Zoologie-Zoom (2):Kraftprotze

Dieses Tier sucht seinesgleichen. Wäre es ein Mensch, könnte es ohne Hilfsmittel sechs Doppeldecker-Busse hinter sich herziehen.

21 Bilder

Mistkäfer, istock

Quelle: SZ

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Das stärkste Insekt

Ein männlicher Mistkäfer mit dem wissenschaftlichen Namen Onthophagus taurus ist laut einer aktuellen Studie das stärkste Insekt der Welt. Wie Rob Knel von der Queen Mary University of London und Leigh Simmons von der University of Western Australia herausfanden, kann der kräftige Käfer das 1141-fache seines Körpergewichts ziehen. Das entspräche 80 Tonnen oder sechs Doppeldecker-Bussen für einen 70 Kilogramm schweren Mann, heißt es in einem Beitrag für die Proceedings of the Royal Society B.

Die Studie verweist darauf, dass die Stärke der Käfer auch mit ihrem Sexualleben zu tun hat. Die weiblichen Tiere graben Tunnel unter Misthaufen, in denen Männchen sich mit ihnen paaren. Wenn der Tunnel bereits von einem Rivalen besetzt ist, kämpfen die Käfer mit ihren Hörnern gegeneinander, um den jeweiligen Nebenbuhler hinauszuwerfen. Auf diese Weise absolvieren sie ein regelrechtes Krafttraining.

Foto: istock

(AFP/beu)

Leben ohne innere Uhr: Wer das kann, erfahren Sie auf der nächsten Seite.

Rentier, ap

Quelle: SZ

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Getaktet vom Licht

Rentiere haben sich perfekt an das Leben am Polarkreis angepasst. Sie spreizen ihre Hufe, damit sie im Moorboden der Tundra nicht einsinken. Die Hohlhaare ihres Fells isolieren besonders gut.

Und sie haben offenbar die innere Uhr abgeschafft, berichten Forscher um Andrew Loudon von der Universität Manchester (Current Biology, online). Normalerweise steuert sie die Ausschüttung der Hormone im Tagesrhythmus; wichtig ist vor allem der Melatoninpegel für den Schlaf.

"Bei Rentieren hingegen scheint der Zeitgeber zu fehlen", sagt Loudon. Stattdessen reagiert die Melatonin-Produktion direkt auf Licht und Dunkelheit, ohne dass ein 24-Stunden-Rhythmus erkennbar wäre.

Womöglich wäre dieser im hohen Norden, wo wochenlange Polarnächte und Mitternachtssonne den Jahresablauf bestimmen, eher lästig.

Foto: AP (SZ vom 12.03.2010/cwb/gal)

Das Chamäleon hat selbst bei Kälte eine blitzschnelle Zunge - doch der Mechanismus hat einen Schönheitsfehler. Mehr dazu auf der nächsten Seite.

Chamäleon, getty

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Zungenkünstler

Chamäleons schnappen Insekten selbst dann noch in Sekundenbruchteilen, wenn ihre Muskeln wegen Kälte nur noch langsam funktionieren. Wie bei anderen wechselwarmen Tieren nehmen Kraft und Schnelligkeit der Chamäleons mit sinkender Körperwärme rasch ab. Doch ihre zum Insektenfang herausschnellende Zunge ist von diesem Effekt nur wenig betroffen, wie Forscher der University of South Florida beobachtet haben (PNAS, online).

Die Zunge bewege sich nicht durch Muskelkraft nach vorn, sondern durch die Entspannung des Kollagengewebes - vergleichbar mit einem Pfeil, der von der Sehne eines Bogens schnellt. Die Spannung im Gewebe wird zwar durch Muskelkraft erzeugt, kann aber in Ruhe vor dem Angriff aufgebaut werden. Soll die Zunge samt Beute wieder ins Maul zurück, muss das Chamäleon allerdings wieder seine langsamen Muskeln benutzen. Doch dann sitzt die Beute ja schon fest.

Foto: Getty Images

(SZ vom 9.3.2010/sukl/beu)

Bei den Mistkäfern ringen die Weibchen miteinander. Was das Ziel der imposanten Kämpfe ist, können Sie auf der folgenden Seite lesen.

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Quelle: SZ

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Krieg um Kot

Im Tierreich sind oft die Männchen mit Hörnern oder Geweihen bewaffnet, um damit das schönste Weibchen zu erobern. Unter Mistkäfern der Art Onthophagus sagittarius tragen hingegen die Weibchen das große Horn.

