Zukunft des Weltklimarats:"Die Politik soll sich raushalten"

Der einflussreiche Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber plädiert für einen politisch unabhängigen Weltklimarat - und fordert den Chef des Gremiums zum Rücktritt auf.

Der einflussreichste deutsche Klimaforscher spricht sich dafür aus, den Weltklimarat der Vereinten Nationen (IPCC) von allen politischen Interessen zu befreien. Im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung fordert Hans Joachim Schellnhuber, der auch Kanzlerin Merkel berät, dass das bislang von den UN koordinierte Gremium nur von Wissenschaftlern geleitet wird.

Zukunft des Weltklimarats: Hans Joachim Schellnhuber gilt als einer der weltweit führenden Köpfe in der Klimaforschung. Er ist Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung und zudem Berater von Kanzlerin Angela Merkel.

Hans Joachim Schellnhuber gilt als einer der weltweit führenden Köpfe in der Klimaforschung. Er ist Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung und zudem Berater von Kanzlerin Angela Merkel.

(Foto: Foto: dpa)

Schellnhuber kritisiert die derzeitige Praxis, bei der die Mitglieder des IPCC "nicht strikt nach wissenschaftlicher Kompetenz ausgewählt werden", sondern unter Beteiligung von Regierungen.

Zudem plädiert der Klimaexperte dafür, dass sich der IPCC künftig ausschließlich auf Veröffentlichungen und Daten stützt, welche die strikte, in der Wissenschaft übliche Qualitätskontrolle durchlaufen haben - auch wenn das bedeuten würde, dass die "Weltklimaberichte kompakter und fragmentarischer wären und eben viele Fragen offen lassen müssten".

Schellnhuber, der das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung leitet, rät auch dem Vorsitzenden des Weltklimarats, Rajendra Pachauri, zum Rücktritt - nicht wegen einzelner Fehler im IPCC-Bericht, aber wegen Pannen bei der Kommunikation dieser Fehler.

"Kernaussagen nicht beeinträchtigt"

IPCC-Chef Pachauri und sein Gremium sind heftiger Kritik ausgesetzt, seit vor einigen Wochen eine Reihe von Fehlern im Bericht des Weltklimarats von 2007 zutage gefördert worden sind. Die Kernaussagen des IPCC seien aber "durch die Schlampereien nicht beeinträchtigt", sagt Schellnhuber.

Kritisch äußerte sich Schellnhuber gleichzeitig über die mitunter "bösartigsten Beschimpfungen" seitens der so genannten Klimaskeptiker, die versuchten, mit ihrer Kritik an den Fehlern die Klimaforschung insgesamt zu diskreditieren. "Warum bloß machen sich diese Leute die Interessen von Ölstaaten wie Saudi-Arabien zu eigen?", fragt Schellnhuber.

Gerade weden dieser Anwürfe und des generell prekären Verhältnisses zwischen Wissenschaft und Gesellschaft "muss die Forschergemeinschaft, sofern sie politisch relevant bleiben will, strengste Qualitätsstandards einhalten", mahnt der Potsdamer Klimatologe.

Gleichzeitig äußert Schellnhuber die Hoffnung, dass die gescheiterten Klimaverhandlungen vom vergangenen Dezember in Kopenhagen noch in diesem Jahr doch noch zu einem positiven Ergebnis kommen. "Die Verhandlungen werden in Cancún Ende 2010 fortgesetzt - bis dahin werden noch viele bilaterale und multilaterale Gespräche stattfinden. Möglicherweise gibt es doch noch ein globales Bekenntnis zum Klimaschutz", sagt Schellnhuber.

Zu einem Umbau des Weltklimarats hatten in den vergangenen Tagen bereits andere namhafte Klimaforscher geraten. Auch ein Rücktritt Pachauris wurde vielfach als notwendig angesehen, damit die im Grundsatz als gut bewertete Arbeit des IPCC nicht diskreditiert werde.

Das ausführliche Interview mit Hans Joachim Schellnhuber finden Sie in der Süddeutschen Zeitung vom 12.02.2010.

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