Weltraumforschung:Im Tandem zum Saturn

In den nächsten Jahren fliegen mehrere europäische Sonden zu weit entfernten Planeten, Kometen und Monden.

Thomas Bührke

(SZ vom 03.05.2002) - Ein Meisterwerk der interplanetaren Raumfahrt ist schon seit Oktober 1997 unterwegs: die Raumkapsel Huygens. Sie fliegt Huckepack auf der Nasa-Sonde Cassini.

Weltraumforschung: Die Raumkapsel Huygens löst sich in dieser Grafik von der Raumsonde Cassini. Stattfinden soll das Ereignis im Dezember 2004, wenn die Sonde den Saturn erreicht hat. Geht alles nach Plan setzt Huygens bald darauf auf der Oberfläche des Saturn-Mondes Titan auf.

Die Raumkapsel Huygens löst sich in dieser Grafik von der Raumsonde Cassini. Stattfinden soll das Ereignis im Dezember 2004, wenn die Sonde den Saturn erreicht hat. Geht alles nach Plan setzt Huygens bald darauf auf der Oberfläche des Saturn-Mondes Titan auf.

(Foto: Esa/Nasa)

Das amerikanisch-europäische Tandem ist die bislang komplexeste und teuerste Planetenmission. Im Juli 2004 wird Cassini den Saturn erreichen und in eine Umlaufbahn um den Ringplaneten einschwenken. Huygens trennt sich im Dezember desselben Jahres von der Muttersonde ab und fliegt selbstständig auf den Mond Titan zu.

Läuft alles nach Plan, wird das 340 Kilogramm schwere Gefährt am 14. Januar 2005 an einem Fallschirm durch die dichte Atmosphäre des Mondes Titan gleiten und den Forschern einzigartige Bilder einer bizarren Welt übermitteln.

Titan ist für die Forscher so interessant, weil er der einzige Mond in unserem Sonnensystem ist, der eine Atmosphäre besitzt. Eine Wolkendecke verdeckt den Blick auf die Oberfläche. Dort könnten riesige Methanmeere existieren, die große Kontinente umspülen.

Europas zweites Prachtstück

Europas zweites Prachtstück startet im Januar 2003: Rosetta. Über neun Jahre lang wird diese Sonde durch das Planetensystem kreuzen, bevor sie den Kometen Wirtanen erreicht.

Den vermutlich nur wenige Kilometer großen Brocken aus Eis und Gestein soll sie dann ein Jahr lang begleiten und aus einem Kilometer Höhe erstmals scharfe Bilder von einem Kometen zur Erde senden.

Diese Aufnahmen dienen auch dazu, einen Landeplatz für die kleine deutsch- französische Sonde Roland (Rosetta-Lander) auszuwählen. Diese wird sich von Rosetta lösen und langsam auf den Kometen niedersinken. Sie wird sich dort verankern und mit einem Bohrer Proben nehmen und analysieren.

Nachdem die amerikanische Raumfahrtbehörde Nasa vor einigen Jahren ihr Langzeitprogramm zur Untersuchung des Mars vorgestellt hatte, war die Europäische Raumfahrtagentur Esa unter Zugzwang geraten und hatte den Bau des Mars Express beschlossen.

Das Landegefährt wird mit 150 Millionen Euro die kostengünstigste Mars-Mission sein, die jemals unternommen wurde. Möglich war dies unter anderem, weil die Ingenieure teilweise Entwicklungen von Rosetta übernehmen konnten.

Mars Express wird voraussichtlich im Mai 2003 starten und kurz vor Weihnachten den Roten Planeten erreichen. Während die Hauptsonde den Planeten umkreist, soll das Landegerät Beagle 2 auf der Oberfläche niedergehen, Bilder zur Erde senden und Bodenproben analysieren. Eine der Hauptaufgaben wird sein, Wasser im Marsboden zu suchen.

Nicht nur in der interplanetaren Raumfahrt emanzipiert sich Europa allmählich von Amerika, sondern auch in der Weltraumastronomie, der Erkundung des Alls mit Hilfe von Teleskopen. Nicht alle Himmelsbeobachtungen sind von der Erde aus möglich. Denn in großen Teilen des Spektralbereichs ist die Atmosphäre undurchsichtig. Das betrifft beispielsweise die sehr energiereiche Röntgen- und Gammastrahlung. Sie stammt von heißen Objekten, wie Gaswolken explodierter Sterne oder von Materie in der Nähe von Schwarzen Löchern.

Insbesondere die Gammastrahlen-Astronomie erfordert ganz besondere Teleskope, weil sich diese Strahlung nicht mit Linsen oder Spiegeln abbilden lässt. Im Oktober wird das europäische Gamma- Strahlen-Teleskop Integral in die Erdumlaufbahn geschossen. Es wird über Jahre hinweg das einzige Instrument dieser Art im All sein.

Teleskop in Sonnenumlaufbahn

Das wissenschaftlich wohl anspruchsvollste Instrument heißt Planck. Es wird voraussichtlich Anfang 2007 starten. Anders als die sonstigen Satellitenteleskope wird es nicht die Erde umkreisen, sondern in einer Sonnenumlaufbahn stationiert.

Der Grund ist, dass die Infrarotstrahlung der Erde das empfindliche Instrument stören könnte. Planck soll nämlich die kosmische Hintergrundstrahlung mit bis dahin unerreichter Empfindlichkeit studieren. Diese Strahlung entstand 300.000 Jahre nach dem Urknall und durchzieht bis heute das gesamte Universum. Sie ist die älteste Kunde von der Entstehung und Entwicklung des Kosmos. Gemeinsam mit Planck wird ein zweites Teleskop ins All befördert.

Das Infrarot- Observatorium Herschel wird ebenfalls seinen Platz fern der Erde einnehmen und junge Sterne im Innern von Staubwolken oder auch sehr weit entfernte Galaxien beobachten. Planck und Herschel müssen auf Anhieb funktionieren. Ein Reparaturflug, wie er 1993 beim Weltraumteleskop Hubble nötig war, ist in dieser großen Entfernung nicht möglich.

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