Wie Biologen der University of Western Australia entdeckten, kämpfen die Damen aber nicht etwa um attraktive Männchen, sondern um: die größte Kotkugel (Proceedings of the Royal Society B, online). Die Weibchen drehen aus Kuhdung kleine Bälle und legen jeweils ein Ei hinein. Je größer die Kugel ist, desto mehr hat die aus dem Ei schlüpfende Larve zu fressen und desto größer und fruchtbarer wird sie.

Die Biologen beobachteten die Kotkäfer-Damen wie sie um Dung kämpften und sich gegenseitig Mist und sogar fertig gedrehte Kugeln stahlen. Am erfolgreichsten waren jene mit dem größten Horn auf der Stirn.

Foto: Sean Stankowski

(SZ vom 4.3.2010/tiba/beu)

Was Forscher an elf treuen Fröschen erfreut, erfahren Sie auf der nächsten Seite.

Frosch

Quelle: SZ

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Die Treue der Frösche

Forscher haben erstmals nachgewiesen, dass es monogam lebende Amphibien gibt. Ein Team der East Carolina University untersuchte südamerikanische Pfeilgiftfrösche, bei denen beide Eltern gemeinsam für den Nachwuchs sorgen.

Ihre Kaulquappen wachsen in kleinen Tümpeln auf, die sich in Blatt-Trichtern von Bromelien bilden - beschützt vom Vater. Beginnen sie zu hungern, ruft dieser sein Weibchen herbei. Das füttert die Kleinen mit unbefruchteten Eiern. Nach der ersten Paarung scheinen die Partner einander treu zu bleiben. Um das zu verifizieren, untersuchten die Biologen das Erbgut von zwölf Froschpaaren und von einigen Kaulquappen-Generationen (The American Naturalist, online).

Elf Paare waren zusammen geblieben, nur ein Männchen hatte sich mit zwei Weibchen gepaart. Verwandte Froscharten leben dagegen promisk, die Väter übernehmen die Brutpflege. Dass gerade die Frösche dieser einen Art monogam sind, liegt den Forschern zufolge an ihren Lebensumständen. Die Nachkommen entwickeln sich in kleinen Tümpeln mit wenig Nahrung. Zum Überleben brauchen sie daher die Fürsorge beider Eltern.

Foto: istock

(SZ vom 24.2.2010/fdr/beu)

Was gefällt Finkenweibchen am Gesang der Männchen am besten? Die ernüchternde Antwort gibt es auf der kommenden Seite.

Zebrafinken, dpa

Quelle: SZ

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Tausendmal verzückt

Wie viele andere Singvögel suchen Zebrafinken-Weibchen ihre Paarungspartner auch nach dem Gesang aus. Dabei achten sie darauf, wie oft ein Männchen sein Ständchen darbietet, wie groß sein Repertoire ist oder wie lange ein Lied dauert. Nun haben Ornithologen entdeckt, dass daneben auch schiere Lautstärke eine Rolle spielt.

Forscher des Max-Planck-Instituts für Ornithologie in Seewiesen bei Starnberg hatten Finkenweibchen eine Art Stereoanlage installiert. Durch das Drücken von verschiedenen Tasten mit dem Schnabel konnten die Vögel Gesänge selbst abrufen. Zur Auswahl standen vier Lieder eines Männchens in unterschiedlicher Lautstärke.

"Manche Zebrafinken-Weibchen betätigten über 1000 Mal am Tag die Tasten", erläutert Mitautor Mathias Ritschard. Dabei pickten die Vögel sehr viel öfter auf die Taste für lauten Gesang als auf andere.

Die Forscher schlossen daraus, dass die Vogelweibchen laute Sänger bevorzugen. "Eine Erklärung dafür könnte sein, dass lauter Gesang die Neuronen im Gehirn der Weibchen stärker stimuliert und dadurch für die Weibchen attraktiver wird", vermutet Ritschard. Lautstärke könnte auch aus Zeichen gewertet werden, dass die Männchen kräftiger seien sich sich besser durchzusetzen könnten. Dies müsste aber noch untersucht werden.

Die Forschungsergebnisse veröffentlichte das Team um Henrik Brumm im Journal Animal Behaviour.

Foto: dpa

(sueddeutsche.de/dpa/beu)

Unerwartete Freigiebigkeit entdeckten Forscher im Kongo. Mehr dazu auf der folgenden Seite.

