Süddeutsche Zeitung

Wissenslücken bei Kindern und Jugendlichen:Von welcher Pflanze stammt der Joghurt?

Eine australische Studie zeigt: Wenn es darum geht, woher unsere Nahrung und unsere Kleidung kommt, haben Kinder und Jugendliche gravierende Wissenslücken.

Markus C. Schulte von Drach

Viele Kinder und Jugendliche in Industriestaaten haben eine falsche oder verzerrte Vorstellung von der Herkunft landwirtschaftlicher Produkte. Das gilt selbst für ein stark landwirtschaftlich geprägtes Land wie Australien, wie eine Studie des Australischen Rats für Bildungsforschung (Acer) zeigt.

In einer Umfrage unter Schülern nahmen demnach 75 Prozent der befragten Sechstklässler im Alter von zehn bis zwölf Jahren an, Baumwollsocken wären aus Tierwolle hergestellt. Unter den 14- bis 16-jährigen Zehntklässlern waren es immerhin noch 42 Prozent, die hier falsch lagen.

Mehr als ein Viertel der jüngeren Schüler ging davon aus, dass Joghurt aus einer Pflanze gewonnen wird, bei den älteren waren es immerhin noch 13 Prozent. Und auch Rührei hielten 16 Prozent der Jüngeren für ein pflanzliches Produkt.

Auf die Frage, was in einer Lunchbox mit einem Käsesandwich und einer Banane von einer Farm stamme, wussten nur 45 Prozent die richtige Antwort "alles".

Immerhin, so berichten Kylie Hillman und Sarah Buckley von Acer, hatte die Mehrheit der Schüler die Herkunft von Nudeln, Kartoffelchips und Kaffee korrekt als pflanzlich angegeben. Allerdings "glaubte etwa ein Viertel der Schüler, dass natürliche Fasern ausschließlich von Pflanzen stammen könnten".

Nur 27 Prozent wussten, dass Lachs von Lachsfarmen stammt und 57 Prozent sahen einen Zusammenhang zwischen wissenschaftlicher Forschung und der Landwirtschaft.

In Auftrag gegeben hatte die Studie die Stiftung Primary Industries Education Foundation (PIEF). "Diese Studie ist ein Weckruf für die Regierung, die Industrie und die Lehrer", erklärte der Vorsitzende der Lobby-Organisation, Cameron Archer. "Unsere jungen Schüler haben nicht ausreichend Information darüber, woher ihre Nahrung, ihre Kleidung und manche Baumaterialien herkommen."

Ähnlich sieht es die National Farmers Federation. "Nahrung und Kleidung gehören zu den grundsätzlichsten Bedürfnissen des Menschen", sagte deren Präsident Jock Lurie der Nachrichtenagentur Australian Associated Press (AAP). "Es erscheint unglaublich, dass Kindern nicht mehr beigebracht wird darüber, wo diese lebenswichtigen Produkte herkommen, und wie sie hergestellt werden."

Die Acer-Forscher hatten insgesamt 900 Schüler an 71 Schulen im ganzen Land befragt, 213 Sechstklässler und 687 Zehntklässler. Und auf etliche Fragen kannten die meisten von ihnen auch die richtigen Antworten. So war vielen bekannt, dass es Gesetze gibt, die den Fischfang reglementieren, dass 90 Prozent aller Schafe in Australien derselben Art angehören, und sogar, dass die Zahl der Beschäftigten in der Landwirtschaft in Australien wächst. Weniger gut Bescheid wussten sie darüber, woher das im Lande verarbeitete Holz stammt.

Auch in Deutschland haben viele Kinder und Jugendliche Wissenslücken, wenn es um Landwirtschaft und Natur geht. Wie etwa der Jugendreport Natur 2010 zeigte, geht für viele die Sonne im Norden auf, und Kühe geben H-Milch - und zwar aus bis zu acht Zitzen.

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