Wissensnachrichten der Woche:Im Batman-Kostüm klappt es mit den Hausaufgaben

Verkleidete Kinder konzentrieren sich besser. Und eine stinkende Frucht hat mehr Gene als der Mensch. Erstaunliche Fakten in den Wissensnachrichten der Woche.

1 / 5

Stinkende Königin

FILE PHOTO: A customer leans forward to smell the exotic Asian durian fruit in downtown Singapore

Quelle: REUTERS

Der Geschmack von Durian ist schwer zu beschreiben: eine Mischung aus kräftigem Vanillepudding und Walnuss, irgendwie fruchtig und gleichzeitig zwiebelig. Das Aussehen der kokosnuss- bis kopfgroßen Früchte erinnert an Riesenkastanien, und es sollen schon Menschen von reifen Durianfrüchten, die vom Baum fielen, erschlagen worden sein. Der Geruch ist für viele Menschen unerträglich: süßlich-faulig, eine Mischung aus Terpentin und ungewaschenem Menschen.

Die Gene der Durianfrucht zu erforschen und ständig ihrem penetranten Duft ausgesetzt zu sein, muss eine Herausforderung gewesen sein für die Wissenschaftler aus Singapur, die jetzt erstmals das Erbgut der Durianfrucht entziffert und in der Fachzeitschrift Nature Genetics veröffentlicht haben. Wahrscheinlich konnten überhaupt nur Forscher aus dieser Stadt, die als Haupthandelszentrum für Durian gilt, diese Aufgabe meistern. "Das Team wurde von einer Mischung aus angeborener wissenschaftlichter Neugier und der Liebe zu dieser Frucht angetrieben", heißt es in einer Presseerklärung. Finanziert wurde das Vorhaben "durch private Spenden anonymer Durian-Liebhaber". Um das zu verstehen, muss man wissen, dass das sahnig-cremige Fruchtfleisch der Durian in Südostasien als Delikatesse gilt und dass dort Durian-Verköstigungen zelebriert werden wie anderswo Weinproben.

Die Erbgutanalyse ergab, dass die "Königin der Früchte", wie die Durian von ihren Anhängern genannt wird, etwa 46 000 Gene hat - fast doppelt so viele wie ein Mensch. Durch aufwendige Analysen fanden die Forscher zudem Abschnitte im Erbgut, die ihrer Ansicht nach an der Entstehung des charakteristischen Durian-Gestanks beteiligt sind.

Tina Baier

2 / 5

Batman geht jetzt Hausaufgaben machen!

-

Quelle: Alamy/mauritius images

Zu den ungelösten Rätseln der Menschheit zählt die Frage, wie Eltern die Konzentration ihrer Kinder auf die Erledigung der Hausaufgaben fokussieren können. Statt zu rechnen oder zu schreiben, maulen die Schüler. Sie winden sich, jammern, bummeln, greifen nach dem Smartphone, starren stattliche Löcher in die Luft oder ziehen die Tätigkeit auf andere Art in die Länge. Mütter oder Väter rutschen derweil ungeduldig auf ihrem Stuhl hin und her, ermahnen sich selbst in inneren Monologen, gelassen zu bleiben, verlieren irgendwann die Geduld und zetern auch herum. Die Not ist groß. Doch nun präsentieren Psychologen um Rachel White von der University of Pennsylvania in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins Child Development eine ungewöhnliche Lösungsstrategie: Wenn Kinder ein Batman-Kostüm tragen, halten sie bei der Erledigung einer langweiligen Aufgabe deutlich länger durch.

Zugegeben, das klingt zunächst reichlich beknackt. Doch hinter dieser Studie verbergen sich relevante Fragen. Die Psychologen untersuchten für ihr Experiment das Durchhaltevermögen von fast 200 Kindern im Alter von vier oder sechs Jahren. Die kleinen Probanden mussten eine langweilige Aufgabe erledigen, durften sich dabei aber, so oft sie wollten, ablenken und ein Computerspiel spielen. Letztlich ging es in dem Experiment darum, die Wirkung von Selbstdistanzierung zu überprüfen.