Bonobo, AP

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Spendable Bonobos

Affen handeln spendabler als mancher Mensch. In einem Experiment teilten sechs von sieben Tieren ihr Futter freiwillig mit einem anderen. Damit stellen Wissenschaftler von der Duke University eine alte Lehrmeinung in Frage: Die besagt, dass Tiere höchstens Verwandten oder Gruppenmitgliedern etwas von ihrem Futter abgeben.

Die Verhaltensforscher konnten nun zeigen, dass im Kongo lebende Bonobos - neben den Schimpansen unsere nächsten Verwandten - ihr Futter sogar mit Fremden teilen (Current Biology, online).

Die Forscher setzten je einem Affen eine reichliche Mahlzeit vor. Er hatte die Wahl, das Futter entweder alleine zu verputzen oder die Tür zu einem Nebenraum zu öffnen, die mit einem Keil verschlossen war. In diesem Raum saß, gut sichtbar, ein weiterer hungriger Bonobo. Bei mehrfacher Wiederholung ließen die Affen meistens ihren Artgenossen zu dem Futter, lange bevor sie es aufgefressen hatten. Ohne Anzeichen von Aggression teilten sie die Nahrung, obwohl die Affen nicht verwandt waren und nicht unbedingt zur selben Gruppe gehörten.

Foto: AP

(SZ vom 17.2.2010/fdr/beu)

Rennen und trotten zugleich? Das geht, zumindet bei einigen Savannenbewohnern. Mehr dazu auf der folgenden Seite.

Elefant, dpa

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Vorne rennen, hinten gehen

Man sagt, jemand läuft "grazil wie eine Gazelle"- und nicht "so elegant wie ein Elefant". Wenn die Kolosse durch die Savanne preschen, wirken sie eher schwerfällig. Biologen streiten schon länger darüber, ob die Tiere gehen oder rennen.

Nun haben Wissenschaftler um Norman Heglund von der belgischen Universität Löwen die Fortbewegung der Dickhäuter genauer untersucht. Dabei kamen sie zu dem Schluss, dass Elefanten eine Mischgangart nutzen: Während sie mit den Vorderbeinen rennen, gehen sie mit ihren Hinterbeinen (Journal of Experimental Biology Bd.213, S.694, 2010).

Sie ließen 34 asiatische Elefanten mit einer Höchstgeschwindigkeit von 18 Kilometern pro Stunde über Metallplatten laufen. Dabei maßen Elektrosensoren die Kraft, mit der die Füße der Tiere auf dem Boden auftrafen. Mit Hochgeschwindigkeitskameras analysierten die Forscher den Bewegungsablauf.

"Es ist, als ob ein Elefant vom Gehen ins Rennen wechseln möchte, es aber nicht schafft, in den zweiten Gang zu schalten", sagt Heglund. Sogenannte Flugphasen wie bei rennenden Hunden gibt es bei Elefanten nicht. Sie bleiben immer mit mindestens einem Bein auf dem Boden. Der Gang der Elefanten ist zwar eigenartig, aber kraftsparend.

Foto: dpa Text: SZ vom 15.02.2010/fdr/gal

Die Federn der Alkenvögel sind nicht nur schön, sondern auch nützlich - vor allem in der Nacht. Mehr dazu auf der nächsten Seite.

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Quelle: SZ

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Schnurrfedern

Alkenvögel tasten mit ihren Federn, ähnlich wie Katzen mit ihren Schnurrhaaren. Die Vögel nisten in Felsspalten, in die nur wenig Licht dringt. Um heraus zu finden, wie sich die Tiere darin orientieren, setzten Wissenschaftler der University of British Columbia einige Vögel in Labyrinthe, die ihren Nistplätzen nachempfunden waren. Dann beobachteten sie, wie oft sich die Alkenvögel im Dunkeln den Kopf anstießen.

Anschließend drückten sie ihnen ihre Kopffedern platt - die Tiere prallten etwa zweieinhalb mal so oft gegen Hindernisse. Besonders oft stießen sich diejenigen Vögel den Kopf an, die von Natur aus sehr lange Federn hatten. Anscheinend verließen sich diese noch mehr auf ihre Tastfedern.

