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BayernLB und Hypo Alpe:Milliarden, wo seid ihr?

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Die BayernLB-Tochter Hypo Alpe Adria AA hat den Freistaat fast vier Milliarden Euro gekostet. CSU-Chef Seehofer ruft sein Kabinett zur Krisensitzung. Rücktrittsforderungen mehren sich.

Das Abenteuer mit der maroden Kärntner Bank Hypo Group Alpe Adria (HGAA) hat Bayern insgesamt 3,75 Milliarden Euro gekostet. In dieser Summe enthalten sind der ehemalige Kaufpreis, mehrere Kapitalerhöhungen sowie der Verzicht der BayernLB auf einen Teil noch bestehender Forderungen gegenüber der HGAA, sagte ein Sprecher des Finanzministeriums dem Bayerischen Rundfunk.

Kredite in Höhe von knapp drei Milliarden Euro fordert die BayernLB zunächst nicht zurück. Das Geld steht der HGAA vorerst weiter zur Verfügung.

Die BayernLB hatte zuvor mitgeteilt, Österreich übernehme für einen symbolischen Preis von einem Euro den Anteil der BayernLB von 67,08 Prozent an der HGAA. Die BayernLB verzichtet auf Forderungen gegenüber der HGAA in Höhe von 825 Millionen Euro. Außerdem soll es einen Beitrag zur Sicherung der Liquidität geben.

Der Verwaltungsratsvorsitzende der BayernLB, Bayerns Finanzminister Georg Fahrenschon (CSU), zeigte sich zufrieden mit dieser Lösung. Er sagte: "Damit ist es gelungen, gemeinsam mit der Republik Österreich und den übrigen Altaktionären eine für Österreich und Südosteuropa systemrelevante Bank zu stabilisieren." Fahrenschon fügte hinzu: "Der Sanierungsbeitrag der BayernLB war dazu notwendig."

An den Verhandlungen in Wien, die am Sonntagnachmittag fortgesetzt worden waren, hatten auch der österreichische Finanzminister Josef Pröll sowie Vertreter der drei bisherigen HGAA-Gesellschafter teilgenommen. Neben dem Hauptaktionär BayernLB handelte es sich um das österreichische Bundesland Kärnten und die Versicherung Grazer Wechselseitige.

Für die Abschreibungssumme von 2,3 Milliarden Euro auf die HGAA geht die BayernLB davon aus, dass sie kein frisches Geld benötigen wird. "Uns entsteht kein zusätzlicher Kapitalbedarf durch die Abschreibung", sagte ein Sprecher der Bank am Montag. Deutschlands zweitgrößte Landesbank wurde vergangenes Jahr selbst vom Freistaat Bayern mit einer Geldspritze von rund zehn Milliarden Euro gestützt.

Der bayerische Wirtschaftsminister Martin Zeil bezeichnete die angekündigte Verstaatlichung der maroden BayernLB-Tochter HGAA durch Österreich als beste Option. "Lieber ein Ende mit Schrecken als dass das Ganze noch weitergegangen wäre", sagte Zeil am Montag dem Bayerischen Rundfunk.

Den Kauf der HGAA durch die BayernLB bezeichnete der FDP-Politiker als "katastrophale Fehlentscheidung". Zeil sagte weiter: "Insofern musste man jetzt eine Lösung finden, wenigstens einen großen Teil des Geldes der Landesbank zu retten und das scheint geglückt zu sein."

Der CSU-Landesgruppenchef im Bundestag, Hans-Peter Friedrich, stärkte Finanzminister Georg Fahrenschon den Rücken. Er habe in Wien "hervorragende Arbeit geleistet" und "die Kuh vom Eis geholt". Mit der Übertragung der Bankanteile habe Österreich die Verantwortung übernommen, und das sei gut. "Entscheidend ist, die Insolvenz der Bank konnte abgewendet werden."

