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Arbeit muss sich ändern

Welche Rolle spielen Homeoffice oder New Work in den vermeintlich tradierten Unternehmen?

Foto: iStock/marchmeena29

Ein klein wenig Aufbruchsstimmung ist in bayerischen Betrieben durchaus zu spüren: Im Jahr 2023 liegen nicht nur über zwei Jahre Corona-Pandemie hinter Arbeitnehmern und Arbeitgebern, auch der andauernde Ukraine-Krieg hält die Menschen und damit auch die Wirtschaft weiterhin in Atem. Das hat nach wie vor spürbare Auswirkungen auf die Art, wie Arbeit und Arbeitszeit von Beschäftigten und Unternehmen verstanden wird.

 

Die Arbeit im Homeoffice – eine flexible Arbeitsform, bei der Beschäftigte ihre Aufgaben aus dem privaten Umfeld anstatt in bereitgestellten Büroräumen erledigen – sowie mobiles Arbeiten ist mittlerweile in vielen großen wie kleinen Betrieben zur festen Realität geworden. An der dauerhaften Nutzung dieser Arbeitsform und den damit verbundenen Möglichkeiten oder Risiken scheiden sich aber nach wie vor die Geister – nicht nur, weil in verarbeitenden Betrieben nun mal weiterhin Angestellte die Maschinen bedienen, instand halten und überwachen müssen. Homeoffice per se ist damit keine Lösung, die für alle da ist.

 

„Einerseits geht virtuell viel mehr, als wir dachten“, erklärt Marc Pastowsky, Executive Vice President bei Webasto. Der Automobilzulieferer mit Sitz in Gauting-Stockdorf wurde 1901 gegründet und entwickelte 1932 das erste Faltdach für Daimler-Benz. „Wir reisen weniger und können uns dank Videokonferenzen dennoch schneller mit Mitarbeitenden im In- und Ausland austauschen. Andererseits haben wir auch gemerkt, wie wichtig der persönliche Kontakt in der Projektarbeit und für das soziale Miteinander ist.“

 

Ähnlich abwägend reagieren viele bayerische Mittelständler, wenn sie nach den Anforderungen der neuen, hochqualifizierten Bewerberinnen und Bewerber gefragt werden.

„Man muss nicht grundsätzlich sofort jeden Trend mitmachen“

 – Elisabeth Meister, Geschäftsführerin Ludwig Meister

Die Firma Ludwig Meister aus Dachau bietet ihrem Team bereits gezielt bis zu 50 Prozent Remote- Arbeit an. „Den Wunsch nach mehr Remote-Work können wir auf jeden Fall gut verstehen“, so Geschäftsführerin Elisabeth Meister. Eine völlige Flexibilisierung sieht man bei dem 1939 in der Goethestraße in München gegründeten Betrieb allerdings als unrealistisch an, auch weil die Produktionsbedingungen nicht völlig automatisiert ablaufen können. „Es geht nicht in allen Arbeitsbereichen und man muss auch nicht grundsätzlich sofort jeden Trend mitmachen, aber es erhöht schon die Chance, auch gute Leute zu bekommen“, so Meister. 

Mit der Generation Z hat ein neues Zeitalter am Arbeitsmarkt begonnen. Foto: iStock/johnkellerman

Doch die Forderungen zum Thema „New Work“ der „Generation Z“ (alle 18- bis 25-Jährigen) gehen einigen Zukunftsforschern zufolge noch viel weiter: „Die klassische Karriere hat ausgedient, die Sinnfrage rückt in den Vordergrund. Die Grenzen zwischen Leben und Arbeiten verschwimmen im Alltag auf produktive Weise. Als Arbeit gilt künftig die Summe aller Beschäftigungen zu unterschiedlichen Lebensphasen.“ So fasst das „Zukunftsinstitut“ aus Frankfurt am Main, das sich seit 1998 mit Trend- und Zukunftsforschung beschäftigt, die Eckpunkte des durch den Sozialphilosophen Frithjof Bergmann geprägten Begriffs „New Work“ zusammen. 

