Anstatt riesige Wasserstoff-Gasflaschen herumzuschleppen, "haben wir jetzt eine Flüssigkeit, die man bequem transportieren kann", so Daniel Teichmann.
(Foto: Stefan Sauer/dpa)Was jetzt leicht aussieht, war ein mühsamer Weg für die beteiligten Wissenschaftler und Ingenieure. Lange experimentierten sie mit einer anderen Substanz, "N-Ethylcarbazol". Auch dieser Stoff vermag Wasserstoff an sich zu binden, ist jedoch deutlich instabiler. Unterhalb von 70 Grad Celsius wird er von der Flüssigkeit zu einem trockenen Pulver und dadurch schwer zu handhaben. "Das Finden des richtigen Trägers war der entscheidende Punkt", sagt Teichmann. Selbst damit sind aber noch nicht alle Schwierigkeiten beseitigt. So geht bislang beim Entladen des Wasserstoffträgers ein großer Teil der Energie in Form von Wärme verloren. Die Techniker haben dieses Problem in der Pilotanlage elegant gelöst, indem sie mit der Abwärme ein nahe gelegenes Schwimmbad beheizen. Allerdings dürfte nicht jeder potenzielle Anwender spontan eine Verwendung für die Hitze haben.
Dennoch könnten auf LOHC basierende Speicher-Technologien auf lange Sicht wichtiger werden. "Mit Wasserstoff als Energievektor können wir ein weitgehend CO₂-freies Energiesystem schaffen", sagt der Chemieingenieur Peter Wasserscheid, der an der Universität Nürnberg-Erlangen seit mehr als fünf Jahren an LOHC-Trägerflüssigkeiten forscht. Alle Bausteine für so ein System seien nun vorhanden, sowohl die Elektrolyse als auch die Brennstoffzelle seien marktreif. Man müsse diese Elemente nur mit leistungsfähigen und sicheren Speichern kombinieren.
Netz von Wasserstofftankstellen entsteht
Damit könnten zugleich Probleme der Energiewende angegangen werden. Bereits in zehn Jahren sollen in Deutschland mehr als 40 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien stammen. Doch je mehr Solarmodule und Windräder ans Netz gehen, desto stärker schwankt die Stromproduktion. Bläst der Wind besonders stark, liefern die erneuerbaren teilweise mehr Strom, als verbraucht werden kann. Dieser Überschuss könnte mithilfe der LOHC-Flüssigkeiten gespeichert werden und bei Flaute den Netzbetreibern aushelfen.
Im Prinzip ließen sich aber auch ganz andere Dinge mit dem Stoff anstellen. So braucht etwa die Lebensmittelindustrie viel Wasserstoff, der bislang meist aus fossilen Quellen gewonnen wird. "Man kann Überschüsse aus erneuerbaren Energien gezielt in andere Anwendungen transferieren", sagt Teichmann. Als ersten Kunden wird Hydrogenious ein Fraunhofer-Institut in Stuttgart mit dem LOHC-Wasserstoff beliefern und vor Ort eine kleine Anlage errichten, um die Flüssigkeit zu Strom zu machen. Damit wollen die Stuttgarter einen Fuhrpark aus Elektroautos betanken.
Auch für die Versorgung von Autos, die mit reinem Wasserstoff fahren, sei die Technologie interessant, glaubt Frank Sreball von H2 Mobility. Das Konsortium will bis 2018 insgesamt 100 Wasserstofftankstellen in Deutschland betreiben und macht sich um deren Versorgung mit dem Treibstoff Gedanken. "Mit LOHC-Trägern lässt sich die fünffache Menge Wasserstoff auf einem Tanklastzug transportieren als bisher", sagt Sreball. Entsprechend preisgünstiger könnte die Logistik des Stoffs werden.
Die größte Hürde für die Technologie könnte in naher Zukunft jedoch der niedrige Ölpreis sein. Je weniger fossile Rohstoffe kosten, umso weniger attraktiv ist es, auf ein Wasserstoffauto umzusteigen.