Süddeutsche Zeitung

Schnellzüge in Großbritannien:Allerhöchste Eisenbahn

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Britische Politiker wollen das Land mit Hochgeschwindigkeitszügen wirtschaftlich voranbringen. Das begeistert nicht jeden.

Christian Zaschke

Die Gegner des Projekts sind stocksauer - sie haben bereits den aufblasbaren, dreieinhalb Meter großen weißen Elefanten wieder bereitgelegt, der Symbol ihres Protestes ist.

Grund ihres Ärgers: Der Verkehrsausschuss des britischen Parlaments hat einen Report vorgelegt, wonach Hochgeschwindigkeitszüge das Land wirtschaftlich voranbringen und zudem die Qualität von Zugreisen deutlich erhöhen würden, unter anderem weil sie - nun ja - schneller sind.

Der Ausschuss unterstützt deshalb das Projekt "High Speed 2" (HS 2), das vorsieht, schnelle Routen von Süd nach Nord zu bauen. Die Gegner sind der Ansicht, die neuen Zuglinien würden die Landschaft verschandeln, Unsummen Geldes verschlingen und überdies nutzlos sein - deshalb der weiße Elefant, der im Englischen für eine teure, aber absolut nutzlose Sache steht, die man nicht wieder los wird.

Seit Jahren wird in Großbritannien mit großem Eifer über HS 2 diskutiert. Immerhin handelt es sich um das Land der Trainspotter, der Zugbeobachter - das Themenfeld "Zug und Gleis" weckt hier so starke Emotionen wie sonst wohl nur in Stuttgart.

Wenn Gegner und Befürworter des Projekts aufeinandertreffen, wird es bisweilen laut und auch mal aufs Unterhaltsamste unsachlich. Vor einigen Wochen rief im Sender BBC Radio 4 ein Gegner einem Befürworter entgegen, dass dieser ja wohl auch nicht wolle, dass die Züge durch seinen Garten rasen. Der Befürworter, ein leidenschaftlicher Trainspotter, erwiderte: "Doch, ich schon."

Insgesamt 32 Milliarden Pfund will die Regierung in HS 2 investieren, gut 37 Milliarden Euro. Die Züge sollen sich mit etwa 400 Kilometern pro Stunde durch die Landschaft bewegen, die Fahrtzeit für die gut 190 Kilometer von London nach Birmingham betrüge dann deutlich weniger als eine Stunde.

Zudem sollen Leeds und Manchester ans Netz angeschlossen werden, die Strecke verliefe zunächst in der Form des Buchstabens Y. Auch in Schottland sollen Vorbereitungen getroffen werden, um später Edinburgh und Glasgow anzubinden.

Der Report räumt ein, dass es "unglücklich" sei, dass die geplante Strecke durch besonders schöne Gegenden wie die Chilterns im Südosten Englands führe. Bisher gibt es lediglich eine Hochgeschwindigkeitsstrecke in Großbritannien, die von London zum Kanaltunnel führt (HS 1).

Gegner des Projekts sind neben möglichen künftigen Anwohnern der Strecke und einigen konservativen Hinterbänklern die Vereinigung der Steuerzahler und die Countryside Alliance, die sich für den Erhalt der britischen Landschaft einsetzt (und für die Jagd mit Hunden).

Bis tatsächlich sehr schnelle Züge durch England rasen, wird noch ein Weilchen vergehen. Geplanter Baubeginn ist 2017, die ersten Züge würden nicht vor 2025 fahren.

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Quelle:
SZ vom 10.11.2011
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