Auch andere Vögel verfügen offenbar über diese Fähigkeit. Die Forscher verglichen die Lebensweise Tausender Vögel und achteten darauf, ob diese abstehende Federn im Gesicht haben. Ein klares Muster zeichnete sich ab: Nachtaktive, höhlenbrütende Vögel und solche, die in gedrängten Kolonien leben, tragen oft auffällige Federn. Bisher glaubten Biologen, der Federschmuck habe sich etabliert, weil Vogelmännchen damit erfolgreich um Partnerinnen buhlen. Doch offenbar dienen die Federn einem weiteren Zweck.

Foto: Jones/Seneviratne

(SZ vom 10.2.2010/fdr/beu)

Wer mit dem Wind tanzt, erfahren Sie auf der kommenden Seite.

Schmetterling, ddp

Quelle: SZ

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Die mit dem Luftstrom fliegen

Nicht nur Vögel wandern im Herbst gen Süden, auch Schmetterlinge wie die Gammaeule reisen in wenigen Tagen Tausende Kilometer weit. Wie die Wanderfalter das schaffen, war Biologen lange ein Rätsel.

Jetzt zeigen britische Forscher um Jason Chapman im Fachmagazin Science, welche Tricks Schmetterlinge nutzen. Sie scheinen stets im Zentrum eines Luftstroms zu fliegen, der in die richtige Richtung fließt. Die geeignete Wetterlage für ihre Reise von England nach Nordafrika erspüren sie offenbar im Voraus.

Für den Heimflug brauchen die Falter Südostwind, eine Seltenheit in diesen Breiten; doch genau im rechten Moment brechen sie in großen Schwärmen auf. Unterwegs passen sie ihre Flughöhe daran an, wo der Wind am stärksten und in die beste Richtung weht. Passt sie nicht ganz, korrigieren sie ihren Kurs, indem sie schräg zum Wind fliegen.

Das gelingt ihnen nur, wenn der Wind nicht deutlich stärker weht, als Falter fliegen können - mit etwa 20 Kilometern pro Stunde. Bläst der Wind günstig und schnell, können die Tiere auch 100 Stundenkilometer erreichen. Dann sind sie schneller unterwegs als manche Zugvögel.

Seit dem Jahr 2000 verfolgen die Wissenschaftler die Wanderungen der Insekten mit zwei Radarmessstationen in England. Diese Daten verglichen sie mit Computersimulationen, die Luftströmungen in der Atmosphäre zeigen. "Die Insekten haben eine erstaunliche Fähigkeit entwickelt, Wind zu nutzen", sagt Chapman. Sie erreichen ihr Ziel doppelt so schnell wie es mit einem reinen Treiben im Wind zu erklären wäre.

Foto: ddp (SZ vom 05.02.2009/fdr/gal)

Noch mehr erstaunliche Hinweise auf die Großzügigkeit von Menschenaffen können Sie auf der nächsten Seite lesen.

Schimpanse, dpa

Quelle: SZ

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Affenhilfe

In Freiheit sind Schimpansen unter Artgenossen deutlich hilfsbereiter als im Zoo. Forscher vom Leipziger Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie haben im Taï-Nationalpark in der Elfenbeinküste beobachtet, wie 18 verwaiste Schimpansen von anderen Tieren der Gruppe adoptiert wurden; die Hälfte davon von Männchen.

Dies stehe im Widerspruch zu Beobachtungen von Zootieren, berichten die Anthropologen im Journal PLoS ONE. In Zoos sei festgestellt worden, dass die Tiere nur äußerst begrenzt kooperieren oder teilen. Die Fähigkeit zu uneigennütziger Hilfsbereitschaft unter nicht verwandten Gruppenmitgliedern werde seit einiger Zeit ausschließlich den Menschen zugestanden, schreiben die Forscher.

Die überraschenden Beobachtungen unserer nahen Verwandten aus dem Tierreich erklärt das Team mit den großen Gefahren in freier Wildbahn. "Dass im Zoo lebende Schimpansen ihre Nahrung nicht miteinander teilen ist nicht überraschend, da alle Tiere stets wohlgenährt sind", heißt es. Unter natürlichen Bedingungen gebe es hingegen viele Situationen, in denen das Überleben eines Schimpansen von der Hilfsbereitschaft einzelner Gruppenmitglieder "begünstigt" werde.