Aus vielen Studien mit Erwachsenen ist bekannt, dass diese bessere Selbstkontrolle haben, wenn sie quasi wie eine dritte Person von außen ihr Verhalten reflektieren. Diesen Mechanismus wandten die Forscher nun auf Kinder an. Wenn diese sich laut fragten (wozu sie aufgefordert wurden): "Bin ich ein guter Helfer?", dann ließen sie sich besonders leicht von ihrer langweiligen Aufgabe ablenken. Sprachen die Kinder hingegen mit vollem Namen in der dritten Person von sich, blieben sie deutlich länger bei der Sache. Die größte Ausdauer aber hatten die Kinder, wenn sie sich zum Beispiel ein Batman-Kostüm anziehen durften und sich laut fragten: "Ist Batman ein guter Helfer?"

Die Psychologen mutmaßen, dass sich die Kinder damit besonders effektiv von ihrem Selbst distanzieren konnten und auf diese Weise die Aufmerksamkeit von den eigenen Begierden (Computerspiel) ablenkten. Erwachsenen, das ist gut belegt, gelingt es schließlich auch besser, für andere Menschen Entscheidungen zu treffen, als das eigene Gedankenkuddelmuddel zu einem Ziel zu führen. In anderen Studien haben Forscher beobachtet, dass Kinder bei Rollenspielen zum Beispiel vergleichsweise lange imstande sind, auf eine Belohnung zu warten - wahrscheinlich, weil sie die Perspektive ihres fiktiven Charakters einnehmen. Und Batman jammert bestimmt nicht rum, wenn er langweilige Hausgaben machen muss, der macht das einfach, ist ja schließlich ein Superheld. Vielleicht sollten sich Erwachsene auch ein Kostüm überwerfen, während ihre Kinder für die Schule lernen - wenn das hilft, den Stress besser zu ertragen, wäre es das allemal wert.

Sebastian Herrmann

3 / 5

Nachbars Gras ist grüner

-

Quelle: Mauritius Images

Zu den wesentlichen Anfechtungen des menschlichen Daseins zählt der Umstand, dass Zufriedenheit rasch wieder verpufft. Die Freude über neuen Besitz verblasst deprimierend schnell, der Stolz auf ein erreichtes Ziel weicht rasch Zweifeln, was denn nun anstehen könnte - und das Gras beim Nachbarn drüben hinter dem Gartenzaun, das ist sowieso immer viel grüner als bei einem selbst. Da beruhigt es irgendwie, dass es Tieren nicht anders geht.

Die Heuschreckenammer zum Beispiel, ein in Nordamerika beheimateter Sperlingsvogel, steckt ebenfalls in der Optimierungs-Tretmühle fest. Die Tiere sind permanent auf der Suche nach einem besseren oder wenigstens anderen Revier - selbst wenn sie schon erfolgreich ein nahezu perfektes Territorium für sich reklamiert haben. So berichten Emily Williams und Alice Boyle von der Kansas State University im Fachblatt The Auk: Ornithological Advances, dass etwa 75 Prozent der von ihnen beobachteten männlichen Heuschreckenammern mindestens einmal pro Saison ohne erkennbare Not das Territorium wechseln.

Für die Vögel sehe das Gras auf der anderen Seite des Zaun wahrlich grüner aus, so die Forscher. Im Gegensatz zum Menschen profitieren die Tiere jedoch von diesem Verhalten: Auf diese Weise können sie Fressfeinden besser ausweichen und zugleich stoßen sie auf neue, bis dato von Artgenossen unbewohnte Habitate.

Sebastian Herrmann

4 / 5

Ein beherrschtes Insekt

Ameisenhaufen ziehen um

Quelle: Patrick Pleul/dpa

Ameisen können sich selbst beherrschen und Verlockungen widerstehen. Zu diesem Schluss kommen Biologen der Universität Regensburg, nachdem sie die Fähigkeit der Insekten zur Selbstkontrolle getestet hatten. Die Ameisen sollten wählen zwischen einer qualitativ besseren Futterquelle in 120 Zentimeter Entfernung oder schlechterem (weil deutlich weniger süßem) Futter nur 60 Zentimeter von der Nestbox entfernt. 69 Prozent der Schwarzen Wegameisen entschieden sich für das bessere, aber weiter entfernte Futter, berichten Stephanie Wendt und Tomer Czaczkes in den Biology Letters. Unterschied sich die Qualität des angebotenen Futters hingegen nicht, bevorzugte die überwältigende Mehrheit der Insekten die näher gelegene Nahrung.

