Süddeutsche Zeitung

Corona-Pandemie:Gericht kippt Alkoholverbot

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Der Verwaltungsgerichtshof gibt einem Eilantrag statt und setzt die landesweite Corona-Vorschrift sofort außer Kraft. Nun sollen es die Kommunen regeln.

Kein Bier mehr "to go", kein Glühwein nach einem Spaziergang am Fenster einer ansonsten geschlossenen Wirtschaft - seit der zweiten Dezemberwoche gilt in Bayern ein Alkoholverbot im öffentlichen Raum. Grund ist die Pandemie. Nun hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) das Verbot gekippt. Vorläufig außer Vollzug gesetzt, heißt das offiziell. Damit gab das Gericht dem Eilantrag einer Privatperson aus Regensburg statt.

Die Begründung: Nach dem Infektionsschutzgesetz seien Alkoholverbote nur an bestimmten öffentlichen Plätzen vorgesehen. Ein bayernweites Alkoholverbot geht also zu weit. Ein solches "überschreite die Verordnungsermächtigung des Bundesgesetzgebers", teilt der Verwaltungsgerichtshof mit. Die Entscheidung des Senats gelte von sofort an bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren. Mit dem generellen Alkoholverbot wollte die Staatsregierung das Beisammensein in der Öffentlichkeit unterbinden, das zwar durch Kontaktbeschränkungen ohnehin erschwert ist, bei Alkoholgenuss aber möglicherweise doch geselliger ausfallen würde als gewünscht.

Entsprechend wenig erfreut reagierte Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) am Dienstag auf die Entscheidung des VGH. Sie sei "bedauerlich, da Alkohol enthemmt und dazu beiträgt, mit den unbedingt nötigen Hygieneabständen laxer umzugehen". Nun sollen wieder die Kommunen bestimmte Plätze festlegen können, an denen der Alkoholkonsum verboten ist. Diese Regelung gab es bereits und wurde von einigen Städten vor allem da angewandt, wo sich seit der Schließung der Kneipen und Lokale gerne Menschen versammelten. Auf der Alten Mainbrücke in Würzburg zum Beispiel oder am Tiergärtnertorplatz in Nürnberg.

Sollte nun wieder Alkohol ausgeschenkt werden dürfen, würde Char Cascanis Seniorchef des Eiscafés Sirena in Nürnberg, "sofort, ohne Verzögerung" wieder Glühwein anbieten. Denn die vergangenen Monate seien "eine Katastrophe" gewesen. In normalen Zeiten stehen vor der Eisdiele, bei der auch Ministerpräsident Markus Söder sein Pistazieneis kaufen soll, auch im Winter gerne Leute zusammen mit einem heißen Getränk, das könnte er dann wenigstens "to go" anbieten. Cascanis will nun sehen, was die Kollegen so machen und beim Ordnungsamt nachfragen, welche Regeln gelten. Thomas Geppert, Landesgeschäftsführer des Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga Bayern, sagte auf Anfrage: "Gesundheit steht immer an erster Stelle. Jede Maßnahme muss allerdings verhältnismäßig sein. Pauschale Verbote sind dies meist nicht." An der dramatischen Situation des Gastgewerbes werde die Entscheidung des Gerichts aber nichts ändern. Bei weiter sinkenden Infektionszahlen müsse auch eine Öffnung erwogen werden, sagte Geppert. "Das steht nicht im Widerspruch zur Pandemiebekämpfung."

Der Eilantrag richtete sich nicht nur gegen das Alkoholverbot, sondern gegen weitere Anti-Corona-Maßnahmen wie die 15-Kilometer-Regelung für tagestouristische Ausflüge. Damit scheiterte der Antragssteller allerdings. Bei der Schließung von Bibliotheken und Archiven sei zwar offen, ob diese angesichts fehlender Ausnahmen für Abholdienste verhältnismäßig sei. Bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache überwiege aber das öffentliche Interesse an der Eindämmung der Pandemie gegenüber dem individuellen Interesse des Antragstellers.

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SZ vom 20.01.2021 / clli, kaa, ojo
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