Süddeutsche Zeitung

Branche mit Zukunft:Glückskekse aus Niederbayern für ganz Europa

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In Bad Abbach steht die größte Glückskeks-Backanlage Europas. Bis zu 4000 Kekse werden dort täglich gebacken. Und seit kurzem hat die Firma sogar Pechkekse im Sortiment.

Ralph Schäfer ist Glückskeksbäcker. "Ich produziere Glück am laufenden Band", sagt er. In seiner Firma im niederbayerischen Bad Abbach werden täglich bis zu 4000 Glückskekse gebacken. Gerade zum Jahreswechsel sind die süßen Knabbereien mit dem prophetischen Spruch auf einem Zettel im Inneren beliebt. "Erfolg hat drei Buchstaben: T-U-N! Happy New Year!", steht auf einem der schmalen weißen Zettel, die die Backmaschine stakkatoartig in die Kekse drückt. Die Produkte, die in Schäfers Fabrik hergestellt werden, sind vor allem für Marketingzwecke gedacht. Konzerne bestellen ebenso wie Altenheime oder Schulen. Die Aufträge kommen aus ganz Europa, wie der 61-Jährige berichtet.

Glücksschweine, Glückskekse, Bleigießen, Knallbonbons: Orakel und Glücksbotschaften sind zum Jahreswechsel im Trend - sowohl aus Sicht des Regensburger Kulturwissenschaftlers Gunther Hirschfelder als auch nach Einschätzung aus der Wirtschaft: "So was können Sie vor Silvester wirklich überall kaufen, in jeder Tankstelle und in jedem Baumarkt", sagt ein Sprecher des Handelsverbandes.

Im 20. Jahrhundert hätten Bräuche wie Glücksspiele einen "drastischen Niedergang" erfahren, sagt Hirschfelder. In den vergangenen Jahren seien sie wieder beliebter geworden. Das erklärt er auch mit der politischen Situation: Bis in die Neunzigerjahre habe Stabilität geherrscht. "Der Ost-West-Konflikt war weitgehend gelöst, alles schien sicher zu sein." Mit den Anschlägen vom 11. September 2001 in New York sei dieses Gefühl geschwunden.

Es folgten Globalisierung, Digitalisierung und Klimawandel. "Die Menschen suchen sich kulturelle Strategien, um mit der wahnsinnigen Unsicherheit zurechtzukommen." Der säkulare Mensch mache sich selbst für sein Leben verantwortlich. So komme es, dass Menschen Bräuche wie Glücksspiele aufleben ließen und religiöse Traditionen verulkten, so Hirschfelder.

Als Glückskeksbäcker trägt Schäfer seit 15 Jahren zur guten Laune bei. Inzwischen hat er sogar Pechkekse im Sortiment. Die sind pechschwarz und haben fiese Botschaften in sich - die auch zum Lachen sind. Der Niederbayer hat 1986 seine Süßwarenfirma gegründet, seit 2002 stellt er die Kekse her.

Der Betriebswirt hatte eigentlich andere Pläne. Nach dem Studium war er als Bauleiter in Kuwait, Jordanien und im Irak. Dann entschied er sich für die Selbständigkeit und stellte in seiner Heimatstadt Bad Abbach Süßwaren her. Nach eigener Aussage verfügt er über die größte Glückskeks-Backanlage Europas. Und wenn ihn Leute nach seinem Beruf fragen? "Dann lachen immer alle."

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SZ vom 28.12.2017 / dpa
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