Erste Hinweise darauf, dass sich die Insekten nicht immer automatisch auf die nächstbeste Lösung stürzen, hatten bereits Versuche mit Ameisenkolonien gegeben. Darin ging es nicht um das Verhalten einzelner Individuen, sondern um die Entscheidung der ganzen Gruppe. Sie musste auswählen zwischen einem nahe gelegenen, aber weniger gut geeignetem und einem besseren, dafür weiter entferntem Nest. Auch hierbei entschied sich die Kolonie überwiegend für die bessere, weiter entfernte Variante.

Nicht nur Laien dürften erstaunt sein über die Aussage, Ameisen verfügten über Selbstkontrolle. Die Autoren der Studie halten ihre Ergebnisse auch deshalb für bemerkenswert, weil viele andere Tiere, denen man größere kognitive Fähigkeiten zutraut, in Versuchen zur Selbstkontrolle oft schlecht abgeschnitten haben. Eine Ausnahme bilden manche Primaten und Rabenvögel. Sie verschmähen in Experimenten eine sofort verfügbare Belohnung, um nach einer Wartezeit besseres Futter zu bekommen. Doch sogar bei diesen Tieren wäre die Fähigkeit zur Selbstkontrolle stärker ausgeprägt, so lassen einige Studien vermuten, wenn die Impulskontrolle auf andere Weise als über das Tolerieren einer Wartezeit getestet werden würde. Möglicherweise sei dieser Ansatz zu künstlich und zu wenig auf das Verhalten der Tiere abgestimmt, geben Wendt und Czackes zu bedenken. Schließlich hängt in der Natur das Überleben vieler Tiere davon ab, rasch möglichst viel Futter fressen zu können.

Am Ende steht also die Frage: Liegt es wirklich an schwach ausgeprägten kognitiven Fähigkeiten einer Tierart, wenn sie in Versuchen über eine vermeintlich geringe Selbstkontrolle verfügt - oder doch auch an den Wissenschaftlern, die ihren Versuchsobjekten vielleicht unpassende Aufgaben stellen?

Katrin Blawat

5 / 5

Ruß in den Federn

-

Quelle: AP

Aus dem verrußten Gefieder von Vogel-Exponaten in Museen haben Forscher das Ausmaß der Luftverschmutzung in Teilen der USA im vergangenen Jahrhundert rekonstruiert. Sie konnten nachvollziehen, wie mit steigender Kohlenutzung die Luft zunächst immer rußiger wurde und wie sich später Umweltschutzmaßnahmen positiv auf die Luftreinheit auswirkten. Zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts sei die Luftverschmutzung schlimmer gewesen als bisher angenommen, berichten die Forscher im Fachblatt PNAS.

Shane DuBay und Carl Fuldner von der University of Chicago hatten in drei Museen mehr als 1000 Exponate verschiedener Vögel gesammelt, die in den vergangenen 135 Jahren in der Region des sogenannten Rostgürtels der USA herumgeflogen waren, einer riesigen Industrieregion im Nordosten der USA, in der Städte wie Chicago, Detroit und Pittsburgh liegen. Berücksichtigt wurden Vögel fünf verschiedener Arten, die ein helles Brust- und Bauchgefieder besitzen - darunter die Ohrenlerche, die Heuschreckenammer oder der Rotkopfspecht. Ruß haftet an den Federn der Vögel und färbt sie dunkel. "Wenn man diese Vögel anfasst, hinterlässt das Rußspuren an den Fingern", sagt DuBay.

Mit einem photometrischen Verfahren bestimmten die Wissenschaftler, wie viel Licht das Gefieder flektiert und damit, wie stark rußverschmutzt es ist. Am höchsten war die Rußverschmutzung des Gefieders von Tieren, die im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts gelebt hatten. "Zur Zeit der Großen Depression gab es einen scharfen Rückgang der Rußverschmutzung im Gefieder, weil der Kohleverbrauch sank", sagt DuBay. Um den Zweiten Weltkrieg herum nahm die Verschmutzung dann wieder zu, weil die Kriegsindustrie viel Kohle verbrauchte. In den folgenden Jahrzehnten entkoppelte sich schließlich die Gefiederverschmutzung vom Kohleverbrauch. Die bis dahin häufig verbrannte, stark rußende bitumenhaltige Kohle wurde durch eine rußärmere Kohle ersetzt, bessere Luftreinhaltetechnologien wurden entwickelt, und nach und nach stellten die Städte zur Energieerzeugung auch auf Erdgas um, erklären die Wissenschaftler.

© SZ.de/dpa/beu
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: