Marketing:Lust zur Lücke

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Julian Nagelsmann im Gespräch mit Dazn-Moderatorin Laura Wontorra. (Foto: Julius Frick via www.imago-images.de/imago images/Jan Huebner)

Werbestrategen erhoffen sich mehr Aufmerksamkeit, wenn sie Namen verunstalten oder Buchstaben weglassen. Doch der Marketing-Gag könnte nach hinten losgehen.

Von Werner Bartens

Ein hndelsüblicher Kopf vevollstndigt ein Satz wie disn automatish, obwhl darin etlche Buchstbn fehln. Was fehlt, wird ergänzt. In der Werkseinstellung des Gehirns sind Programme für Unschärfe und Wiedererkennung mitgeliefert. Irritation stellt sich beim Konsumenten trotzdem ein, man stolpert über Wörter, die falsch geschrieben sind. In Marketing und Werbung wird dieser Effekt ausgenutzt, um Aufmerksamkeit zu erzeugen. Schließlich mag nicht jede Firma auf anstrengende Dialekte oder schrille Töne setzen.

Tumblr und Flickr lassen deshalb ebenso wie "Tru by Hilton" sogar in ihren Namen oder Slogans das "e" weg. Die Klamottenmarke "Phat Buddha" verunstaltet das Adjektiv fat - vielleicht will sie damit aber auch nur den Verdacht ausräumen, religiöse Gruppen oder üppige Körper zu diskriminieren. Die Werbemasche kommt allerdings meistens nicht gut an, wie Forscher der Ohio State University festgestellt haben. "Die Menschen mögen diese Namen nicht unbedingt", sagt Jesse Walker, der an der Studie im Journal of Marketing beteiligt war. "Unkonventionelle Schreibweisen zu verwenden, geht oft nach hinten los." Die Marke werde für nicht so seriös gehalten, wenn mit dem Namen Schabernack getrieben wird, so die Wissenschaftler. "Viele Verbraucher durchschauen zudem, dass es sich dabei um Marketing-Tricks handelt, und reagieren negativ", sagt Marketing-Experte John Costello.

In einer ihrer Studien, die insgesamt mehr als 3000 Teilnehmer umfassten, boten die US-Forscher in der Pause einer Sportveranstaltung Zuschauern Getränke an - einmal unter dem Namen "Klear", dann unter dem Namen "Clear". Zu dem alkoholfreien Drink mit der richtigen Schreibweise griffen 62 Prozent der Gäste, zu jenem, der lustig falsch geschrieben war, hingegen nur 48 Prozent. Vor die Wahl gestellt, entschieden sich ebenfalls mehr Verbraucher für Produkte der Firma "Distilled" als wenn sich der Kleidungshersteller "DSTLD" nannte.

Der Effekt hat sich abgenutzt

Offenbar möchten Verbraucher keine Diskussionen zur Aussprache führen wie im Fall des Sportsenders "Dazn" oder - wie im Witz aus dem Lehrerzimmer - nachfragen, wie man Legastheniker schreibt, worauf ein Pädagoge entgegnet: "Ich glaube, wie man's spricht." Vor Jahren, als es noch ein neuer Werbe-Gag war, die Rechtschreibung zu schänden, mag dies zur gewünschten Beachtung der Produkte geführt haben, so die Wissenschaftler aus Ohio. Doch PR-Strategen müssten endlich erkennen, dass sich der Effekt längst abgenutzt und ins Gegenteil verkehrt habe.

Dessen ungeachtet wurde vergangenes Jahr eine hiesige Baumarkt-Kette verhaltensauffällig, als sie die Entfernung meterhoher Buchstaben aus dem biederen Namenszug in mehreren Filialen beklagte. Später zeigte sich, dass es wohl das Unternehmen selbst war, das mit dieser Marketing-Idee auf sich aufmerksam machen wollte. Man fühlt die Absicht und ist verstimmt. Der Baumarkt sei hier nicht genannt. Vielleicht erfährt er dadurch ein ähnliches Schicksal wie Herostratos in der griechischen Antike, der durch Brandstiftung unsterblich werden wollte. Zur Strafe sollte sein Name nicht mehr erwähnt werden.

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