Süddeutsche Zeitung

Unterwegs:Parken für Arme verboten!

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Wie in Dantes Inferno: Ewig rastlos müssen Suchende die höllischen Qualen der Mobilität erleiden. Denn Parken können sie bei solchen Preisen nicht.

Von Richard Christian Kähler

Großstadtmenschen, die kein Auto haben, weil sie keins wollen, hassen die Stinkkistentreiber. Oder sind zumindest genervt von den Pendlerhorden, die montags bis freitags zuverlässig die Ein- und Ausfallstraßen fluten - und alle Querstraßen obendrein. Mit gewissem Recht: Es sind einfach zu viele! Je überfüllter die Städte werden, desto mehr Menschen fliehen ins Umland, um Licht und Platz und bezahlbaren Wohnraum zu finden. Die Strafe folgt unverzüglich, denn fortan müssen sie wie in Dantes Hölle ewig rastlos die Qualen der Mobilität erleiden. Und wenn sie nicht gerade dahinfließen beziehungsweise -schleichen, dann stehen sie freudlos. Denn Aussteigen können die ins Auto verbannten Menschen in der Stadt nicht mehr.

Jedenfalls nicht, ohne für die Sünde des Autobesitzes existenzgefährdend abzulatzen. Als wäre Autofahren nicht schon teuer genug, schocken zum Beispiel die Hamburger und Münchner Innenstadt-Parkuhren mit "Parkgebühren je 12 Minuten: 0,50 Euro". Die maximal erlaubte Stunde gibt's zwar für vergünstigte 2,50 Euro. Am Flughafen aber nimmt man dafür dann gleich das Doppelte. Hoffentlich landet die Geliebte pünktlich!

In der nächsten Kleinstadt hingegen kostet die Abstellstunde bei exakt gleicher Parkplatzgröße plötzlich nur noch 1,30 Euro. Und im Städtchen danach, das auch über eine nette Einkaufsstraße verfügt, sogar nur noch "25 Cent je angefangene halbe Stunde". Wow! Billiger wird's nicht. Am besten, man lässt die Karre für immer hier stehen.

Im Urlaub vom gesparten Geld rechnet einem der gewitzte Mallorquiner dann die Palma-Tiefgarage bis auf sechs Stellen hinterm Euro-Komma schön: "Tarifa de aparcamiento por minutos: 0,032105 €/minuto". Was nicht einmal schlappe zwei Euro pro Stunde ergibt. Wer mag da nicht den umso großzügiger überteuerten Café getrost noch ein Weilchen länger (0,000535 Euro/ Sekunde) genießen.

Fern der Heimat können wir dann in der nachgereisten Zeitung lesen, dass Bußgelder für Falschparker und Abschleppgebühren zusätzlich 10 bis 20 Millionen pro Jahr und Großstadtkasse bringen. Alles nur, weil man statt der alten Stinkekiste nicht ausschließlich Bahn, Bus, Rad und Füße benutzen mag oder kann. Aber: Seine Parkplatz-Quadratmeter benötigt selbst ein biologisch abbaubares E-Mobil so sehr, wie es auch mit reinstem Ökostrom im Stau fest steht. Doch wenigstens diese Stillstandsstunden sind ja bis jetzt noch kostenlos. Noch!

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Quelle:
SZ vom 01.04.2017
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