Frithjof Bergmann: Der Vater des „New Work“

Der 1930 in Sachsen geborene, österreichisch- amerikanische Philosoph und Anthropologe Frithjof Bergmann gilt heute als Begründer und Vater der „New-Work“-Bewegung. 1949 gewann er kurz vor der Matura bei einem Wettbewerb der US-Botschaft in Österreich ein Studienjahr in Oregon, USA. Er verliebte sich in das Land der unbegrenzten Möglichkeiten und blieb auch nach Ablauf seines Studienjahres in den Vereinigten Staaten. Bergmann arbeitete als Tellerwäscher, Preisboxer, Bühnenautor und Fließbandarbeiter und lebte knapp zwei Jahre als Selbstversorger auf dem Land. Anschließend studierte er Philosophie an der renommierten Princeton University, promovierte über Hegel und nahm danach Lehraufträge an, unter anderem an der Stanford University.

 

Aus seinen Analysen über das klassische Lohnarbeitssystem entwickelte er ein Alternativmodell, dass er „New Work“ nannte. Bekannt wurde sein Konzept vor allem durch zahlreiche Publikationen wie „On Being Free“ (1977), „Neue Arbeit, Neue Kultur“ (2004) oder „Die Freiheit leben“ (2005). Seine Thesen: Die zentralen Werte der neuen Arbeitsform seien Selbstständigkeit, Freiheit und Teilhabe an der Gemeinschaft. Diese bestehe laut Bergmanns Entwürfen aus drei Teilen: Erwerbsarbeit, Selbstversorgung auf höchstmöglichem, technischem Niveau und das Feld der „Arbeit, die man wirklich, wirklich will“. Der Sinn-Aspekt der Arbeit würde an Bedeutung gewinnen, das Prinzip der traditionellen Lohnarbeit verliere an Bedeutung. Bergmann verstarb am 24. Mai 2021 im Alter von 91 Jahren. 

Work-Life-Blending und Kollaborationen

Das 1998 vom deutschen Publizisten und Trendforscher Matthias Horx gegründete Zukunftsinstitut lag in der Vergangenheit mit manchen Prognosen daneben, deutet aber in den Publikationen „Megatrend-Dokumentation“ und „Zukunftsreport 2023“ einige Veränderungen des Arbeitsmarktes an, die in einigen Ländern bereits Realität geworden sind: „Die rationale Leistungsgesellschaft des Industriezeitalters mit Überstunden, Konkurrenzkampf und Präsenzzeiten hat sich als nicht zukunftsfähig erwiesen. Der krisenbedingte Digitalisierungsschub fördert neue Arbeitsstrukturen, die von Work-Life-Blending, Kollaboration und Remote Work geprägt sind.“ 

Neue Arbeitsstrukturen braucht das Land – oder doch nicht? Foto: iStock/sonreir es gratis

Die Trennung von Arbeitszeit und Freizeit wird beim New Work dabei nicht aufgehoben. Vielmehr soll die Verschmelzung in vielen Bereichen alltägliche Probleme abfedern: So könnten zwei berufstätige Elternteile trotz Notbetrieb in der Kita flexibel arbeiten, Remote Work mit Laptop und Smartphone im Urlaub stünde der ständigen Erreichbarkeit in einer globalisierten Wirtschaft gegenüber.

„Es liegt natürlich an der veränderten Wertschätzung der Arbeit“, meint Matthias Böhmler, Geschäftsführer des Einrichtungshauses Böhmler in München. „Derzeit sind Privatleben und Freizeit wichtig, werden aber von vielen als lästig angesehen. Für mich persönlich ist Arbeit auch Erfüllung.“

Arbeit als Erfüllung, nicht als Pflicht ansehen

Genau diese Erfüllung und Sinnstiftung suchen auch die jungen Berufseinsteigerinnen und -einsteiger. Im ZDF-Online-Format „Unter Anderen“ wurde im Januar 2023 über „New Work“ diskutiert. Dabei wurden zusätzlich flache Hierarchien und transparente Gehälter als Bestandteile der modernen Arbeitswelt genannt.

