Süddeutsche Zeitung

Ärger um Politiker-Einladung:Verführerisches Angebot aus Elmau

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Wenn Abgeordnete zum Abendessen eingeladen werden, ist das kein Problem. Wenn sie das mit einer ermäßigten Übernachtung im Luxushotel verbinden, aber schon. Es beweist, dass der ein oder andere leicht zu verführen ist.

Kommentar von Frank Müller

Es geht nicht um ein Essen: Das Leben von Politikern und Entscheidungsträgern, übrigens auch von Journalisten, besteht auch darin, dass man viel an Orten unterwegs ist, an denen man zu einem Essen eingeladen wird. Solange das im Rahmen bleibt, ist daran nichts auszusetzen. Auch das Arbeitsessen gehört zur Arbeit, und wer daran nun grundsätzlich zweifelt, begibt sich in die Gefahr der Erbsenzählerei.

Das gilt auch für bayerische Abgeordnete, denen man erst einmal zutrauen muss, dass sie sich nicht bestechen lassen dadurch, dass sie in Elmau am Montagabend die asiatische Kokossuppe Tom Kha Gai, Grünes Curry mit Rind und Popcorn mit Avocado aßen. Völlig anders sieht es mit Teil zwei des Abendprogramms auf Schloss Elmau aus.

Dass das Angebot zur Übernachtung in einer Suite im luxuriösen G-7-Neubau die Grenze des Zulässigen klar überschreitet, hätte man als politischer Mensch wissen müssen, bevor man es annimmt. Zumal da Schlossherr Dietmar Müller-Elmau keinen Zweifel daran ließ, dass man nicht in einer Jugendherberge übernachtet. Wer eine "persönliche Einladung" erhält, auf deren Titelseite die Worte "Luxury Spa, Retreat & Cultural Hideaway" nebst fünf Sternen prangen, dem kann man zumuten, dass er im Internet kurz die Preisliste checkt, bevor er zum Sparpreis von 150 Euro zusagt. Ob es besonders clever ist, Politiker überhaupt so anzusprechen, muss Müller-Elmau mit sich selbst ausmachen.

Dass der Preis auch noch für den Abgeordneten plus Partner gilt, weckt jedenfalls sehr ungute Erinnerungen an die Verwandtenaffäre. Wieder einmal zeigt sich, dass der eine oder andere eben doch anfällig ist für Verführungen. Wem erst nach der öffentlichen Aufregung auffällt, dass er die Differenz besser überweisen sollte, der macht dadurch den Eindruck des ertappten Sünders erst vollständig. Bayerns Abgeordnete stehen noch immer unter Aufsicht - das sollte ihnen nun sehr klar geworden sein.

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Quelle:
SZ vom 18.04.2015
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