Süddeutsche Zeitung

Oldtimer-Auktion:Ein Rahmen, so teuer wie eine S-Klasse

Lesezeit: 2 min

Von Felix Reek

Für 100 000 bis 150 000 Euro bekommt man eine Menge Auto. Fünf gut ausgestattete VW Golf etwa. Eine Mercedes S-Klasse mit allen Annehmlichkeiten. Oder das oben auf dem Bild zu sehende Gebilde. Ein Stahlgerüst, das am 21. März vom französischen Auktionshaus Aguttes versteigert wird. Natürlich handelt es sich dabei nicht um irgendein zusammengeschweißtes Stück Metall. Auf diesem Rahmen entstand vor etwa 50 Jahren eines der legendärsten Automobile überhaupt: der Ferrari 250 GTO.

36 Exemplare wurden zwischen 1962 und 1964 gebaut, noch heute gilt der Sportwagen als der schönste Renner aller Zeiten aus Maranello. Auf Auktionen erzielen die seltenen Fahrzeuge Rekordsummen. Im August 2014 wechselte etwa ein Ferrari 250 GTO Berlinetta bei einer Auktion im kalifornischen Pebble Beach für 38 Millionen US-Dollar, umgerechnet etwa 36 Millionen Euro, den Besitzer.

Nur zwei Rahmen weltweit

Karosseriebauer Sergio Scaglietti formte einst die geschwungenen Linien des Sportwagens über dieser Stahlkonstruktion, der Legende nach ohne vorherige Pläne, nur nach seinen Vorstellungen. Er hatte 1951 seine eigene Firma gegründet und begann Mitte der Fünfzigerjahre damit, Karosserien für Ferrari zu gestalten. Der 250 GTO wurde zu seinem Meisterstück, zu einem Auto, dass sogar der Ästhetik des Jaguar E-Type Konkurrenz machte, den Firmengründer Enzo Ferrari neidisch "das schönste Auto" der Welt nannte.

Zwei dieser Rahmen existieren weltweit. Einer ist im Besitz von Ferrari, ausgestellt im Firmenmuseum in Modena. Den zweiten kaufte ein Sammler in den Achtzigerjahren. Dieses Exemplar wird jetzt versteigert, wohl zum Preis eines neuen Luxusautos.

Für die Oldtimerbranche ist der hohe Preis des Rahmens ein weiteres Indiz, dass sich der Markt verändert. Waren es vor Jahren noch vor allem penibel restaurierte Fahrzeuge, die hohe Summen erzielten, sind es jetzt vermehrt auch Objekte von historischem Wert im Originalzustand. So versteigerte das Auktionshaus Artcuriel im Februar einen 250 SWB California Spider im bemitleidenswerten Zustand. Auf den Auktionserlös hatte die verlebte Beschaffenheit des schwarzen Ferrari keine Auswirkungen: Das Cabrio erzielte einen Preis von 14,2 Millionen Euro.

Angesichts dessen, dass vor allem historische Ferraris immer wieder horrende Summen erzielen, scheint der angesetzte Wert des Stahlrahmens mit bis zu 150 000 Euro nicht zu hoch gegriffen. Es handelt sich schließlich um ein Stück italienischer Sportwagengeschichte. Über diesen unscheinbaren Streben formte Sergio Scaglietti in Handarbeit aus Aluminium die Karosse eines der schönsten Autos aller Zeiten. Und das ist einigen Liebhabern mehr wert als deutsches Luxusauto in der Garage.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.2400287
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
Süddeutsche.de/reek
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.