Süddeutsche Zeitung

Nürnberg:Die Pegnitz-Welle kommt - aber nicht alle sind davon begeistert

Lesezeit: 3 min

Etwa 1,5 Millionen Euro soll die Anlage für Nürnbergs Surfer kosten, seit vielen Jahren wird darüber diskutiert. Vor allem Sportvereine fürchten um ihre Zuschüsse.

Von Claudia Henzler, Nürnberg

Eines muss man den Nürnberger Surfern lassen: Sie haben Durchhaltevermögen. Und dieses Durchhaltevermögen war letztlich entscheidend bei der Frage, ob sich die Stadt Nürnberg, anders als ursprünglich geplant, doch finanziell an der geplanten Trendsportanlage beteiligt. Auf 1,5 Millionen Euro werden die Kosten für die erste künstliche Wellenanlage geschätzt, die in Deutschland in einen Flusslauf integriert wird. Bis zu 650 000 Euro könnte die Stadt übernehmen. Im Frühjahr 2020 soll der Bau beginnen.

Seit sieben Jahren arbeitet ein kleiner, aber entschlossener Verein darauf hin, an der eher gemächlich dahinfließenden Pegnitz ein Surferparadies nach dem Vorbild der Münchner Eisbachwelle zu schaffen, die im Grunde durch Zufall entstanden ist (und später stabilisiert wurde). Mehrere Standorte waren in Nürnberg im Gespräch, bis schließlich ein geeigneter Flussabschnitt gefunden wurde - weit im Westen der Stadt, kurz vor der Grenze zu Fürth.

Im Frühjahr 2017 sah sich der Verein schon kurz vor dem Ziel, damals hatte Markus Söder als Finanzminister einen Zuschuss in Höhe von einer Viertelmillion Euro versprochen. Doch als dem Verein kurz darauf die Genehmigung aus dem Rathaus zugestellt wurde, war klar, dass das gesamte Projekt deutlich mehr Geld kosten würde, als zunächst gedacht. Denn das städtischen Umweltreferat unter grüner Führung hat dem Verein "Dauerwelle Nürnberg" hohe Auflagen gemacht.

Die stehende Welle wird nicht direkt in der Pegnitz erzeugt, sondern in einem künstlichen Seitenarm, der eigens gebaut werden muss. Wasserwirtschaftsamt und Umweltreferat haben diesem Vorhaben nur unter der Vorgabe zugestimmt, dass der Surfspaß nicht auf Kosten der Fische und Kanufahrer gehen wird. Entscheidend sind dafür zwei Punkte: Die Surfer können regulieren, wie viel Wasser in den Kanal abgezweigt wird, sie können die Welle mit Hilfe eines Schlauchwehrs an- und abschalten. Willkommener Nebeneffekt: Auch die Höhe der Welle ist dadurch flexibel. "Man kann sie unterschiedlich steil machen", sagt Thorsten Keck, Vorsitzender des Vereins Dauerwelle. "Es wird Anfängerwellen und Profiwellen geben." Außerdem muss der Verein in dem Flusslauf für mehr als 300 000 Euro eine Fischtreppe einbauen, damit Flussbarsch und Bachforelle problemlos passieren können.

Vom Charakter her wünscht sich Keck eine Sportstätte, die sich an München orientiert: "Wir wollen, dass es ein öffentlicher Ort ist - wo man hinkommen kann, picknicken und zuschauen. Die Welle soll für alle offen sein." Dabei gibt es einen entscheidenden Unterschied zur Eisbachwelle, deren Nutzung von der Stadt eher toleriert wird: In Nürnberg wird die ganze Angelegenheit von Anfang an offiziell, der Verein musste ein Betriebskonzept vorlegen und sicherstellen, dass immer ein Rettungsschwimmer da ist, wenn gesurft wird.

In den vergangenen Wochen war in Nürnberg noch einmal intensiv darüber diskutiert worden, ob so eine Welle überhaupt gebaut werden sollte und ob die Stadt dafür auch noch Geld zuschießen darf. In einer Onlinepetition hatten sich etwa tausend Unterzeichner gegen das Projekt ausgesprochen. Viele Einwände basierten dabei auf einer verunglückten Visualisierung, die ein Horrorszenario von zubetonierten Pegnitzauen inspirierte. Zudem wurde die Sorge geschürt, dass Geld für einen elitären Trendsport ausgegeben werden soll, das dann den "normalen Sportvereinen" fehlen würde.

Nürnbergs für den Sport zuständiger stellvertretender Bürgermeister Klemens Gsell betonte deshalb in der Sitzung der Sportkommission vergangene Woche ausdrücklich, dass "ganz normal" die Sportstätte eines Vereins gefördert werde - mit der Ausnahme, dass Dauerwelle e.V. jetzt noch sehr klein sei, weil er vor allem Fördermitglieder hat. Etwas über hundert sind es momentan laut Keck. Aber die hätten in den vergangenen sieben Jahren besagtes Durchhaltevermögen bewiesen, so Gsell. Außerdem werde der Verein wachsen und sich auch in der Jugendarbeit engagieren, sobald es die Möglichkeit zum Surfen gibt.

Neben dem Freistaat und der Stadt, die bis zu 45 Prozent der förderfähigen Kosten übernehmen will, wird sich wohl auch der Bayerische Landessportverband beteiligen. Gut 250 000 Euro müssten dann noch vom Verein aufgebracht werden. Vorsitzender Keck äußerte sich im Gespräch mit der SZ zuversichtlich, dass das gelingt und Nürnbergs Surfer die künstliche Flusswelle im nächsten Sommer in Betrieb nehmen können.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4525276
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 16.07.2019
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.