Süddeutsche Zeitung

Becksteins Marga:Das Gegenteil von Karin

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Marga Beckstein wird Bayerns neue First Lady. Doch statt für den Glanz ihres Mannes zu sorgen, führt sie lieber ihr eigenes Leben.

Annette Ramelsberger

"Möchst' heim?", fragt er sie. "Geh, trink noch einen Wein mit mir."

Sie schaut skeptisch.

"Ich besorg uns noch einen Rotwein", sagt er.

Sie sagt spitz: "Ja, wenn du¹s schaffst und nicht wieder überall hängen bleibst."

Es wird ernst. "Geh, sei net so gschnappig", sagt er und knufft sie in die Seite.

Es ist wieder einer dieser Abende, an denen Günther Beckstein kein Ende findet, Landtagsempfang in Schloss Schleißheim. Erst bleibt er beim Ministerkollegen hängen, dann will ihn unbedingt noch eine Dame von den Landfrauen fotografieren. Aufstrebende junge Herren drängen in die Nähe des künftigen Ministerpräsidenten, sie wollen rechtzeitig auf ihre Qualitäten hinweisen.

Günther Beckstein stürzt sich in jedes Gespräch.

Seine Frau steht zwei, drei Meter neben ihm, ihre Mundwinkel sinken fast unmerklich nach unten. Sie schaut ihn an. Ein langer Blick, mit einem ganz besonderen Funkeln.

Im gleichen Moment dreht er sich zu seinen Leibwächtern um. "Schnell, bringen Sie mir zwei Gläser Wein", ruft er ihnen zu. "Sonst bin ich in Lebensgefahr."

Er kneift seine Augen zusammen, zu diesen kleinen schmalen Schlitzen, die ihn aussehen lassen wie einen schalkhaften, aber schuldbewussten Jungen. Und dann stoßen Herr und Frau Beckstein an diesem Abend doch noch aufeinander an. Günther Beckstein, 63, der im Oktober neuer Ministerpräsident Bayerns werden soll, hat eine sehr eigenwillige Frau an seiner Seite.

Eine Frau, die nicht bis tief in die Nacht auf Empfängen ausharren will, weil sie am nächsten Morgen wieder rausmuss: Punkt acht steht sie in ihrer Schule. Eine Frau, die Leistung fordert, von sich selbst, von ihren Schülern, von ihrem Mann: Dem sagt sie im Auto nach der Festzeltrede, dass ihn kein Mensch versteht, wenn er den Begriff "Public Private Partnership" nicht ordentlich erklärt. Becksteins Frau ist Lehrerin.

Durch und durch. Und das will sie auch bleiben.

"Sie macht nicht automatisch das, was ich sag", sagt Beckstein. Man meint, ein leises Seufzen zu hören. "Das ist manchmal anstrengend", sagt er. "Aber nicht langweilig", sagt sie.

Sie wird es auch den Bayern nicht einfach machen. Die werden sich umgewöhnen müssen. Vorbei die Zeiten, wo sie den Ministerpräsidenten quasi im Doppelpack bekamen: zwei Stoibers zum Preis von einem, Edmund für die staubigen Akten und die trockene Politik, Karin fürs Menschliche und den Glanz.

Vorbei die Zeiten, als die Stoibers die Fortsetzung der Monarchie mit demokratischen Mitteln pflegten: ein elegantes Paar, schöne Töchter zum Vorzeigen, eine "Royal Family", perfekt auf jedem Parkett. Und alles zur höheren Ehre der CSU.

Damit ist jetzt Schluss. Marga Beckstein, Lehrerin, Seminarleiterin, Mesnerin, geboren vor 62 Jahren in Nürnberg, wird keine geländegängige, allzeit einsatzbereite Landesmutter werden. Sie weiß das. Ihr Mann weiß das.

Nur die Bayern wissen das noch nicht. Ein paar ahnen es. Klaus Erler zum Beispiel, Elektriker in Nürnberg, oder auch der Ex-König von Bulgarien, seine Königliche Hoheit Simeon II. Aber zu dem kommen wir gleich noch.

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