Artenschutz:Einigung auf der Weltnaturkonferenz in Rom

Lesezeit: 4 Min.

Eine Aktion der Umweltschutzorganisation Greenpeace vor dem Hauptsitz der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) in Rom, wo die Weltnaturschutzkonferenz tagte. (Foto: Marco Di Gianvito/dpa)

Nachdem der erste Teil der Weltnaturkonferenz vergangenes Jahr gescheitert ist, gab es jetzt auf dem zweiten Teil in Rom eine Einigung. Auch wenn viele Kompromisse gemacht werden mussten, werten Umweltverbände das als Erfolg.

Von Tina Baier

In Rom ist in der Nacht zum Freitag der zweite Teil der 16. Weltnaturkonferenz mit einer Einigung zu Detailfragen zu Ende gegangen. Umweltverbände werten es als Erfolg, dass sich die fast 200 Vertragsstaaten der Biodiversitätskonvention (CBD) diesmal wenigstens auf Verfahrensfragen einigen konnten, unter anderem zur Finanzierung des globalen Umweltschutzes. „Die Einigung ist superwichtig“, sagt Florian Titze, der die Konferenz in Rom für die Umweltschutzorganisation WWF beobachtet hat. Die Verhandlungen seien „sehr, sehr schwierig“ gewesen. „Die Länder haben sich wirklich zusammengerauft und gezeigt, dass sie globale Probleme noch gemeinsam lösen können.“ Das große und hehre Ziel, „Frieden mit der Natur“ zu schließen und das Artensterben und die Zerstörung der Natur bis zum Jahr 2030 zu stoppen, liegt aber nach wie vor in weiter Ferne.

Der erste Teil der Konferenz, der vergangenes Jahr im kolumbianischen Cali stattfand, war an Fragen zur Finanzierung gescheitert. Die bei solchen Konferenzen übliche Taktik, alles am letzten Tag eskalieren zu lassen und bis in die Nacht hinein zu verhandeln, um den Druck zu erhöhen, ging gründlich daneben. Am Ende waren derart viele Delegationsmitglieder schon abgereist, dass die Konferenz nicht mehr beschlussfähig war. Diesmal gab es zumindest eine Einigung im Kleinen. Ein Überblick.

Finanzierung des globalen Artenschutzes

Bis zum Jahr 2025 sollen die Industriestaaten den ärmeren Ländern jährlich 20 Milliarden Dollar bezahlen. Im Gegenzug sollen diese darauf verzichten, ihr Wirtschaftswachstum auf Kosten der Natur zu fördern. Außerdem sollen mit dem Geld Naturschutzprojekte finanziert werden, zum Beispiel die Einrichtung von Schutzgebieten. „Diesem Ziel sind wir schon relativ nahe“, sagt Jannes Stoppel von der Umweltschutzorganisation Greenpeace. Bis zum Jahr 2030 soll diese Summe dann auf 30 Milliarden US-Dollar pro Jahr erhöht werden.

Ebenfalls bis 2030 sollen alle Staaten gemeinsam mithilfe privater Spender und der Industrie weitere 200 Milliarden Dollar zur Verfügung stellen. Woher das Geld genau kommen soll, ist noch vollkommen offen. Bis zum Jahr 2030 sollen auch umweltschädliche Subventionen zum Beispiel für die Landwirtschaft um 500 Milliarden Dollar reduziert werden. „Um das zu schaffen, muss man jetzt sofort damit anfangen“, sagt Stoppel.

Kleine Fortschritte im Wirrwarr der Fonds

Einen kleinen Erfolg gab es im schon lange schwelenden Streit zwischen den Industrienationen und den ärmeren Ländern, die die Einrichtung eines zusätzlichen Fonds fordern, zu dem sie direkten Zugang haben. „Man hat sich auf einen Weg dahin geeinigt“, sagt Florian Titze. Es sei zwar weiterhin offen, welche Art von Fonds es wird. Aber in Rom sei der Weg geebnet worden, dass auf der nächsten Konferenz weiter über das Thema verhandelt werden kann.

