Süddeutsche Zeitung

Zoologie:Es müssen nicht immer Streifen sein

Das Fell von Zebras schreckt Parasiten ab. Doch auch Karos und andere kontrastreiche Muster erfüllen diese Funktion.

Von Katrin Blawat

Es könnte so friedlich sein auf der Pferdeweide. Das einzige Geräusch ringsherum stammt von den Tieren, wie sie gierig Gras ausrupfen und zermalmen. Doch natürlich trügt der Schein der Ruhe. Denn neben den Vierbeinern gibt es noch andere Lebewesen auf der Koppel: beeindruckend große und äußerst angriffslustige Bremsen. Deren Stiche würden unsäglich quälen, wären die Pferde nicht geschützt.

Neue Ideen, wie sich die Insektenabwehr gestalten lässt, präsentiert ein Team um Martin How von der University of Bristol im Wissenschaftsjournal Proceedings B. Den Daten zufolge erfüllen Decken mit verschiedenen schwarz-weißen Mustern diesen Zweck. Dabei seien senkrechte Streifen ebenso hilfreich wie waagerechte und Karos.

In Teilen war dies schon länger bekannt. Seit einigen Jahren gibt es Pferdedecken im Zebrastreifen-Look - aus modischer Sicht vielleicht nicht die beste Wahl, unter tierfreundlichen Aspekten aber eine kluge. Denn dass die kontrastreichen, senkrechten Streifen in gewissem Ausmaß vor Bremsen schützen, haben zahlreiche Studien nahegelegt. Wissenschaftler vermuten mittlerweile sogar, dass sich das typische Muster der Zebras aus diesem Grund entwickelt hat.

Auch Flecken und horizontale Linien funktionieren als Insektenschutz

Die Studie von Hows Team ergänzt diese Erkenntnis. Die Biologen hatten Pferden verschieden gemusterte Decken aufgelegt. Einige der Textilien waren einheitlich grau oder schwarz, andere vertikal beziehungsweise horizontal gestreift oder kariert. Wie die Analyse von Videoaufnahmen zeigte, machten Bremsen durchaus Unterschiede zwischen den Decken-Typen.

Auf Pferden mit einfarbigen Auflagen landeten sie häufiger als auf jenen Tieren, die gestreift oder kariert trugen. Überraschenderweise hatte die Art des Musters jedoch keinen Einfluss: Nicht nur Zebrastreifen schreckten die Insekten ab, sondern ebenso horizontale Streifen und Karos. Diese Ergebnisse erinnern an eine frühere Studie anderer Forscher, der zufolge auch ein schwarz-weißes Fleckenmuster vor Bremsen schützt. Wichtig scheint also vor allem zu sein, dass der Körper des Vierbeiners überhaupt ein kontrastreiches Muster aufweist. Wie dieses genau aussieht, ist dagegen viel weniger entscheidend als bisher angenommen.

Für den Pferdehalter, der sein Tier schützen will und die Nase voll hat vom Zebra-Look oder von nur leidlich wirksamen Anti-Insektensprays, mag diese Erkenntnis ausreichen. Wissenschaftler jedoch stehen damit erst recht vor einem Rätsel: Warum schützt ein schwarz-weißes Muster vor Bremsen?

Solange es allein um Streifen nach Art der Zebras ging, gab es immerhin eine schlüssige Erklärung. Demnach würden die Streifen das optische System der Fliegen derart verwirren, dass die Insekten das Abbremsen vor dem Landen nicht hinbekämen und in der Folge ihre Opfer oft verschonten. Nach allem, was über den Sehsinn von Fliegen bekannt ist, funktioniert diese Irritation jedoch am besten bei vertikalen Streifen, nicht jedoch bei anderen Mustern. Auf welchem Prinzip deren Schutz beruht, bleibt damit weiter unklar.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5005300
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.