Zweifel an Gravitationswellen:Alles nur kosmischer Staub?

Vor drei Monaten verkündeten Astronomen, sie hätten Gravitationswellen aus der Zeit unmittelbar nach dem Urknall vermessen. Schnell wurde Kritik laut, die Daten ließen sich auch anders erklären. Jetzt räumen die Forscher Unsicherheit ein.

Von Christopher Schrader

Eine aufsehenerregende Nachricht aus der Physik verliert an Strahlkraft. Nach viel Kritik hat jetzt auch das Forscherteam, das vor drei Monaten von der Entdeckung von Gravitationswellen am Südpol berichtet hatte, die Möglichkeit eines Irrtums eingeräumt. Genau jenes Irrtums, den Kritiker schon kurz nach einer spektakulären Pressekonferenz im März benannt hatten.

Das Team vom Bicep2-Teleskop hatte sein Messgerät in der klaren, kalten Luft der Antarktis drei Jahre lang gen Himmel gerichtet und die kosmische Hintergrundstrahlung erfasst, eine Art leises Echo aus der Frühzeit des Universums. In dieser Strahlung gebe es eine unerwartet starke Polarisation, also eine charakteristische Ordnung der Schwingungsrichtung, so die Forscher. Sie interpretierten diese als Folge von Gravitationswellen, die unmittelbar nach dem Urknall entstanden seien. Damals habe sich der heiße Masseball plötzlich über die Maßen ausgedehnt und so Klümpchen im Inneren glatt gezogen.

Schnell wandten Kritiker ein, die Polarisation könne auch von interstellarem Staub kommen. Nein, erwiderten die Bicep2-Forscher, man habe in einer staubarmen Region gemessen; zum Beweis präsentierten sie eine Karte, die vom europäischen Weltraumteleskop Planck stammte, aber nicht veröffentlicht, sondern nur als vorläufige Version auf einer Konferenz gezeigt worden war.

Nun haben die Wissenschaftler ihre Bicep2-Messungen in einem regulären Forschungsaufsatz präsentiert, und verzichten dabei auf die Planck-Karte. In einer Fußnote heißt es, dadurch ergebe sich eine "nicht quantifizierbare Unsicherheit" für ihre Ergebnis. Man könne den Einfluss von Staub nicht ausschließen. Dennoch halten sie daran fest, die Gravitationswellen nachgewiesen zu haben; künftige Messungen könnten weitere Details klären, heißt es in ihrem Paper (Physical Review Letters, online.)

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