Süddeutsche Zeitung

Brauchtum:Mauth feiert das Leben am Goldenen Steig

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Von Freitag an findet in der Gemeinde im Bayerischen Wald wieder das traditionelle Heimatfest statt. Die Bewohner erinnern an einen uralten Handelsweg.

Von Christian Sebald, Mauth

Der Goldene Steig ist ein uralter Handelsweg von Passau durch den Bayerischen Wald nach Böhmen, auf ihm sind im Mittelalter unendlich viele Wagenladungen Salz und andere feine Waren transportiert worden. Genau genommen gab es sogar drei Goldene Steige von der Donaustadt aus: den unteren nach Prachatitz (heute Prachatice ), den mittleren nach Winterberg (Vimperk) und den oberen nach Bergreichenstein (Kašperské Hory). Am oberen Goldenen Steig liegt in nächster Nähe zum Nationalpark Bayerischer Wald und fast an der Grenze zu Tschechien die 750-Einwohner-Ortschaft Mauth. Ihr Name leitet sich von der vormaligen Mautstelle ab, an der von 1698 an die Fuhrleute auf dem Goldenen Steig zur Kasse geben worden sind.

Wer erleben will, wie es einst auf dem Handelsweg zugegangen ist, ist an diesem Wochenende richtig in Mauth. Von Freitag bis Sonntag findet dort wieder das Heimatfest statt. Das Mauther Heimatfest ist einerseits ein kleines Volksfest, wie es in diesen Tagen so viele gibt auf dem Land: mit Bierzelt, Volksmusikabend, Tombola, die dort Kuhlotto heißt, Seniorennachmittag, Gottesdienst und Festzug der Vereine am Sonntag. Andererseits ist es etwas Besonderes. Denn auf dem Mauther Heimatfest leben all die Handwerke, Berufe und Bräuche wieder auf, die durch die Jahrhunderte den inneren Bayerischen Wald geprägt haben - vor allem auf dem Säumerzug am Freitagabend und dem großen heimatgeschichtlichen Umzug am Sonntagnachmittag, bei dem der ganze Ort auf den Beinen ist.

Der Umzug am Sonntag ist ein Spektakel, das in der Vergangenheit bisweilen Tausende Schaulustige angezogen hat. Da gibt es derbe Säumer mit ihren Planwagen zu bestaunen und Marketenderinnen, aber auch Mautner, die die Maut kassierten, Pfleger, wie die Richter seinerzeit hießen, und natürlich Holzknechte, Jäger, Wilderer und viele andere mehr oder weniger kernige Typen. Zum Beispiel Steinbohrer, die zeigen, wie man einst riesige Gesteinsbrocken bearbeitete, Feldschmiede und Köhler. "Und zwar alle in historischen, zum Teil richtig alten Kostümen", wie Heiner Kilger sagt.

Heiner Kilger ist Vorsitzender des Bayerischer-Wald-Vereins in Mauth, der das Heimatfest zusammen mit den anderen Ortsvereinen organisiert, und zwar rein ehrenamtlich. Kilger ist schon als Bub auf dem Festzug mitgegangen, als Schüler in derben Holzpantinen, dicken Wollstrümpfen und einem Tornister auf dem Rücken. Natürlich ist auch der Mauther Bürgermeister Ernst Kandlbinder mit dabei, seit Tagen schon als einer der Cheforganisatoren im Hintergrund und auf dem Festzug in blauer Joppe als Mautner. Zumindest war das in der Vergangenheit so. Und dann ist da noch eine Besonderheit: Das Mauther Heimatfest findet traditionell nur alle drei Jahre statt. Wer also an diesem Wochenende keine Zeit hat, hat erst wieder 2025 Gelegenheit für einen Besuch.

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