Zoologie:Ehekrach unter Primaten

Zoologie: Wenden schon auch mal Gewalt an, um ihren potenziellen Konkurrentinnen die Fortpflanzung zu verleiden: Bärenpavian-Weibchen.

Wenden schon auch mal Gewalt an, um ihren potenziellen Konkurrentinnen die Fortpflanzung zu verleiden: Bärenpavian-Weibchen.

(Foto: Schalk van Zuydam/AP)

Wenn sich Pavian-Väter um ihren Nachwuchs kümmern, kann das richtig Stress in der Affenhorde verbreiten. Die Mütter kontrollieren dann genau, wem sich die Männchen nähern.

Von Katrin Blawat

Es ist ja schön und gut, wenn sich der Vater mit um die Kinder kümmert. Doch was passiert, wenn er den Nachwuchs mehrerer Partnerinnen gleichzeitig zu versorgen hat? Dann bleiben ihm für jedes einzelne der Kleinen weniger Zeit und Energie, weil er sich womöglich schon beim Nachwuchs einer anderen Partnerin verausgabt hat. Aus Sicht eines Bärenpavian-Weibchens gibt es eine probate Lösung für dieses Problem: Es gilt zu verhindern, dass Geschlechtsgenossinnen vom eigenen Partner schwanger werden. Die Wahrscheinlichkeit dessen ist nicht zu unterschätzen, denn Bärenpaviane sind promisk. Doch die Weibchen dieser Spezies kennen ein wirksames Mittel, um ihren potenziellen Konkurrentinnen die Fortpflanzung zu verleiden: Gewalt, physische wie psychische. Einsichten in diese Abgründe im Familienleben der Primaten haben Biologen um Elise Huchard von der Université de Montpellier gewonnen, als sie wilde Bärenpaviane in Namibia beobachteten (Proceedings B).

Dabei wirken einige Punkte der Rollenverteilung dieser Tiere durchaus fürsorglich. So werden eine Mutter und deren Nachwuchs von einem Männchen beschützt - meist handelt es sich dabei um den Vater der Jungen. Er verteidigt die Kleinen zum Beispiel gegen Angriffe von anderen Gruppenmitgliedern und gewährt ihnen Zugang zu begehrten Futter- und Rastplätzen. Vor allem ranghohe Männchen übernehmen diese Aufgaben oft für die Nachkommen mehrerer Weibchen gleichzeitig. Aus evolutionärer Sicht wirkt der Einsatz der Männchen zunächst überraschend, schließlich können sie sich wegen der promisken Lebensweise nicht einmal ihrer Vaterschaft für die umsorgten Jungen sicher sein. Und Energie in fremden Nachwuchs zu investieren, gilt unter evolutionären Gesichtspunkten gemeinhin als Verschwendung. Wie jedoch jüngere Studien mit einigen Pavian-Arten und Makaken gezeigt haben, kann sich ein Männchen diese Fürsorge durchaus leisten, wenn Aufwand sowie Risiken überschaubar bleiben und die künftigen sexuellen Aktivitäten des Männchens nicht beeinträchtigt werden.

Interessierte er sich für eine andere, reagierten die Weibchen mit Drohgebärden und Gewalt

Genau darin liegt jedoch das Ziel seiner bisherigen Partnerin, wie die Studie zeigt. Huchard und ihrem Team zufolge verhielten sich trächtige Bärenpavian-Weibchen sowie solche, die bereits Nachwuchs hatten, auffallend aggressiv gegenüber empfängnisbereiten Geschlechtsgenossinnen. Dabei war allerdings nicht jedes Weibchen gleichermaßen Ziel der Angriffe. Besonders unter Druck gerieten jene Weibchen, die viel Zeit mit dem Partner der Aggressorin verbrachten. Zum Teil störte ein Weibchen direkt die Kopulationsversuche. In anderen Fällen schüchterte es seine Konkurrentin durch Drohgebärden aus der Ferne ein. Was aus menschlicher Sicht wie pure Eifersucht wirkt, hatte messbare Folgen: Die Angriffe verringerten die Wahrscheinlichkeit, dass das attackierte Weibchen trächtig wurde oder sich dessen Nachwuchs normal entwickelte.

Dass ein Weibchen starken Druck auf Geschlechtsgenossinnen ausübt, um deren Fortpflanzung zu verhindern, war bisher vor allem von Säugetieren wie den Nacktmullen bekannt. Diese Tiere leben in großen Kolonien aus bis zu 300 Individuen. Bei ihnen bekommt nur das ranghöchste Paar der Gruppe Nachwuchs; die vielen übrigen Weibchen werden oft nicht einmal geschlechtsreif. Bärenpavian-Weibchen wenden das Prinzip der sogenannten reproduktiven Suppression zwar nicht ganz so strikt an wie Nacktmulle. Doch ihr Ziel dürfte das Gleiche sein: sich alle Fürsorge eines Männchens sowie jede andere verfügbare Ressource für den eigenen Nachwuchs zu sichern.

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