Eine weitere Beobachtung stützt diese These: Im westafrikanischen Taï-Nationalpark wurden mehr Adoptionen beobachtet als bei Schimpansen, die in Ostafrika leben. Grund dafür ist möglicherweise, dass die Taï-Schimpansen ihren Lebensraum mit vielen Leoparden teilen. "Die ständige Bedrohung durch diese Großkatzen scheint den Zusammenhalt und die Solidarität innerhalb der Gruppe gefördert zu haben", schreiben die Leipziger Forscher.

Foto: dpa Text: dpa/gal

Warum männliche Putzerfische ihre Weibchen bestrafen, lesen Sie auf der nächsten Seite.

Putzerfisch, Reuters

Quelle: SZ

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Zweifelhafte Moral

Putzerfische leben von der Körperpflege. Andere Meeresbewohner kommen als Kunden zu ihnen, um sich Parasiten vom Körper, von den Flossen und aus dem Maul fressen zu lassen. Am besten läuft das Geschäft als Familienbetrieb, bei dem je ein Männchen und ein Weibchen die Kundschaft gleichzeitig bedienen. Die Kunden schwimmen dort oft Schlange; sie scheinen zu wissen, dass der Service besser ist.

Die Verhaltensbiologen Nichola Raihani und Redouan Bshary haben nun herausgefunden, dass die Pflegefische im Paarverbund ihre Kunden schonender behandeln. Der Grund: Das Männchen bestraft sein Weibchen, wenn dieses sich einen Bissen aus der leckeren Schleimschicht des Klienten genehmigt, statt brav nur die Parasiten abzuraspeln (Science, Bd.327, S.171, 2010).

Eigentlich schmeckt Putzerfischen nämlich das Gewebe ihrer Kunden besser als deren Parasiten. Allerdings riskieren sie, durch zu viele Bisse die Kundschaft zu vergraulen. Die Forscher haben nun beobachtet, dass männliche Putzerfische das kleinere Weibchen aggressiv herumjagen, wenn es einen Kunden gebissen und vergrätzt hat.

Nach einer solchen Bestrafungsaktion beherrscht sich das Weibchen beim nächsten Kunden. Davon profitiert vor allem das Männchen, da der Kunde länger bleibt, sodass es selbst öfter mal ein Stück aus ihm herausbeißen kann; beide Putzerfische können außerdem mehr Parasiten fressen.

Aus diesen Beobachtungen lässt sich nach Ansicht der Wissenschaftler auch einiges über menschliches Verhalten lernen. "Die Situation, dass eine Person A eine Person B betrügt und eine auf den ersten Blick unbeteiligte Person C eingreift, gibt es beim Menschen andauernd", sagt Bshary. In Experimenten ist C sogar bereit, Geld zu bezahlen, wenn dafür A bestraft wird.

Verhaltensbiologen können sich nicht recht erklären, wie sich ein solches Verhalten im Lauf der Evolution durchsetzen konnte, da es keinen unmittelbaren Vorteil bringt. "Unsere Experimente mit den Putzerfischen zeigen, dass der scheinbar selbstlose Rächer durchaus aus egoistischen Gründen handeln kann", sagt Bshary. Auf Menschen übertragen könnte Person C insgeheim vermeiden wollen, selbst Opfer von Betrüger A zu werden, sollte dieser ungestraft davonkommen.

Foto: Reuters (Text: SZ vom 08.01.2010/tibar/gal)

Warum Riesenkröten sich so aufblasen, lesen Sie auf der nächsten Seite.

Riesenkröte, Reuters

Quelle: SZ

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Aufgeblasene Weiber

Riesenkröten-Weibchen können sich ernorm aufblasen, um sich zu kleine Männchen vom Leib zu halten. Indem sie Körpersäcke mit Luft füllen, schütteln die Kröten zu klein geratene Männchen ab, wenn sie sich an ihren Rücken festklammern. Wie australische Forscher im Wissenschaftsblatt British journal Biology Letters berichteten, dient dieses Verhalten zum Auswählen eines erfolgreichen Geschlechtspartners. Der Befruchtungsvorgang ist bei ungefähr gleichgroßen Kröten am aussichtsreichsten.

Die Wissenschaftler vermuten, dass diese Möglichkeit auch bei anderen Kröten- und Froscharten verbreitet sein könnte. Der Forscher Benjamin Phillips von der Universität Sydney und zwei Kollegen hatten sich ursprünglich mit dem Aufblasen der in Australien weit verbreiteten Riesenkröten (Bufo marinus) beschäftigt, wenn diese von Feinden bedroht werden. Dabei bemerkten sie, dass die Weibchen sich auch in Paarungszeiten größer machen.

