Süddeutsche Zeitung

Meteorologie:Warum an Silvester mit Rekordtemperaturen zu rechnen ist

Der Jahreswechsel könnte in Deutschland wärmer werden als je zuvor gemessen. Das hat auch mit der Kälte in den USA zu tun.

Von Marlene Weiß

Noch ist nicht klar, ob 2022 das heißeste in Deutschland je gemessene Jahr wird - bislang liefert es sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit 2018, dem bisherigen Rekordhalter, und nein, es ist natürlich kein Zufall, dass diese beiden Hitzejahre so kurz nacheinander auftreten, sondern liegt an der Klimakrise. Absehbar ist aber bereits, dass das heiße Jahr meteorologisch mit einem Knall zu Ende geht: Wie es aussieht, könnte es in Deutschland der wärmste Jahreswechsel seit Beginn der Messungen werden.

Im Norden und Nordwesten Deutschlands könnten es verbreitet mehr als 15, im Süden und insbesondere am Oberrhein teils sogar 20 Grad und mehr werden - der bisherige Rekord für Silvester liegt bei 17 Grad, erreicht 1961 im badischen Müllheim. Das liegt nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes (DWD) auch am außergewöhnlichen Kälteeinbruch in Nordamerika, der in Teilen Kanadas und der USA rund um Weihnachten einen historischen Schneesturm produziert hat.

Die Kälte konnte aus der Arktis weit nach Süden vorrücken, weil der Jetstream, der normalerweise stetig von West nach Ost rund um die Arktis weht, einen großen Bogen nach Süden geschlagen hat. Von der US-Ostküste aus floss die kalte Luft aber nicht etwa zurück nach Norden ab, sondern mit der üblichen Westströmung weiter über den Atlantik, wo auch dadurch ein kräftiges und weit ausgreifendes Tiefdruckgebiet entstand.

Die Südwestströmung allein reicht noch nicht für Extremwerte

Das wiederum hat das sonst über den Azoren vorherrschende Hochdruckgebiet nach Osten verdrängt, Richtung Mittelmeer, wo es sich in einer Art Blockadelage festgesetzt hat. Das Tief dreht sich gegen den Uhrzeigersinn, das Hoch östlich davon im Uhrzeigersinn, zwischen sich ziehen die beiden also sehr warme Luft aus Richtung von Nordwestafrika und den Kanaren nach Mitteleuropa.

Damit diese an sich noch nicht so ungewöhnliche Strömung aber zu so extremen Temperaturen führen kann, wie sie der DWD erwartet, müssen weitere Zutaten hinzukommen: Zum einen der Sonnenschein, für den das ausgedehnte Hoch über Süd- und Mitteleuropa sorgen könnte. Das heizt die Luft am Boden zusätzlich auf. Zum anderen der Wind, der die in der Nacht abgekühlte Luft mit wärmerer Luft vermischt - auch davon könnte mehr als genug vorhanden sein. Die starken Druckunterschiede lassen heftige Windböen erwarten, was man übrigens auch beim Silvesterfeuerwerk beachten sollte.

Es ist demnach nicht unwahrscheinlich, dass die bisherigen deutschlandweiten Rekorde sowohl für den 31.12. als auch für den 1. Januar fallen. Der Dezemberrekord dürfte allerdings kaum in Gefahr sein, der liegt momentan sogar bei 24 Grad Celsius, erreicht 1989 am 16. Dezember in Müllheim. An Neujahr, wenn es im Süden nochmals außergewöhnlich warm werden soll, könnte es dagegen möglicherweise sogar einen neuen Monatsrekord geben. Bislang liegt der bei 20,5 Grad, aufgestellt am 10. Januar 2015 in Piding im Südosten Bayerns.

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