Zoologie:Wenn der Frosch am Reck turnt

Zoologie: Ein Teufelskerl: Kermit am Reck - ganz ohne Magnesia.

Ein Teufelskerl: Kermit am Reck - ganz ohne Magnesia.

(Foto: Mick Tsikas/dpa)

Müssen die Tiere auf einem Zweig landen, ist vom Bauchplatscher bis zur einarmigen Riesenfelge alles geboten.

Von Andrea Hoferichter

Frösche können nicht nur weit springen. Sie beherrschen auch akrobatische Landemanöver - sofern sie in Bäumen oder Büschen zu Hause sind. Springen sie einen Zweig an, vollführen manche eine einarmige Riesenfelge wie ein Reckturner, andere landen mit einem clownesken Bauchklatscher. Haftscheiben am Zeh helfen dabei, berichten Forscher der Universität Kiel im Journal of Comparative Physiology A.

"Es gibt unzählige Studien darüber, wie Frösche abspringen und ein paar dazu, wie sie auf ebenen Flächen landen", sagt Projektleiter Thomas Kleinteich. Doch mit welchen Landemanövern die Amphibien das Landen auf Zweigen meistern, war bisher unbekannt. Dabei lebt etwa jede vierte Froschart in Sträuchern oder Baumkronen, zum Teil in mehr als zehn Meter Höhe.

Um das Geheimnis zu lüften, untersuchten Kleinteich und die Studentin Nienke Bijma die Landetechniken von vier bunt gefleckten, streichholzschachtelgroßen Baumhöhlen-Krötenlaubfröschen, einer Art, die in Südamerikas Regenwäldern zu Hause ist.

Der Druck auf die Froschorgane ist hoch

Zunächst bauten die Biologen eine Art Reck für ihre quakenden Probanden auf. Sie schraubten eine bleistiftdicke Holzstange an ein Stativ und stellten in 25 Zentimeter Entfernung einen Hocker auf. Darauf setzten sie jeweils einen der Frösche und stupsten ihn an den Hinterbeinen an. Der Frosch sprang, flog und landete auf der Stange. Den Start- und Landevorgang nahmen die Biologen mit einer Hochgeschwindigkeitskamera auf.

Auf den Bildern sahen sie, wie die Frösche im Sprung alle viere von sich streckten. "Das stabilisiert die Flugbahn", erklärt Kleinteich. Manchmal sprangen die Tiere den Stock frontal an und blieben schlicht mit dem Bauch hängen, bevor sie Halt fanden. "So ist es einfacher, den Stock zu treffen, aber der Druck auf die inneren Organe ist sehr hoch", kommentiert Kleinteich.

Die Variante der Riesenfelge verlangte indes den Zehen der Frösche einiges ab. Mit nur einem Zeh am Stab konnten die Tiere ihren Flug stoppen, und dabei das bis zu Vierzehnfache ihres Körpergewichts halten. Das ist mehr, als die Biologen vermutet haben und funktioniert dank einer kreisrunden Haftscheibe, mit der jeder Froschzeh bestückt ist. Die Scheibe hat eine bienenwabenartige Struktur mit flüssigkeitsgefüllten Zwischenräumen, die wie Kapillaren wirken. "Sie bleibt an dem Stock kleben wie ein feuchtes Haushaltstuch an einer Fensterscheibe", erklärt Kleinteich.

Bauchklatscher oder Riesenfelge bevorzugt?

Ein zweites erstaunliches Phänomen: Beim Anflug zur Riesenfelge drehten sich die Amphibien zunächst parallel zum Stäbchen. "Wie können sie in der Luft so ein Drehmoment entwickeln?", fragt Kleinteich. Schließlich hätten sie, anders als Flug- oder Eichhörnchen, keinen Schwanz zur Steuerung. Das zu klären, sei Stoff für weitere Untersuchungen.

Ob ein Frosch Bauchklatscher oder Riesenfelge bevorzugt, hängt womöglich auch vom Körpergewicht ab. Die beiden schwereren der vier Testfrösche jedenfalls landeten besonders oft mit Bauchhilfe, heißt es in der Studie. Eine gute Körperbeherrschung ließ sich aber allen Probanden attestieren. Sie absolvierten Dutzende Landungen - ohne einen Absturz.

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