 

Einem aktuellen Trendreport des niederländischen Personaldienstleisters Randstad zufolge wären 33 Prozent der Millennials und Generation Z lieber arbeitslos als unglücklich in ihrem Job. Auch soziale Verantwortung spiele für die junge Generation eine große Bedeutung, „50 Prozent der 18- bis 24-Jährigen würden einen Job nicht annehmen, wenn sich das Unternehmen nicht proaktiv für mehr Nachhaltigkeit einsetzt“, heißt es im Trendreport. Dem gegenüber steht eine zunehmende Personalnot, weil Betriebe ihre Stellen nicht besetzen können.

Fachkräftemangel und demografischer Wandel

Die Betriebe, die sich nicht bereits heute mit „New Work“, den veränderten Ansprüchen der Berufseinsteigerinnen und -einsteiger sowie den Möglichkeiten der Digitalisierung auseinandersetzen, werden früher oder später auf der Strecke bleiben. Wie die Industrie und Handelskammer München (IHK München) analysiert hat, fehlten in der bayerischen Wirtschaft bereits im Jahr 2022 rund 233.000 Arbeitskräfte. „Arbeitskräfte mit einer beruflichen Ausbildung werden hierbei dringend gesucht“, heißt es im „IHK Fachkräftemonitor Bayern“, der zuletzt im März 2022 aktualisiert wurde. 

Foto: iStock/PeopleImages

Bedingt durch den demografischen Wandel wird die Zahl der nicht besetzbaren Stellen laut „Fachkräftemonitor“ bis 2035 auf fast 1,3 Millionen Personen ansteigen, das entspricht etwa 22 Prozent. Die Corona-Pandemie hat die Engpässe – vor allem im Gesundheits- und Sozialwesen – noch einmal verschärft.

 

Von den rund 6,2 Millionen Arbeitskräften in Voll- und Teilzeit in Bayern sind rund 60 Prozent Fachkräfte mit Berufsausbildung, 13 Prozent Spezialisten mit zusätzlichen Spezialkenntnissen und einer Meister- oder Technikerausbildung oder einem Bachelor- Abschluss. Elf Prozent werden im „Fachkräftemonitor“ als „Experten“ bezeichnet. Meist haben sie eine Hochschulausbildung absolviert und sind auf komplexe Tätigkeiten in der Entwicklung und Forschung sowie auf Leistungs- und Führungsaufgaben vorbereitet. Mit den gestiegenen Qualifikationen steigen auch die Ansprüche an einen modernen Beruf und Arbeitsplatz.

Fiktion, Faire Jobs und Feierabendbier

Viele Denkanstöße, die aus dem „New Work“-Diskurs nach außen gelangen, werden auch in der breiten Masse diskutiert oder gefürchtet. Wie viele Arbeitsplätze wird die Künstliche Intelligenz (KI) schon bald überflüssig machen? Oder werden daraus auch neue Berufsfelder entstehen? Wer kann voraussagen, ob die Vier- Tage-Woche jemals flächendeckend eingeführt wird?

 

Ist der berühmte Aphorismus „Arbeite, um zu leben; aber lebe nicht, um zu arbeiten“ für die jungen Berufsanfängerinnen und -anfänger ohnehin längst überholt? Klar ist, dass das, was wir unter Arbeit verstehen, sich bereits in einem Wandlungsprozess befindet. Ob dieser so weit reicht, wie es manche „New Work“-Vertreter es sich wünschen, bleibt abzuwarten.

 

Klaas Tigchelaar

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