Foto: Reuters (AFP vom 5.1.2009/beu)

Weibliche Wolfsspinnen gehen noch weniger zimperlich mit einigen Männchen um. Mehr dazu lesen Sie auf der nächsten Seite.

Wolfspinne, istock

Quelle: SZ

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Geschmacksfragen

Weibliche Wolfspinnen verzehren ihre Partner nach der Paarung nur gelegentlich. Zwei von drei sexuellen Begegnungen überlebt das Männchen. Shawn Wilder und Ann Rypstra von der Miami University in Ohio, veröffentlichen in der Fachzeitschrift Oecologica eine mögliche Erklärung, warum weibliche Spinnen der Art Hogna helluo ihre Partner nicht immer auffressen.

Die Männchen bieten nicht ausreichend Nährstoffe und schmecken wohl auch nicht besonders. Frisst eine Wolfspinne ihren Partner, verzehrt sie im Schnitt nur 51 Prozent des Körpers. Bei Grillen - ihrer bevorzugten Beute - nimmt sie hingegen 72 Prozent zu sich. Zudem enthalten Grillen wesentlich mehr Fettsäuren als die männlichen Wolfspinnen. Die Weibchen fressen ihren Partner nach der Paarung wohl nur, wenn sie völlig ausgehungert sind.

Foto: istock

(SZ vom 22.12.2009/sehe/beu)

Über die erstaunlichen Hirne der Nackmulle erfahren Sie mehr auf der folgenden Seite.

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Quelle: SZ

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Kopf-Künstler

Nacktmulle gelten als besonders hässliche Tiere. Doch nun ist es an der Zeit, den Nagern ein Kompliment zu machen. Das Lob stammt von John Larson und Thomas Park von der University of Illinois in Chicago: Das Hirngewebe der Tiere vollbringt erstaunliche Leistungen. Demnach kann das Gehirn eines Nacktmulls bis zu einer halben Stunde unbeschädigt ohne Sauerstoff auskommen (NeuroReport, Bd.20, S.1634, 2009).

Diese Erkenntnis könnte helfen, neue Ansätze für die Behandlung von Patienten zu finden, bei denen das Hirngewebe durch Sauerstoffmangel geschädigt wurde - etwa aufgrund eines Schlaganfalls.

Für gewöhnlich reagieren die Gehirne von Säugern äußerst empfindlich und mit irreversiblen Schäden auf Sauerstoffmangel. Nacktmulle aber leben unter extremen Bedingungen. Ihre Kolonien liegen in engen, unterirdischen Bauten, in denen die Luft häufig viel Kohlendioxid, aber kaum Sauerstoff enthält. Jedes andere Säugetier würde dort rasch massive Hirnschäden davontragen.

Foto: dpa

(SZ vom 2.12.2009)

Welche Botschaft Affen durch den Ringfinger übermitteln, erfahren Sie auf der folgenden Seite.

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Quelle: SZ

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Langfinger

Männer, deren Ringfinger länger ist als ihr Zeigefinger gehen angeblich öfter fremd als andere. Zumindest bei Affen haben Biologen jetzt nachgewiesen, dass es tatsächlich einen solchen Zusammenhang gibt (American Journal of Physical Anthropology, online).

Demnach paaren sich Rhesusaffen- und Pavian-Männchen mit vielen verschiedenen Weibchen und sind außerdem aggressiver. Bei ihnen ist der vierte Finger deutlich länger als der zweite.

Menschenaffen wie Orang-Utans und Schimpansen sind kooperativer und toleranter, was sich in einem weniger ausgeprägten Längenunterschied der beiden Finger widerspiegelt. Ursache sind unterschiedliche Konzentrationen männlicher Sexualhormone, denen Föten im Mutterleib ausgesetzt sind. Sie beeinflussen sowohl die Finger als auch das Sozialverhalten.

Foto: AP

(SZ vom 10.11.2009/tiba)

Woher weiß der Vogel, wo es lang geht? Mehr dazu auf der nächsten Seite.

Rotkehlchen, Vogel, dpa

Quelle: SZ

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Mit Vogelblick

Wissenschaftler der Universität Oldenburg haben das Geheimnis der Orientierung von Vögeln gelüftet. Wie die Forscher im Wissenschaftsjournal Nature mitteilten, entdeckten Sie das Hirnareal, mit dessen Hilfe Vögel das Magnetfeld der Erde zur Navigation benutzen. Die Forscher werten ihre Erkenntnisse als Meilenstein, weil die Mechanismen der Magnetfeldwahrnehmung bislang als unerklärlich galten.

Nach Angaben des Biologen Henrik Mouritsen weiß man seit 40 Jahren, das Vögel sich am Magnetfeld der Erde orientieren. Nun habe seine Arbeitsgruppe nachweisen können, dass sich Rotkehlchen nicht nur am Neigungswinkel des Erdmagnetfelds um den Erdball orientieren. Sie können dieses Feld mit Hilfe einer Hirnregion mit Namen "Cluster N" regelrecht sehen.

Diese Region sei ein Teilbereich des Sehzentrums. Mit großer Wahrscheinlichkeit gebe es dort ein lichtsensitives Molekül, das von dem Magnetfeld beeinflusst werde, sagte Mouritsen. Die Arbeitsgruppe führte den Nachweis, indem sie den "Cluster N" chemisch außer Funktion setzte. Dies führte dazu, dass die Vögel ihren magnetischen Kompass nicht mehr nutzen können. Die Orientierung an Sonne und Sterne bleibt hingegen unbeeinträchtigt.

Foto: dpa (Text: AP/gal)

Welchen erfolgreichen Netzwerker Wissenschaftler in Südamerika entdeckt haben, lesen Sie auf der nächsten Seite.

Seidenspinne

Quelle: SZ

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Spinnen-Ingenieure

Seidenspinnen sind die Ingenieure unter den Spinnen. Die Tiere der Gattung Nephila fabrizieren die größten Netze im Spinnenreich. Die Gebilde haben mitunter einen Durchmesser von mehr als einem Meter. Wissenschaftler um den Biologen Matjaž Kuntner von der Slowenischen Akademie der Wissenschaften beschreiben nun im Fachmagazin PLoS One (online) die bislang größte bekannte Seidenspinne.

Nephila komaci lebt in Südafrika und auf Madagaskar. Die Weibchen der Art gelten mit ihrer Körpergröße von knapp vier Zentimetern und einer Beinspannweite von zehn bis zwölf Zentimetern als die größten Spinnen überhaupt, die Netze konstruieren. Die Männchen erreichen maximal ein Fünftel der Körpergröße. Kuntner entdeckte Nephila komaci erstmals in einer Spinnen-Sammlung in Pretoria.

Später tauchte auch im Naturhistorischen Museum Wien ein Exemplar auf, das zu keiner bis dato beschriebenen Nephila-Art passte. Erst als das Team in der Wildnis Südafrikas lebende Exemplare fand, stand fest, dass es sich tatsächlich um eine neue Art handelte.

Foto: M. Kuntner

(SZ vom 21.10.2009/sehe/beu)

Netzwerker der anderen Art präsentieren wir Ihnen auf der folgenden Seite.

Tüpfelhyäne, dpa

Quelle: SZ

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Talent zur Zusammenarbeit

Tüpfelhyänen sind bessere Teamworker als Schimpansen. Menschenaffen müssen oft lange üben, wenn sie ein Problem lösen sollen, das Zusammenarbeit erfordert. Hyänen verstehen es dagegen von selbst, wenn sie kooperieren müssen, um ans Ziel zu gelangen (Animal Behavior, online).

Christine Drear von der University of California in Berkeley testete jeweils zwei Tiere in einem Käfig, in dem in etwa anderthalb Metern Höhe ein Brett mit Futter hing. Von dem Brett baumelten zwei Seile. Nur wenn die Tiere gleichzeitig an jeweils einem davon zogen, fiel das Fressen herunter.

Die ersten beiden Test-Hyänen brauchten nur zwei Minuten, um das Problem zu lösen, obwohl sie nie zuvor eine derartige Konstruktion gesehen hatten. Wahrscheinlich können die Tiere Aufgaben, die Teamarbeit erfordern so gut lösen, weil sie auch beim Jagen in freier Wildbahn kooperieren müssen.

Foto: dpa (SZ vom 01.10.2009/tiba/gal)

Welche Tiere empfänglich für Melodien und Harmonien sind, lesen Sie auf der nächsten Seite.

Liszt-Affen, dpa

Quelle: SZ

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Wer hat die Kokosnuss geklaut?

