Süddeutsche Zeitung

Zyklon Yasi:Gründe für den Wirbel

Warmes Wasser, feuchte Luft, günstige Winde: "Yasi" ist durch eine Verkettung besonderer Umstände so stark geworden - auch der Klimawandel trägt Schuld daran.

Christopher Schrader

Eines zumindest ist gewiss: Yasi kommt nie wieder. Die exakte Mischung von Zufällen und Randbedingungen ist schließlich einmalig, die den tropischen Zyklon zu einem Sturm der höchsten Kategorie aufgeputscht und in Richtung australische Küste getrieben hat. Yasi dürfte dort so große Schäden anrichten, dass sein Name für immer aus dem australischen Register möglicher Sturmnamen gestrichen wird. Mit dem Anfangsbuchstaben Y verbleibt dann in der Liste nur noch Yvette.

Der tropische Zyklon hat auf seinem Weg zur Küste offenbar schon die Messstation Willis Island des australischen Wetterdienstes zerstört. Unterwegs hat er sich von der Kategorie drei auf die höchste Stufe verstärkt, Kategorie fünf. Seine Windböen erreichen also mindestens 280 Kilometer pro Stunde. "VERY DESTRUCTIVE", sehr zerstörerisch, der größeren Aufmerksamkeit halber in Versalien geschrieben, nennt die Regierung die zu erwartenden Winde. "Lebensbedrohlich" seien sie, sagt die Premierministerin des Bundesstaats Queensland, Anna Bligh: "Dieser Zyklon ist schlimmer als alles, was wir als Nation bewältigen mussten."

Die stärksten Böen seien zwischen den Städten Cairns und Ingham zu erwarten, warnte der Wetterdienst; sie liegen gut 200 Kilometer entlang der Küste auseinander. Yasi ist zudem so groß, dass betroffene Gebiete solche Windstöße drei bis vier Stunden lang ertragen müssen. Die Zone, über die immerhin noch "beschädigende Winde" fegen, erstreckt sich gar über gut 800 Kilometer, von Cape Flattery im Norden bis Sarina im Süden. Hier müssen sich die Bewohner auch auf überflutende Regenfälle einstellen - in Queensland, das in diesem Sommer schon gewaltige Überschwemmungen erlebt hat.

"Zyklon" ist dabei der in Australien und Südasien verwendete Name für die gewaltigen tropischen Wirbelstürme, die in Ostasien Taifune und in Amerika Hurrikane heißen. Der Mechanismus ihrer Entstehung ist stets ähnlich. Wenn die Oberfläche des Ozeans sehr warm ist - Sturmforscher nennen als Mindesttemperatur 26,5 Grad Celsius - und die Wolken in einigen Kilometern Höhe sehr viel kühler sind, dann steigt die warme Luft auf. Sobald die enthaltene Feuchtigkeit kondensiert, wird sehr viel Energie frei, die den Sturm antreibt. Das bestehende Tiefdruckgebiet intensiviert sich, Wind strömt von der Seite hinzu, die Erddrehung versetzt dem Ganzen einen kräftigen Spin.

Der beginnende Wirbelsturm verstärkt sich dann von selbst und zieht nach Westen sowie aus den Tropen in gemäßigtere Zonen: vor Australien also nach Südwest. Den genauen Kurs bestimmen unter anderem die großen Windfelder entlang seiner Zugbahn.

Seine besondere Kraft hat Yasi offenbar mehreren Umständen zu verdanken. Zum einen liegt der ganze Pazifik zur Zeit noch unter dem Eindruck von La Niña: Bei diesem wiederkehrenden Wetterphänomen kühlt der Osten des Pazifiks aus, der Westen heizt sich auf, die Luft wird feuchter und die Scherwinde nehmen ab. Wenn es in der Höhe aus einer anderen Richtung weht als an der Oberfläche, wird ein Zyklon in der Entstehung zerpflückt; insgesamt schafft La Niña also perfekte Bedingungen für einen Wirbelsturm.

Hinzu kommt, dass sich das Meer vor Australiens Küste offenbar durch den Klimawandel grundsätzlich erwärmt hat. Die Meeresoberfläche in der Korallensee, über dem Great Barrier Reef vor Queenslands Küste, war in den vergangenen Monaten teilweise mehr als zwei Grad wärmer als im langjährigen Mittel. Dieser Überschuss hat sich in der letzten Januarwoche zwar verflüchtigt, aber die Wasserschichten bis 150 Meter Tiefe, aus denen der Zyklon seine Energie gewinnt, enthalten noch reichlich Wärme, um Yasi zu einem Killer aufzupeitschen.

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SZ vom 03.02.2011/mcs
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