Süddeutsche Zeitung

Asylpolitik:Bayern will Flüchtlinge durch Arbeitsverbot abwehren

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Von Dietrich Mittler, München

Bei der Abwehr von Flüchtlingen aus den Balkanstaaten setzt die Staatsregierung jetzt auch auf Arbeitsverbote. Eine entsprechende Anweisung des Innenministeriums an die Ausländerbehörden vom 31. März liegt der Süddeutschen Zeitung vor. Demnach sind auch Personen betroffen, die im Freistaat bereits eine Beschäftigungserlaubnis bekommen hatten und längst ihr eigenes Geld verdienten.

Flüchtlingen, deren Asylantrag abgelehnt wurde oder die aus einem als sicher eingestuften Herkunftsland stammen, seien "ab sofort grundsätzlich keine Beschäftigungserlaubnisse mehr zu erteilen oder zu verlängern", heißt es in dem Schreiben. Ausnahmen seien nur dann zuzulassen, wenn "der Ausländer (...) eine Berufsausbildung begonnen" habe.

Für den Bayerischen Flüchtlingsrat ist das jetzt an die Öffentlichkeit gedrungene Dokument ein Beweis dafür, dass sich Bayern nicht mehr an jene Kompromisse halte, durch die im Herbst 2014 die Asylrechtsreform im Bundesrat ermöglicht wurde. "Vereinbart war dort, dass Flüchtlingen der Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtert wird", sagt Alexander Thal, einer der Sprecher des Flüchtlingsrats.

Normalerweise entfällt das Arbeitsverbot nach drei Monaten

Der Kompromiss - nach Baden-Württembergs Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann benannt - sei eindeutig: "Bereits drei Monate nach der Einreise", so sagt Thal, "entfällt das generelle Arbeitsverbot." Das werde in Bayern missachtet: "Das Innenministerium setzt damit erneut eine Verbesserung aus dem Kretschmann-Kompromiss nicht um", kritisiert der Flüchtlingsrat.

Dieser Aussage widerspricht das Ministerium. Von der Anweisung sind aber nicht nur Asylbewerber und geduldete Flüchtlinge aus den Balkanstaaten betroffen. Auch jene aus dem Senegal oder aus Ghana erhalten keine Arbeitserlaubnis mehr, da ihr jeweiliges Herkunftsland ebenfalls als sicher eingestuft ist. Das Problem ist hier jedoch: Bis zur Bearbeitung ihres Asylantrages müssen diese Afrikaner "derzeit mindestens zwei Jahre warten, bis sie vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge überhaupt zu ihren Fluchtgründen befragt werden", sagt Thal. In dieser Zeit säßen sie in den Gemeinschaftsunterkünften fest - "ohne Arbeit, ohne Deutschkurse, ohne Perspektive".

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Quelle:
SZ vom 30.04.2015
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