Windkraft:Mit Windkraft ins Ausland expandieren

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Neuemissionen: Energiekontor

Meite Thiede

(SZ vom 16.05.00) - Als Planungsbüro für Windparks haben Bodo Wilkens und Günter Lammers vor zehn Jahren die Firma Energiekontor gegründet. Bei der reinen Planung blieb es jedoch nicht lange; die junge Firma übernahm rasch auch den Bau und die Betriebsführung der Anlagen und engagierte sich als Komplementär in den Kommanditgesellschaften.

Mittlerweile kümmern sich sechs Mitarbeiter um den Vertrieb der Fondsanteile. Energiekontor bezeichnet sich als Full-Service-Anbieter rund um das Windpark-Geschäft: Von der Standortbeschaffung über Planung, Projektierung und Errichtung schlüsselfertiger Anlagen, der Finanzierungskonzeption und des Vertrieb der Fondsanteile bis zum Service und der Betriebsführung.

Als Emissionshaus für Windkraftanlagen hat das Unternehmen nach einer Analyse der Nord-LB im vergangenen Jahr mit einem Eigenmittelvolumen von 31,3 Millionen DM eine führende Position erreicht. Bis Ende des Jahres wurde ein Fondsvolumen von rund 370 Millionen DM realisiert, damit wurden 27 Windparks (156 Windkraftanlagen) errichtet.

Teure Expansionspläne

Wilkens will Energiekontor zum europäischen Marktführer machen. Das geht nicht ohne Akquisitionen, und dafür braucht er den Kapitalmarkt. Drei Fünftel des Erlöses aus dem Börsengang, den die Norddeutsche Landesbank als Konsortialführerin begleitet, sind für die Auslandsexpansion eingeplant, ein Fünftel ist für Geschäft auf dem inländischen Markt vorgesehen.

Die ersten Auslands-Tochtergesellschaften hat das Unternehmen bereits 1995 in Portugal und Griechenland gegründet, die ersten Projekte stehen jeweils kurz vor Baubeginn. In diesem Jahr folgten Zweigstellen in Großbritannien und Spanien. In Großbritannien nimmt Energiekontor auch in einem Konsortium an der Ausschreibung für einen Offshore-Windpark teil.

Offshore-Anlagen sind laut Nord-LB Neuland in der Branche. Als besonders attraktiv gelten Windparks auf hoher See, denn die Stromausbeute kann verdoppelt werden, was einen erheblich effizienteren Betrieb ermöglicht. Zudem sind geeignete Standorte auf dem Festland knapp bemessen. Energiekontor beschäftigt sich seit 1998 mit der Entwicklung von Software zur Fernüberwachung und -steuerung solcher Anlagen auf See.

Wind in Konkurrenz zu Immobilien

Das Geschäft mit den Windkraftanlagen ist zeitaufwendig und kapitalintensiv.Von der Planung bis zum Baubeginn eines Windparks vergehen in der Regel drei Jahre, im Ausland sind es eher vier. Energiekontor muss die Projekte vorfinanzieren. Auch Konkurrenten arbeiten dabei mit Beteiligungsmodellen, die Branche rechnet mit einem anziehenden Wettbewerb um die Anleger-Gelder. Die Windräder stehen unter Rendite-Aspekten im Wettbewerb mit Schiffen und Flugzeugen, mit Leasing- und Medienfonds, Immobilienfonds und anderen.

Die Nord-LB sieht die Stärken von Energiekontor in der Fokussierung auf das Ausland. und in der großen Angebotsbreite. Zusätzliches Wachstumspotenzial verspreche das Offshore-Geschäft. Laut Nord-LB könnten mit diesen Windparks bis zu 200 Prozent des europäischen Strombedarfs gedeckt werden. Für den Gesamtmarkt werden weltweit Steigerungsraten bis 2020 von jährlich etwa 20 Prozent erwartet.

Nach einer EU-Vorgabe muss der Anteil regenerativer Energien am europäischen Strommix von 6 Prozent (1997) auf 12 Prozent im Jahr 2010 erweitert werden. In Deutschland sind die Rahmenbedingungen für Windpark-Betreiber seit dem 1. April verbessert worden.

Seither ist die Einspeisevergütung festgeschrieben und vom Strompreis unabhängig. Das macht Windparks wirtschaftlicher und könnte die Nachfrage steigern. Allerdings hat das auch die traditionellen Stromkonzerne und damit weitere Konkurrenz auf den Plan gerufen. So erwägt zum Beispiel Preussen-Elektra, selbst in das Windkraft-Geschäft einzusteigen, weitere finanzkräftige Konzerne wie Shell denken darüber nach.

Vom Start weg schwarze Zahlen

Derzeit plant Energiekontor 15 Projekte im Inland und acht im Ausland. Ab 2002 soll bereits die Hälfte des Umsatzes aus dem Ausland kommen. Das Offshore-Geschäft dürfte allerdings erst 2005 Erlöse bringen. Als besondere Risiken sieht die Nord-LB Planungsrisiken, die durch eventuell veränderte Rahmenbedingungen, die zum Beispiel von seiten der EU oder deutschen Steuergesetzen und sonstigen nationalen Regelungen resultieren können.

Energiekontor gehört zu jenen Börsen-Neulingen, die vom Start an mit schwarzen Zahlen aufwarten können. Die erste Dividende (20 Prozent des Vorsteuer-Gewinns) ist 2002 für 2001 vorgesehen. Am Neuen Markt ist als einziger Wettbewerber die Plambeck Neue Energien AG vertreten. Plambeck vertreibt die Fondsanteile allerdings nicht selbst und ist außerdem im Stromhandel engagiert. Das hat Energiekontor nicht vor.

Insgeamt sollen zwischen dem 17. und dem 23. Mai bis zu 975 000 Stammaktien (inklusive 100 000 Stück Greenshoe) zur Zeichnung angeboten werden, 175 000 davon stammen aus dem Besitz der Altaktionäre. Die Erstnotiz ist für den 25. Mai vorgesehen.

Nach dem Börsengang werden die Altaktionäre Wilkens und Lammers bei Ausübung des Mehrzuteilungsoption mit 72,14 Prozent an Energiekontor beteiligt sein. 0,57 Prozent sind für eine Family & Friends-Programm vorgesehen, 27,29 Prozent sollen breit gestreut werden. Derzeit ist Firmensitz von Energiekontor in Stuhr/Brinkum, das Unternehmen überlegt, nach dem Börsengang nach Bremen umzuziehen. Energiekontor beschäftigt 63 Mitarbeiter.

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