Süddeutsche Zeitung

Bayerische Spezialität:Ärger um den Obazdn

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Wer die bayerische Spezialität anbieten will, muss künftig mehrere hundert Euro für Kontrollen ausgeben - oder sie umbenennen. Schon weichen Wirtshäuser auf Namen wie "Bräubazi" aus.

Von Christian Rost, München

Wenn ihn ein Nicht-Bayer im Gasthaus bestellt, hört sich das oft so an: "Zwei Obazda, bitte." Das ist nicht schön, das tut richtig weh in den Ohren, weil es heißen müsste: zwei Obazde. Eine andere norddeutsche Variante ist der "Angepatzte", darauf soll aus Gründen der Höflichkeit und Toleranz an dieser Stelle aber nicht näher eingegangen werden.

Bedienungen und Wirte im Freistaat mussten im Zusammenhang mit der bayerischen Spezialität also schon manches geduldig ertragen. Nun aber sorgt der Obazde für handfesten Ärger: Weil ihn die Landesvereinigung der bayerischen Milchwirtschaft als geografisch geschütztes Produkt eintragen ließ, dürfen nur noch Obazde unter diesem Namen verkauft werden, die nach einer bestimmten Rezeptur hergestellt wurden. Und jeder Wirt, der einen Obazdn anbietet, muss sich künftig einer kostenpflichtigen Kontrolle unterziehen, wofür bislang 200 bis 300 Euro im Jahr fällig wären. Bei der Kontrolle wird geprüft, ob die Vorgabe, mindestens 40 Prozent Camembert oder Brie bei der Zubereitung zu verwenden, eingehalten wird.

Das Bräustüberl am Tegernsee hat ihn schon umbenannt

Der Aufschrei ist gewaltig, seit die für die Kontrollen geschützter regionaler Lebensmittel zuständige Landesanstalt für Landwirtschaft die Gastronomen schriftlich auf die neuen Obazdn-Regeln hinweist. Im Bräustüberl Weihenstephan empfindet man die Vorgaben als "Frechheit", wie Wirt Thierry Willems in einem Interview sagte. Er werde keinesfalls dafür zahlen, dass er einen Obazdn auf der Speisekarte habe. Entweder streiche er ihn komplett oder er benenne ihn um. Das hat das Bräustüberl am Tegernsee bereits getan, das sich das Rezept zur Zubereitung der Käse-Butter-Mischung nicht vorschreiben lassen will. Am Tegernsee heißt der Obazde jetzt: "Bräubazi".

Andere Wirte hingegen wissen nicht recht, ob sie sich der Bürokratie unterwerfen oder auch auf einen Fantasienamen umsteigen sollen. Ein Wirt in Neuhaus in der Oberpfalz befürchtet, dass eine andere Bezeichnung für den Obazdn seine Gäste verwirren könnte: "Hast ebba koan Obazdn mehr?"

Im Fall des Obazdn trifft es große Unternehmen

Der Obazde ist das erste markenrechtlich geschützte Produkt, das den Gastronomen Probleme bereitet. Bei den anderen schutzwürdigen Spezialitäten in Bayern - dem Schrobenhausener Spargel, den Nürnberger Bratwürsten oder dem bayerischen Bier - mussten sich bislang ausschließlich die Hersteller mit den Vorgaben der sogenannten Eintragungsverordnung der EU herumschlagen. Wer ein essbares Kulturgut produziert, muss sich Kontrollen unterwerfen und dafür zahlen. Auch im Fall des Obazdn trifft es große Unternehmen. Der Käsehersteller Alpenhain, die Metzgerkette Vinzenz Murr und der Feinkostlieferant Dallmayr haben sich mit den neuen Regeln abgefunden und sich bei der Landesanstalt für Landwirtschaft brav in eine Liste eingetragen, um ihre Produkte weiter unter den Namen "Obazda" beziehungsweise "Obatzter" verkaufen zu können.

Weil viele Gastronomen ihren Obazdn selbst herstellen, gelten nun auch sie als Produzenten und müssen sich dem Kontrollsystem unterwerfen. Monika Simon vom Institut für Ernährungswissenschaft und Märkte an der Landesanstalt für Landwirtschaft kündigt aber ein Entgegenkommen an. Im September gebe es erste Gespräche mit dem Hotel- und Gaststättenverband darüber, wie die Gebühren für die Wirte möglichst gering gehalten werden können.

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SZ vom 03.08.2017
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