Welt-Malaria-Tag:Die grenzenlose Seuche

Die Malaria fordert jährlich zwei Millionen Todesopfer - darunter vor allem Kinder. Und durch den Klimawandel könnte der Erreger auch Europa erreichen.

Charlotte Frank

München - Jede halbe Minute holt sich die Malaria wieder ein Kind, meistens ein ganz kleines, noch keine fünf Jahre alt. Das macht 120 Tote in der Stunde, 2880 am Tag. Für Kinder ist die Fieberkrankheit damit die häufigste Todesursache weltweit, insgesamt sterben jährlich etwa zwei Millionen Menschen an Malaria oder ihren Folgen. 300 bis 500 Millionen weitere infizieren sich mit dem Erreger.

Welt-Malaria-Tag: Schon ein dünnes Stück Stoff kann Leben retten: Imprägnierte Moskitonetze schützen bis zu fünf Jahre lang vor den gefährlichen Insektenstichen.

Schon ein dünnes Stück Stoff kann Leben retten: Imprägnierte Moskitonetze schützen bis zu fünf Jahre lang vor den gefährlichen Insektenstichen.

(Foto: Foto: dpa)

Die Anopheles-Mücken, die Malaria übertragen können, sind bislang vor allem in Afrika verbreitet. Allein südlich der Sahara zählt die Weltgesundheitsorganisation WHO 60 Prozent der Krankheitsfälle und 90 Prozent der Toten.

Als im Jahr 2000 beschlossen wurde, den 25. April zum internationalen Malaria-Tag zu erklären, nannte man ihn deshalb nur "Afrika-Malaria-Tag". Sieben Jahre lang wurde so getan, als sei das Problem ein rein afrikanisches. Erst jetzt wurde der Name geändert: Den 25.April hat die WHO in diesem Jahr zum ersten Mal als "Welt-Malaria-Tag" ausgerufen.

"Das ist eine überfällige Anpassung an die Realität", sagt Hervé Verhoosel von der WHO-Gruppe Roll Back Malaria Partnership (RBM), schließlich seien Probleme Afrikas immer auch globale Probleme, die man nur gemeinsam lösen könne.

Wer Entwicklungshilfe überweise, dürfe nicht ignorieren, dass der afrikanischen Wirtschaft durch Malaria 12 Milliarden Dollar Verlust im Jahr entstehen, "von den sozio-demographischen Folgen ganz abgesehen", meint Verhoosel. Deshalb, erklärt er, geht Malaria die ganze Welt etwas an.

Infolge des Klimawandels befinden sich die Überträgermücken und damit auch der Malaria-Erreger auf dem Weg nach Norden, je wärmer und feuchter es ist, desto günstiger ist das für ihre Vermehrung.

Dass die Malaria es irgendwann bis nach Europa schafft, ist nach Einschätzung von Wissenschaftlern nicht ausgeschlossen - dies auch aufgrund der zunehmenden Globalisierung: Immer öfter bringen Menschen die Krankheit aus dem Ausland mit nach Deutschland. "Malaria wird keine afrikanische Krankheit bleiben", prognostiziert Bernd Pastors vom Medikamentenhilfswerk Action Medeor.

Auch Christian Meyer, Tropenmediziner am Hamburger Bernhard-Nocht-Institut erklärt: "Es besteht dringend Forschungsbedarf." Schon jetzt gibt es in Deutschland eine potentielle Wirtsmücke, die Anopheles plumbeus. Sie scheint in der Lage zu sein, den gefährlichen Malariaerreger zu übertragen.

Bis zu 600 Fälle im Jahr würden zudem von Reisenden importiert. Zwar ist die Wahrscheinlichkeit sehr gering, dass gerade einer dieser 600 Kranken von einer Anopheles plumbeus gestochen wird, die den Parasiten dann weiter überträgt. 1997 sei aber in Duisburg so ein Verdacht aufgetreten.

Malaria gilt längst als heilbar

"Das sind Einzelfälle und bislang diffuse Bedrohungsszenarien", sagt Meyer. Doch sie zeigen, dass Malaria auch in Europa nach und nach ins Bewusstsein rückt. Die Politik sei sensibilisiert und mehrere Programme aufgelegt, um das Potential von Insekten zu erforschen, Tropenkrankheiten auch in Deutschland zu verbreiten.

"Der Unterschied ist nur, dass es in Europa kein Problem ist, Malaria zu behandeln, während in ärmeren Ländern die Menschen daran sterben", beklagt die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen. Malaria gilt längst als heilbar, moderne Medikamente verhindern einen tödlichen Verlauf.

Doch in Afrika fehlen Geld und medizinische Infrastruktur, um Betroffenen zu helfen. 3,2 Milliarden Dollar im Jahr hält die WHO für nötig, will man die tückische Krankheit in den Griff bekommen. Bislang verfügt die Initiative aber erst über eine Milliarde Dollar jährlich.

Die Deutschen geben laut Ute Koczy, entwicklungspolitische Sprecherin der Grünen, gerade einmal neun Millionen Euro für Forschungsmittel aus. "Ein Witz angesichts der Schwere des Problems", meint sie - nicht ohne einen Seitenhieb auf die Pharmaunternehmen: "Weil die Betroffenen sich teure Präparate nicht leisten können, mangelt es der Industrie an Interesse, zu Malaria zu forschen."

Stattdessen setzen Ärzte und Entwicklungsexperten ihre Hoffnung in ein 2000 Jahre altes Medikament: Seit drei Jahren wird die Heilpflanze Chinesischer Beifuß verstärkt in Afrika eingesetzt und teilweise dort angepflanzt. "Die Behandlung ist hochwirksam und sehr günstig", so Bernd Pastors von Action Medeor. Im Schnitt koste die Therapie einen Euro. Doch das Problem der Versorgung und Finanzierung bleibt - wie Pastors unermüdlich betont: "Ein Problem der ganzen Welt."

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