Süddeutsche Zeitung

Recht:Privates Knöllchen

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Supermarktketten reservieren ihre Parkplätze gerne für ihre Kunden - und schicken dann Spezialfirmen los, um das zu kontrollieren. Viele Autofahrer ärgern sich über Strafen, die dann mitunter fällig werden. Die Frage ist: Dürfen die Unternehmen das überhaupt?

Von Felix Reek

Die Parkplatznot in Großstädten ist groß. Autos stehen in zweiter Reihe, sie quetschen sich in Einfahrten, blockieren Radwege. Oder ihre Besitzer stellen sie auf Flächen ab, die eigentlich den Kunden von Supermärkten vorbehalten sind. Ein Parkplatz ist schließlich ein Parkplatz, so der Gedanke. Bis das böse Erwachen in Form eines Zettels hinterm Scheibenwischer folgt: Die Verwarnung einer privaten Kontrollfirma, die für das Parkraummanagement zuständig ist. Unternehmen wie Park & Control, Fairparken und Parkräume KG verteilen Strafen, die zum Teil deutlich höher sind als das, was kommunale Kontrolleure aufrufen. Viele Autofahrer ärgern sich darüber. Grundsätzlich aber sind die Firmen dazu berechtigt.

Parkplätze auf nicht öffentlichen Flächen sind Privateigentum. Innerhalb der gesetzlichen Grenzen kann der Besitzer damit machen, was er will. Ein Supermarkt stellt zum Beispiel Abstellplätze zur Verfügung, um Kunden anzulocken. Sie verbringen mehr Zeit im Geschäft, wenn das Parken umsonst ist. Stellen andere ihr Auto dort ab, blockieren sie den Platz, und die Kunden fahren woandershin - ein Verlust für den Supermarkt. Hier kommen die privaten Kontrolleure ins Spiel: Supermärkte beauftragen sie, um genau das durch Abschreckung zu verhindern. Eine nicht im Fenster liegende Parkscheibe kann schon reichen. Allerdings verteilen die Unternehmen keine Strafzettel, sondern Vertragsstrafen.

Die Unternehmen pachten im Regelfall das Gelände, das sie kontrollieren. Den Parkplatz dürfen sie nun zur eigenen Gewinnoptimierung nutzen. Jeder Autofahrer, der ihn mit seinem Fahrzeug benutzt, geht mit dem Sicherheitsdienst einen Vertrag ein. Wer zuwiderhandelt, etwa weil er gar nicht in dem Markt einkauft, den belegen die Kontrolleure mit einer Vertragsstrafe, die ihn auffordert, innerhalb eines bestimmten Zeitraums den aufgerufenen Betrag zu überweisen. Der ist in der Regel höher als ein Bußgeld im öffentlichen Raum, da die Unternehmen kostendeckend arbeiten müssen. Bei der Kontrolle durch Politessen legt der Steuerzahler in der Regel drauf.

Wer allerdings glaubt, er könne die Vertragsstrafen ignorieren, dem droht Ungemach: "Diese Unternehmen sind ziemlich hartnäckig, was die Verfolgung dieser Strafen angeht, natürlich auch, weil sie damit Geld verdienen", sagt Rechtsanwalt Raik Dietrich von der Kanzlei Voigt in Dortmund, der gerade erst so einen Fall behandelt hat. Wer die Vertragsstrafe nicht bezahlt, erhält in kürzester Zeit die Mahnung eines Inkassounternehmens.

Einige Ansatzpunkte gibt es aber, um das private Knöllchen abzuwehren - etwa bei Fehlern im Parkraummanagement. "Auf die Nutzungsbedingungen muss unübersehbar hingewiesen werden. Die AGBs sollten gut erkennbar für den Kunden aufgestellt sein", so Dietrich. Das ist in der Regel ein großes Schild direkt an der Einfahrt. Ist das zu klein, verdeckt oder gar nicht zu sehen, ist das Bußgeld anfechtbar. Das gilt auch, wenn die Strafe unverhältnismäßig hoch ausfällt. Ein guter Indikator ist laut Dietrich eine mehr als doppelt so teure Vertragsstrafe im Vergleich zu einem gleichwertigen Vergehen im öffentlichen Raum.

Ebenso sollten Betroffene immer kontrollieren, ob alles richtig protokolliert wurde: Stimmt das Datum? Die Parkzeit? Saß der Halter an diesem Tag am Steuer oder jemand anderes? "Der Vertrag gilt nämlich erst mal nur mit dem Fahrer", sagt Dietrich. Der Besitzer des Fahrzeugs sollte sich aber nicht zu früh freuen: "Laut BGH-Urteil vom 18. Dezember 2015 (V ZR 160/14) habe ich einen gewissen Einfluss darauf, wer das Auto fährt und dass der auch mal falsch parken könnte", erklärt der Rechtsanwalt. "Will ich den Fahrer nicht nennen, bin ich vor Gericht wieder in der Pflicht."

Zu klagen empfiehlt der Anwalt sowieso nur als allerletzte Maßnahme. Geht solch ein Fall vor Gericht und verliert der Mandant, kostet ihn das etwa 450 Euro. Das steht in keinem Verhältnis zur Vertragsstrafe. Die Methode, die am meisten Erfolg verspricht, ist sowieso, mit dem Strafzettel zur Leitung des Supermarktes zu gehen, den eigenen Fall darzulegen und auf Kulanz zu hoffen. Denn wer auch immer private Parkraumkontrolleure beauftragt, will eines auf keinen Fall: seine Kunden verärgern.

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Quelle:
SZ vom 16.03.2019
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