Die Europäische Union und andere Industrieländer haben das bisher strikt abgelehnt, weil sie die Kontrolle über das Geld behalten wollen, das sie für den globalen Umweltschutz einzahlen. Den Ländern des Südens, allen voran die Demokratische Republik Kongo und Brasilien, sind die beiden bereits bestehenden Fonds zu westlich dominiert. Den einen, GEF mit Sitz in den USA, gibt es bereits seit 1992. In ihn fließt vor allem öffentliches Geld, etwa auch Teile der 50 Millionen Euro, die Deutschland vergangenes Jahr versprochen hat. In den Cali-Fonds sollen private Firmen einzahlen, etwa aus der Pharmaindustrie, wenn sie Pflanzen oder Tiere oder deren genetische Informationen aus anderen Ländern für ihre Produkte nutzen. „Dieser Fonds wurde in Rom eröffnet“, sagt Jannes Stoppel. „Allerdings ist die Einzahlung freiwillig.“

Wer kontrolliert das alles?

Kleine Fortschritte gab es in Rom auch beim sogenannten Umsetzungsmechanismus. „Dabei geht es darum, wann, an wen und wie die einzelnen Länder über ihre Fortschritte bei der Erreichung der 23 Ziele des Weltnaturabkommens berichten“, sagt Florian Titze. 2022 hatten sich die Mitgliedsländer in Montréal unter anderem darauf geeinigt,  30 Prozent der Erde bis zum Jahr 2030 unter Schutz zu stellen, die Überfischung der Meere zu bekämpfen, den Einsatz von Pestiziden um die Hälfte zu reduzieren, mindestens  30 Prozent der geschädigten Ökosysteme wiederherzustellen und die Wirtschaftssysteme nachhaltig umzubauen.

In Rom gelang es jetzt, sich auf diverse Detailfragen zu einigen: Unter anderem sollen die Mitgliedstaaten regelmäßig einen „Global Review“ abliefern, indem sie berichten, wie weit sie sind. Geklärt wurden auch Details darüber, welche Bedingungen erfüllt sein müssen, um ein Gebiet als Schutzgebiet bezeichnen zu können.  Beim Montréal-Ziel, den Einsatz von Pestiziden um 50 Prozent zu reduzieren, ging es um die Frage, ob man das an der Menge der eingesetzten Mittel misst, oder an ihrer giftigen Wirkung. „Es ist wichtig, das an der schädlichen Wirkung zu messen“, sagt Titze. „Sonst könnte man ja ausweichen und eine geringere Menge eines stärkeren Pestizids verwenden.“

Welchen Einfluss hat die Trump-Regierung in den USA auf den globalen Umweltschutz?

Die USA sind nicht Mitglied der Biodiversitätskonvention (CBD). Trotzdem hat der Regierungswechsel in den USA nach Ansicht von Catharina Caspari von der Universität Greifswald Einfluss auf die Verhandlungen zum globalen Umweltschutz.  „Es ist aber nicht zu unterschätzen, dass viele zivilgesellschaftliche Organisationen, die sich für Biodiversitätsschutz einsetzen und auch in Cali präsent waren, ihren Sitz in den USA haben und dort voraussichtlich unter verstärkten politischen Druck geraten“, sagte die Umweltrechtlerin dem Science Media Center (SMC). „Hinzu kommt eine Verschiebung der öffentlichen Aufmerksamkeit auf Sicherheitsthemen.“

Wie geht es in Deutschland weiter?

„Es wird nicht leicht“, sagt Johann Rathke, der beim Naturschutzbund Deutschland (Nabu) für Biodiversitätspolitik zuständig ist. Vor allem, weil Umweltschutz Geld kostet, und das zu investieren, sei in der jetzigen geopolitischen Lage herausfordernd. „Aber Deutschland muss sich seiner besonderen Rolle bewusst sein.“ Im internationalen Vergleich sei Deutschland im Hinblick auf Umweltschutz sehr weit. Die Konferenz in Rom fiel für Deutschland mit der Neuwahl des Bundestags zusammen und damit auf einen extrem ungünstigen Zeitpunkt. „Die kommende Bundesregierung sollte den Biodiversitätsschutz zu einer Priorität machen – und mit der Klima- und Landwirtschaftspolitik verknüpfen“, sagt Catharina Caspari.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

MeinungUmwelt
:Globaler Umweltschutz: Schöne Worte allein reichen nicht!

SZ PlusEin Kommentar von Tina Baier

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: