Süddeutsche Zeitung

Manipulation beim "Gelben Engel":Verkehrsminister Dobrindt rät ADAC zu Bescheidenheit

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Der ADAC gesteht ein, beim Autopreis "Gelber Engel" geschummelt zu haben. Verkehrsminister Dobrindt fordert nun Klarheit und Demut. Autoexperte Dudenhöffer stellt die Glaubwürdigkeit des Automobilklubs insgesamt in Frage. Die Reaktionen im Überblick.

Der ADAC hat eingeräumt, beim Preis "Gelber Engel" die Zahlen der abgegebenen Stimmen manipuliert und insgesamt nach oben korrigiert zu haben. Verantwortlich sei der bisherige Kommunikationschef und Chefredakteur der Mitgliederzeitschrift Motorwelt Michael Ramstetter - dieser tritt von all seinen Ämtern zurück. Am Dienstag hatte die SZ die Schummelei veröffentlicht. Nachdem der ADAC nun erste Konsequenzen aus dem Skandal gezogen hat, melden sich Vertreter aus der Branche und aus der Politik zu Wort.

  • Aus Sicht von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) muss der ADAC nun verlorenes Vertrauen zurückgewinnen. "Der ADAC hat jetzt die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die Karten auf den Tisch gelegt werden", sagte Dobrindt in München. Die Vorgänge zeigten, dass "großen Verbänden manchmal etwas mehr Bescheidenheit im Auftreten gut täte", sagte der Minister, der sich bei der Einführung einer Pkw-Maut für Ausländer einen heftigen Streit mit dem ADAC liefert.
  • "Wir sind nach wie vor der Auffassung, dass der Golf das Lieblingsauto der Deutschen ist", erklärte ein Sprecher von Europas größtem Autobauer Volkswagen. Bei der "Gelben Engel"-Preisverleihung am Donnerstag war dieses Modell ausgezeichnet worden. Bevor der Konzern über das weitere Vorgehen entscheide, "müssen wir denen natürlich auch eine Chance geben, die Sache aufzuklären". Die Frage sei jedoch, was dieser Preis bei den Begleitumständen überhaupt noch wert sei.
  • Der Sportwagenhersteller Porsche hat den ADAC gegen Kritik verteidigt. Die Umfragen und Untersuchungen des Automobilklubs seien grundsätzlich als objektiv einzuschätzen, sagte ein Sprecher. Porsche sei von der Entwicklung der vergangenen Tage überrascht worden, hieß es. Darüber hinaus wollte sich der Autohersteller, der die Auszeichnung im Jahr 2011 für den Porsche 911 in der Kategorie "Qualität" bekommen hatte, nicht äußern. Der von Seiten des ADAC angekündigten "lückenlosen Aufklärung der Vorwürfe" werde nicht vorgegriffen.
  • Nach Ansicht des Autoexperten Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen werfen die Manipulationen bei der Wahl des "Gelben Engel" auch ein Schlaglicht auf andere Tests und Statistiken des Klubs. "Auch die Pannen- und Tunnelstatistik müsste man jetzt untersuchen", sagte Dudenhöffer. "Wenn sie beim "Gelben Engel" lügen, könne man das auch für die anderen Bereiche nicht ausschließen", betonte Dudenhöffer. Im System des ADAC laufe grundsätzlich etwas falsch. Der Autoexperte führt dies vor allem auf fehlende Kontrollmechanismen in dem Verband und eine fehlende Corporate Governance, Regeln für eine gute Unternehmensführung, zurück. Für die Autohersteller sei jetzt der Werbewert des Auto-Rankings beim "Gelben Engel" negativ, meinte Dudenhöffer.
  • Der Fraktionschef der Grünen, Anton Hofreiter, sagte gegenüber Spiegel Online: "Einen solchen Betrug darf sich ein Automobilklub mit fast 19 Millionen Mitgliedern nicht leisten." Weiter erklärte Hofreiter, der in den vergangenen Jahren den Bundestags-Verkehrsausschuss leitete, der ADAC trage "angesichts seiner vielen Mitgliedern eine große öffentliche Verantwortung, mit der er gewissenhaft umgehen muss".
  • Der Auto Club Europa (ACE), der zweitgrößte deutsche Automobilklub und damit Konkurrent des ADAC, hat sich mit scharfen Worten gegen Auszeichnungen in der Automobilbranche ausgesprochen. Wer wirklich wissen wolle, welche Wagen am beliebtesten seien, solle auf die fälschungssicheren Zulassungszahlen des Kraftfahrtbundesamtes schauen, teilte der Verein in Stuttgart mit. "Demgegenüber ist alles andere offenbar nur Blendwerk und aufgeblasene Selbstinszenierung", hieß es in der Stellungnahme. Es sei erklärungsbedürftig, warum Repräsentanten namhafter Autohersteller sich diese "peinliche Farce" weiter antun wollten.

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