Forderungen nach personellen Konsequenzen

Unterdessen fordern mehrere Politiker personelle Konsequenzen. "Es kann eigentlich nur sein, dass der CSU-Fraktionsvorsitzende Georg Schmid zurücktreten muss, wie auch Erwin Huber als Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses im Landtag", sagte der Fraktionschef der bayerischen SPD, Markus Rinderspacher, dem Bayerischen Rundfunk.

Sollten sich Medienberichte erhärten, wonach Fahrenschon Druck auf eine Sonderprüferin ausgeübt hat, müsse auch dieser zurücktreten. Der Staatsregierung warf Rinderspacher vor, sich zu spät um die Rettung der HGAA gekümmert zu haben.

Der Landesbankexperte der Freien Wähler, Bernhard Pohl, verlangte die Abberufung des BayernLB-Vorstandsvorsitzenden Michael Kemmer. Der Manager sei mitverantwortlich für den Verlust von insgesamt 3,75 Milliarden Euro, sagte Pohl: "Dieses erneute Desaster ist komplett hausgemacht und hat mit der Finanzmarktkrise nichts zu tun. Es ist auf unverantwortliches Handeln der damals Verantwortlichen in Vorstand und Verwaltungsrat zurückzuführen."

FDP-Fraktionschef Thomas Hacker forderte auch Städtetagspräsident Hans Schaidinger (CSU) zum Rücktritt aus dem BayernLB-Verwaltungsrat auf. "Die ursprüngliche Entscheidung zum Kauf der HGAA war ein katastrophaler Fehler, daran kann kein Zweifel bestehen", sagte Hacker.

Wirtschaftsminister Zeil wies bereits Rücktrittsforderungen an den bayerischen Finanzminister Georg Fahrenschon zurück. "Nein, damit rechne ich nicht". Fahrenschon habe in den vergangenen Monaten sehr viel geleistet. Auf der Ebene des Verwaltungsrats und innerhalb der Bank rechne er aber mit personellen Konsequenzen, sagte Zeil. "Das ist unausweichlich."

Seehofer ruft Kabinett zur Krisensitzung

Der CSU-Vorstand ist am Montag unter Leitung von Parteichef Horst Seehofer in München zusammengekommen. In der Sitzung werden sich die CSU-Politiker auch mit dem Verhandlungsergebnis über die Zukunft der maroden Hypo Group Alpe Adria (HGAA) beschäftigen.

CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt kündigte an, der Vorstand werde sowohl dem Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg als auch dem bayerischen Finanzminister Georg Fahrenschon (CSU) sehr deutlich "Rückendeckung" geben.

Fraktionschef Schmid warnte indes vor voreiligen Schuldzuweisungen in der Debatte um mögliche Konsequenzen aus den finanziellen Belastungen wegen des Kaufs der maroden HGAA durch die BayernLB.

Eine solche "Vorverurteilung" sei "nicht akzeptabel", sagte Schmid. Er betonte: "Wir sind für eine lückenlose Aufklärung - aber wir sind gegen Selbstzerfleischung und gegen eine Schlammschlacht."

Das Kabinett wird sich heute Nachmittag in einer Sondersitzung ebenfalls mit dem Milliardendesaster bei der Hypo Alpe Adria befassen. Der CSU-Chef lehnte vor der Sitzung des CSU-Vorstands jede Stellungnahme ab und eilte wortlos an den Kameras vorbei. Seehofer hatte zuvor den verantwortlichen CSU-Politikern schwere Fehler vorgeworfen.

Der frühere bayerische Ministerpräsident Günther Beckstein sagte, "dem bayerischen Steuerzahler ist schwerer Schaden entstanden". Aber "ich weise entschieden zurück, ich hätte eine Pflichtverletzung" begangen, sagte Beckstein, der beim Kauf der österreichischen Bank im Jahr 2007 im Verwaltungsrat der BayernLB gesessen hatte. Damals sei das gesamte Kabinett Stoiber eingebunden gewesen.

CSU-Fraktionschef Schmid, der damals ebenfalls dem Verwaltungsrat angehörte, sprach von nicht akzeptablen Vorverurteilungen und sagte: "So kann man nicht miteinander umgehen."

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