Wissenschaftsmagazin für Kinder:Verlockendes Alien

Das neue Wissenschaftsmagazin "Spektrum neo" will Kindern Erkenntnisse aus Wissenschaft und Forschung erklären - und geht gleich in die Vollen: Die erste Ausgabe beschäftigt sich mit dem Universum. Aber gibt es nicht schon genug Bücher und Hefte, die Antworten auf die Fragen unserer Kinder geben?

Markus C. Schulte von Drach

Warum fallen die Leute auf der anderen Seite der Erde nicht runter? Wie funktioniert eigentlich ein Laserschwert? Wer Kinder hat, kann eine endlose Reihe von Fragen auflisten, die der Nachwuchs stellt - Fragen, die sich leicht beantworten lassen, und solche, bei denen man verspricht, bei Gelegenheit im Internet nachzuschauen - wenn sie noch nicht alt genug sind, das selbst zu tun.

ORIGIN OF KEY COSMIC EXPLOSIONS UNRAVELED

Ein Schwarzes Loch befindet sich im Zentrum der Milchstraße. Aber was ist eigentlich ein Schwarzes Loch? Diese Frage dürfte viele Eltern überfordern.

(Foto: AFP)

Man kann auch auf eine große Zahl von Sachbüchern zurückgreifen, die viele Themen mehr oder weniger seriös und kindgerecht aufarbeiten. Und Lesen, da sind sich die Experten ja einig, ist für Kinder allemal besser als das Surfen im Internet, wo es darüber hinaus Kindern schwer fallen dürfte, seriöse Informationen vom allgegenwärtigen Quark zu unterscheiden.

Seit einigen Jahren haben auch die teils wissenschaftlich orientierten Magazine Geo mit Geolino und GeoMini sowie National Geographic mit dem Ableger World Spezialangebote für den Nachwuchs auf den Markt gebracht und bieten den Kindern Informationen an, die sie von Eltern, Erziehern und Lehrern in der Regel nicht bekommen - weil die es selbst meist nicht wissen oder nicht gut erklären können.

Letzteres gilt natürlich für jene Fragen ganz besonders, die schon ein spezielles Studium erfordern, um die Antwort selbst zu verstehen. Und eine Herausforderung ist es dann immer noch, das Wissen auch kindgerecht anzubieten. Dieser Herausforderung stellt sich nun Deutschlands populärwissenschaftliches Wissenschaftsmagazin mit dem höchsten Anspruch: Spektrum der Wissenschaft. Und mit ihrem ersten Heft, dass sie nun unter dem Label Spektrum neo veröffentlicht haben, gehen sie gleich in die Vollen: Nichts Geringeres als "Unser Universum" ist das Thema, dem sich die Prämieren-Ausgabe widmet.

Zielgruppe sind die Zehn- bis Vierzehnjährigen und überhaupt "junge Leserinnen und Leser, die wissen wollen, wie die Welt funktioniert, in der sie leben", erklärt Chefredakteur Carsten Könneker. Und so kann der Nachwuchs erfahren, wie die Erde entstanden ist - und welches Schicksal ihr langfristig bevorsteht, was Schwarze Löcher sind, welche Probleme es Raumfahrern bereitet, zum Mars zu reisen, und wieso Astroforscher glauben, dass es Außerirdische gibt.

Schlägt man das Heft auf, so ist der Unterschied zum Magazin für Erwachsene zwar auf den ersten Blick zu sehen - die Redaktion setzt deutlich auf Bilder und Illustrationen. Doch man merkt der Zeitschrift zugleich sofort an, dass sie den Nachwuchs ernst nimmt. Der seriöse Informationsaspekt steht gegenüber dem Wunsch, die Kinder durch Unterhaltung bei der Stange zu halten, im Vordergrund.

Zwar zeigt die Themenauswahl und die Titelseite, dass man sich der Tatsache bewusst ist: Kinder brauchen genau wie Erwachsene Eyecatcher - und manchmal sind es sogar die gleichen Motive, die funktionieren. So hat das Alien im Area51-Format auf der Titelseite den Autor natürlich genauso angesprochen wie die Gruppe der Probanden, die er mit dem Heft konfrontierte (n=1). Und die Idee, Kinder als Reporter einzusetzen, und - für das aktuelle Heft - zum Beispiel auf den deutschen Astronauten Alexander Gerst loszulassen, ist nicht neu.

Aber es funktioniert - und sagt nichts aus über die Qualität, die das Heft ausmacht. Das richtet sich nämlich trotz des Aliens, das offenbar eine Art Maskottchen des Labels zu werden scheint, an Kinder, die bereit sind, sich die Dinge wirklich erklären zu lassen. Und zwar in der Zeit, die dafür notwendig ist. Wer nach zwei Minuten bereits unruhig wird, weil im Kinderkanal gleich Shaolin Wuzang läuft, eine Sendung, in der Giftpfeile Menschen in Ungeheuer verwandeln, dürfte mit dem Magazin Schwierigkeiten haben. (Dann müssen sich die Eltern überlegen, ob nicht etwas schief gelaufen ist ... aber das ist eine andere Geschichte.)

Spektrum neo hat einen Anspruch, und der schränkt die Zielgruppe ein - und das ist schließlich ein Problem aller Qualitätsmedien.

Unterm Strich: Die Themen des Hefts, das in Kooperation mit dem Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und der Mathematik (IPN) in Kiel entstanden ist, sind gut gewählt, die Artikel verständlich geschrieben, auch wenn den Autoren hier und dort Begriffe wie Magnetosphäre ohne Erklärung durchrutschen, mit denen Zehn- bis Vierzehnjährige überfordert sein dürften. Und dass die junge Leserschaft sich auf der Seite des Verlages an der Themenauswahl der nächsten Ausgaben beteiligen kann, ist ein sympathisches Angebot.

Spektrum der Wissenschaft neo bereichert den Markt um ein qualitativ hochwertiges Wissenschaftsmagazin für Kinder - und das ist unbedingt zu begrüßen.

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