Welt-Aids-Tag:"Wir haben den Verlauf der Aids-Epidemie gebrochen"

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Die Zahl der HIV-Neuinfektionen ist in den vergangenen zehn Jahren weltweit um 19 Prozent zurückgegangen, meldet UNAIDS. Ein Grund zur Entwarnung ist das nicht.

Christina Berndt

Zum ersten Mal, seit HIV vom Affen auf den Menschen übergesprungen ist, ist die Stimmung am Welt-Aids-Tag nicht nur getrübt. "Wir haben den Verlauf der Aids-Epidemie gebrochen", sagte Michel Sidibé, Direktor von UNAIDS, dem Aidsprogramm der Vereinten Nationen. Laut UNAIDS ist die Zahl der Neuinfektionen seit 1999, als die Epidemie ihren Höhepunkt erreichte, weltweit um 19 Prozent zurückgegangen. Die erzielten Erfolge seien ein "unglaublicher Meilenstein" im Ringen gegen die Immunschwäche, so Sidibé.

Das Weiße Haus in Washington schmückt sich am Welt-Aids-Tag mit der roten Schleife, dem Symbol für Hilfe und Unterstützung für HIV-Infizierte und Aids-Patienten. (Foto: dpa)

Gleichwohl mahnte die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen, dass die Behandlung von Menschen in ärmeren Ländern künftig wieder stärker gefährdet sei. Das läge an den geringen Finanzierungszusagen der internationalen Gemeinschaft an den Global Fund.

Dieser von Bill Gates gegründete, wichtigste Geldgeber im Kampf gegen Aids, Tuberkulose und Malaria habe für die kommenden drei Jahre Zusagen in Höhe von 11,7 Milliarden Dollar; notwendig seien aber 20 Milliarden, so heißt es bei Ärzte ohne Grenzen. Auch die steigenden Arzneimittelpreise sieht die Organisation mit Besorgnis. "Wir behandelnden Ärzte haben das Gefühl, dass uns die Hände gebunden werden", beklagte Gilles van Cutsem, medizinischer Koordinator für Südafrika und Lesotho.

UNAIDS zufolge liegt die Zahl der mit HIV Infizierten und der Aids-Kranken weltweit bei etwa 33 Millionen. Auch wenn in den vergangenen Jahren Osteuropa, Asien und Lateinamerika zu neuen Brennpunkten geworden sind: Am stärksten von der Seuche ist immer noch das südliche Afrika betroffen. In Swasiland zum Beispiel beträgt die durchschnittliche Lebenserwartung heute nur noch 31 Jahre - sie hat sich in zwei Jahrzehnten halbiert. Jedes fünfte Kind in dem kleinen Königreich ist Waise. Vier von zehn Schwangeren sind HIV-infiziert.

Eines der großen Zukunftsprojekte des UN-Kinderhilfswerks Unicef ist es daher, wenigstens die Babys vor HIV zu schützen. In fünf Jahren solle kein Kind mehr mit HIV geboren werden, lautet ein Ziel. Die Übertragung des Virus bei der Geburt lasse sich bis 2015 weltweit eliminieren, wenn die Anstrengungen jetzt verstärkt würden, betont Unicef in einem Report.

In Deutschland trifft HIV vor allem homosexuelle Männer. Insgesamt leben hierzulande rund 70.000 Infizierte, so das Robert-Koch-Institut. Die Zahl der Neuinfektionen lag im vergangenen Jahr erneut bei etwa 3000. Seit einigen Jahren scheint die Sorglosigkeit wieder gewachsen zu sein, auch weil Aids in den Industrienationen dank wirksamer Medikamente keine unmittelbar tödliche Bedrohung mehr ist.

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes ist die Lebenserwartung eines Erkrankten in Deutschland zwischen 1999 und 2009 um rund sechs Jahre auf knapp 50 Jahre gestiegen. "Gerade Jugendliche gehen zunehmend sorglos mit dem potenziellen Risiko einer Ansteckung um", warnt der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe.

Das diesjährige Motto des Welt-Aids-Tages richtet sich also keineswegs nur an die Entwicklungsländer: Es lautet "Positiv zusammen leben - aber sicher".

© SZ vom 01.12.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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