Süddeutsche Zeitung

Weltraumrecht:Wem gehört der Mars?

In einigen Jahrzehnten werden vielleicht Menschen auf dem Roten Planeten landen. Aber für wen nehmen sie ihn in Besitz? Experten sagen bereits jetzt Streit um die Grundstücke voraus.

Richard Friebe

Vor einigen Jahren begannen ein paar Geschäftsleute, Grundstücke zu verkaufen. Eine Grundregel des Immobilienwesens - dass einem das Land, das man anbietet, auch gehören muss - interessierte sie dabei nicht. Sie beriefen sich auf die Tradition, dass bisher vom Menschen nicht bewohntes Land in früheren, glorreichen Zeiten auch einfach in Besitz genommen werden konnte.

Von Menschen unbewohnt waren die Gegenden durchaus. Sie lagen auf dem Mond und auf dem Mars. Ein Unternehmen namens MoonEstates zum Beispiel hat in den vergangenen sieben Jahren nach eigenen Angaben mehr als acht Millionen Dollar mit Besitzurkunden für solche Parzellen verdient.

"Solche Verkäufe sind natürlich null und nichtig, das steht schon im UN-Weltraumvertrag von 1967", sagt Stephan Hobe. Der Kölner Rechtsprofessor ist Weltraumjurist. Diesen Berufsstand gibt es wirklich. Doch selbst wenn mehrere Leute dasselbe Marsstück gekauft haben, sind juristische Streitigkeiten bisher nicht vorgekommen.

In ein paar Jahrzehnten könnten Menschen aber tatsächlich auf dem Mars landen. Die Nasa will 2037 eine bemannte Mission losschicken, allein die Vorbereitungen sollen etwa 230 Milliarden Dollar kosten.

Die Europäer planen mit ähnlichen Preisen und etwa zur gleichen Zeit. Auch die neue Weltraummacht China hat offenbar vor, ihre rote Fahne in den roten Staub zu pflanzen.

Private Visionäre glauben sogar, dass das alles schon viel früher und für deutlich weniger Geld möglich sei. Robert Zubrin von der Mars Society etwa hält ein Budget von acht Milliarden Dollar für realistisch. Paypal-Gründer Elon Musk, der in seiner neuen Firma SpaceX jetzt Raketen und Raumschiffe baut, hält gar fünf Milliarden für genug.

Die Teilnehmer solcher Missionen sollen so bald wie möglich auch dauerhafte Marsstationen einrichten. Und in ein paar Jahrhunderten könnten Menschen beginnen, per Terraforming den Nachbarplaneten bewohnbar zu machen. Spätestens dann wird es nicht nur immer schwieriger werden, noch unberührte Landschaften, wie sie die Marsrover Spirit und Opportunity in den vergangenen Jahren fotografiert haben, vor die Kamera zu bekommen.

Man wird sich auch, sagt Hobe, "definitiv um die bevorzugten Grundstücke streiten". Denn so groß der Mars auch sein mag: Geeignete Flächen mit gut zugänglichen Wasser- und Rohstoffvorkommen wird es wahrscheinlich nicht allzu viele geben. Dann könnte es zugehen wie unter den Arktis-Anrainerstaaten, die derzeit allesamt Ansprüche auf die Polarregion erheben.

Das Hissen einer russischen Flagge am Nordpol-Meeresgrund war der vorläufige Tiefpunkt. Die Arktis ist völkerrechtlich wie Weltraum, Planeten und Asteroiden eigentlich ein "Global Commons", ein Gemeingut, das allen Nationen gemeinsam gehört. Daran hatte man sich einigermaßen gehalten, solange es zu teuer war, sich dort zu engagieren.

Mit schmelzendem Eis und steigenden Rohstoffpreisen jedoch wird der Norden zugänglicher und auch kommerziell interessanter. Wird sich dieser Streit eines Tages auf dem Mars wiederholen? In der Menschheitsgeschichte musste bisher alles, was einen Wert hatte, durch Besitzrechte reguliert werden.

Sobald sich also einmal mit dem Mars Geld verdienen lässt, wird man sich auf ein Grundstücksrecht einigen müssen. Wie das Geldverdienen gehen soll? Eine beliebte Antwort heißt: Tourismus.

Wenn solche Fernreisen die Haupteinnahmequelle sein werden, sollte man schon jetzt darauf achten, die Landschaft nicht zu sehr zu verschandeln. Denn der Mars hat neben dünner Atmosphäre und Strahlenbombardement aus dem All einen weiteren Nachteil: Kein Regen spült menschliche Umweltsünden weg, und Gras wächst auch nicht darüber.

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SZ Wissen 3/2008/mcs
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