Affen reagieren deutlich auf Musik. Das haben zwei amerikanische Wissenschaftler bei einer Studie mit Liszt-Affen gezeigt. Die in Südamerika beheimateten Primaten ließen deutliche Anzeichen von Furcht erkennen, wenn ihnen die Forscher Musik vorspielten, die Phrasen enthielt, wie sie die Affen verwenden, um ihre Artgenossen zu warnen.

Über ihre Versuche berichten der Psychologe Charles Snowdon von der Universität Wisconsin und der Musikprofessor David Teie von der Universität Maryland im Fachblatt Biology Letters. Teie, der auch Cellist am National Symphony Orchestra ist, komponierte für die Studie kurze Stücke. Er verwendete darin Tonfolgen und Rhythmen, die er Aufnahmen von den Lauten der Tiere entlehnte.

Von menschlicher Musik zeigten sich die Affen zwar gänzlich unbeeindruckt. Die Forscher vermuten dennoch, dass die emotionalen Grundformen von Musik und Tierlauten sehr ähnlich sein könnten. Tonfolgen, Rhythmik und die Geschwindigkeit spielten bei Mensch und Tier eine wichtige Rolle dabei, emotionale Zustände akustisch zu kommunizieren.

Zwei Tonbeispiele der Musik für Affen sind zu hören unter: www.news.wisc. edu/newsphotos/musical_monkey09.html

Foto: dpa (SZ von 02.09.2009/ma/gal)

Auf der nächsten Seiten lesen Sie, warum Blattläuse eine erstaunlich große genetische Vielfalt haben - obwohl sie selten Sex haben.

Blattläuse, ddp

Quelle: SZ

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Wenig Sex - explosive Vermehrung

Die Blattlaus kann laut neuesten Erkenntnissen ihre genetische Vielfalt sichern und sich an Abwehrgifte anpassen, obwohl sie sich jährlich nur einmal sexuell fortpflanzt. "Umgerechnet auf den Menschen würde das einmal Sex pro 400 Jahre bedeuten. Für unsere Evolution wäre das ein Desaster", schreibt Atlant Bieri vom Institut für Umweltwissenschaften der Universität Zürich in seiner am Montag veröffentlichten Untersuchung.

In der übrigen Zeit bringt das Weibchen täglich bis zu zehn Klone auf die Welt. Die Blattlaus richtet weltweit Milliardenschäden an Nutzpflanzen an. "Die Kombination aus ein bisschen Sex und explosiver Vermehrungsrate macht Blattläuse zur den erfolgreichsten Schädlingen der Welt", bilanziert Bieri. So produzieren die Weibchen nur im Herbst eine Generation von Männchen, die sich ganz normal mit den Weibchen paaren.

Nur auf diese Weise können sich Gene zu neuen zufälligen Kombinationen verbinden und Resistenzen gegen Gifte bilden. In der übrigen Zeit bringen die Weibchen täglich bis zu zehn lebende identische Klone zur Welt. Obwohl sich damit aber laut Bieri nur ungefähr jede 20. Generation sexuell fortpflanzt, zeigen die kleinen Blattsauger eine unerwartet große genetische Vielfalt und machen auch vor Nutzpflanzen mit erhöhter Blattlausresistenz nicht Halt. Dies erschwert die Bekämpfung des Schädlings zusätzlich.

Bieri zog für seine Studien den Rohrschwingel heran und setzte darauf Getreideblattläuse aus. Die Hälfte der Proben war mit einem Pilz befallen, mit dem sich das weit verbreitete Gras gegen Fressfeinde wie Blattläuse wehrt. Erwartungsgemäß ging es den meisten Blattläusen auf dem pilzbefallenen Gras schlecht: Sie entwickelten sich langsamer, produzierten weniger oder gar keine Nachkommen und verendeten früher.

Einigen von ihnen ging es allerdings wesentlich besser, obwohl sie mit dem Pflanzensaft einen Cocktail aus Pilzgiften aufsaugten. Sie überwanden also nicht nur das Gift, sondern passten sich auch noch rasch daran an, was üblicherweise nur mit einer über viele Generationen dauernden sexuellen Fortpflanzung gelingt.

Die Ergebnisse der Studie wurden im Journal of Evolutionary Biology publiziert.

Foto: ddp/Erbsen- und BohnenblattläuseText: AP/gal/bön

Weitere erstaunliche Erkenntnisse über das Verhalten von Tieren finden Sie im ersten Zoologie-Zoom auf der nächsten Seite.

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