten und wählt dabei recht simple Strategien. Vortrefflich passe etwa der bekennende Camba-Genießer Stefan Dettl von der Band LaBrassBanda in das Konzept der Brauerei.

"Wir haben das werbungsmäßig bisher null ausgeschlachtet", sagt Braumeister Lohner. Das "Stefan Dettl Love Beer" ist jedoch alles andere als ein Ladenhüter, verkauft sich von allen Sorten am viertbesten. Guter Geschmack und prominente Fürsprecher - all das passt gut zusammen, und scheint den Zeitgeist rund um den Chiemsee zu treffen.

Tatsächlich ist die preisgekrönte Brauerei im Herzen des Chiemgaus nur die kleine Schaubühne eines Mannes, der in größeren Dimensionen denkt. Lohner führt heute hauptberuflich einen Hersteller von Anlagen für die Brau- und Getränkeindustrie. Die Braukessel der Camba-Gaststube nutzt Lohner, früher Braumeister beim Hofbräuhaus Newport, als Vorführobjekt für seine Kunden. Sein neuer Arbeitsplatz ist nicht mehr eine der erfolgreichsten Gasthausbrauereien der USA. Doch auch die Camba-durstigen werden mehr. Dieses Jahr verzeichnete Lohner 50 Prozent Zuwachs im Vergleich zu 2012. Doch selbst wenn in der alten Mühle an der Alz ein Hauch von US-Flair aufkommen mag - am besten verkauft sich dort auch 2014 das klassisch-bayerische Helle.

Wir bedanken uns bei Hermann Namberger aus Truchtlaching für den Tipp.

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Quelle:
SZ vom 12.12.2014
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