Süddeutsche Zeitung

Oberbayern:Keine Sau am Aschauer Sommerfest

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Zum Abschluss der Feier wird traditionell "eine lebende Sau" verlost. Das hat dem örtlichen Musikverein den erwartbaren Ärger eingetragen - obwohl die Sache etwas komplizierter ist.

Glosse von Matthias Köpf, Aschau am Inn

Das mit diesen Fleischpreisen ist sowieso schon schwierig. Nicht nur im Einkauf, wo's vom Fleisch gerne ein bisschen mehr sein darf, weil es im Verhältnis zu anderen Nahrungsmitteln oft so billig ist, dass die Kundschaft ihr Stück Lebenskraft lieber nicht in Form einer sauteuren Zucchini zu sich nimmt. Entsprechend gilt es auch erzeugerseitig, wo die Bauern nicht sehr viel bekommen für ihre Schweinehälften. Und für die traditionellen Fleischpreise bei Schafkopf- oder Watt-Turnieren ist eigentlich eh längst alles zu spät.

Manchmal sind aber auch die Veganerinnen zu spät dran, so wie im Frühjahr jene Teilnehmerin eines Oberpfälzer Schafkopfturniers, die immer noch nach einem Gnadenhof für ihr gewonnenes Spanferkel gesucht hat, als sich die Ausrichter den nicht abgeholten Preis längst selber hatten schmecken lassen. Die vegane Kartlerin hätte natürlich keinen Gnadenhof für ein gebratenes Ferkel gesucht, aber mit den lebenden Tieren ist es oft auch nicht einfacher. Zum Ausklang des Sommerfests im oberbayerischen Aschau am Inn zum Beispiel sollte auch heuer wieder "eine lebende Sau" den Besitzer wechseln, welcher dafür am Montagabend nicht einmal Karten spielen musste, sondern schlicht das große Los ziehen.

Diese Ankündigung hat dem Aschauer Musikverein als Veranstalter nun den mittlerweile durchaus erwartbaren Ärger eingetragen - laut einem Bericht im Mühldorfer Anzeiger etwa ein Schreiben vom zuständigen Veterinäramt, wonach das Verlosen einer lebenden Sau unter diesen Umständen nicht erlaubt sei, sowie den Brief eines auswärtigen Tierfreunds, welcher jene Sau so zum bloßen Objekt herabgewürdigt sieht und stattdessen wiederum das Ausloben einer Saupatenschaft am Gnadenhof vorschlägt.

Der Musikverein hat daraufhin zwar die Formulierung unter dem Programmpunkt "Festausklang" eilends in "Verlosung von tollen Preisen" geändert, nicht aber den traditionellen Festausklang selber. Denn ein lebendes Tier habe man, wie in Aschau ohnehin praktisch jeder wisse, schon aus Tierschutzgründen seit mindestens 30 Jahren nicht mehr verlost. Verlost wird nach den Angaben im Anzeiger vielmehr der Gegenwert einer lebenden Sau, einzulösen in Grillfleisch. Und das ist wenigstens nicht mehr lebendig.

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