Süddeutsche Zeitung

Wasser auf dem Mars:Flüssige Spuren im Marssand

Dunkle Spuren erscheinen, dann sind sie wieder weg - was haben die Aufnahmen des "Mars Reconnaissance Orbiter" zu bedeuten? Womöglich zeigen die neu veröffentlichten Bilder: Auf dem erdähnlichen Planeten könnte es fließendes Salzwasser geben.

Markus C. Schulte von Drach

Dass es Wasser auf dem Mars gibt, haben die Daten von Raumsonden der Nasa in den vergangenen Jahren bereits gezeigt. Allerdings handelte es sich bisher nur um Eis und Dampf. Als Flüssigkeit hat Wasser in der Vergangenheit zwar offenbar ebenfalls existiert, wie einige geologische Formationen belegen. Doch diese Spuren sind alt.

Jetzt haben Forscher mehrerer US-Universitäten sowie der Universität Bern in der Schweiz mit Hilfe der Raumsonde Mars Reconnaissance Orbiter erstmals Spuren entdeckt, die darauf hindeuten, dass möglicherweise noch immer Wasser auf dem Roten Planeten fließt.

Die dunklen Spuren sind zwischen einem und fünf Meter breit und bis zu mehrere hundert Meter lang. Sie befinden sich vor allem auf den mittleren Breitengraden auf der südlichen Hemisphäre des Planeten. Dort treten Hunderte der Linien auf steilen Hängen von Kratern auf, insgesamt allerdings nur an sieben Stellen.

Das Besondere: Sie tauchen in den warmen Jahreszeiten des Mars auf, wachsen - und verschwinden in den kalten Jahreszeiten wieder. Die Bilder, die die Wissenschaftler analysierten, decken eine Zeitspanne von etwa drei Marsjahren ab.

Auch an anderen Stellen des Planeten wurden die Forscher fündig - allerdings ist noch nicht klar, ob sie sich dort ebenfalls im Laufe des Jahres verändern.

Bewiesen ist noch nichts, aber "die beste Erklärung für diese Beobachtungen ist bislang, dass dort Salzwasser fließt", stellt Alfred McEwen von der University of Arizona, Tucson, fest. McEwen und seine Kollegen haben ihre Erkenntnisse jetzt im Fachmagazin Science veröffentlicht.

Im Mars-Sommer steigt die Temperatur an manchen Orten auf Werte zwischen minus 20 Grad und dem Gefrierpunkt. Dann könnte das Wasser als Salzlösung zu fließen beginnen und die Oberfläche dunkel färben. Bei zunehmender Kälte hellt sich die Oberfläche dann wieder auf. Der Versuch, mit dem Spektrometer (CRISM) des Orbiters Wasser auf den betreffenden Abhängen aufzuspüren, misslang jedoch. Möglicherweise trocknen die Spuren zu schnell, oder das Wasser fließt unterhalb der Oberfläche.

"Die Abflüsse sind nicht dunkel, weil sie nass sind", sagt McEwen. "Das hat andere Gründe." Möglicherweise verändere der Wasserstrom irgendwie die Lage des Gerölls auf der Oberfläche, vermutet man bei der Nasa. Allerdings ist es schwierig zu erklären, wieso die Spuren dann wieder hell werden, wenn die Temperatur sinkt.

"Das ist ein Rätsel", gesteht McEwen, "aber ich denke, es lässt sich durch weitere Beobachtungen und Laborexperimente lösen."

"Allgemein sind wir sehr skeptisch, was Nachweise von flüssigem Wasser auf dem Mars anbelangt", sagt Nicolas Thomas von der Universität Bern und Mitglied des Teams, das die Bilder des High Resolution Imaging Science Experiment (HiRISE) an Bord der Sonde ausgewertet hat. "Aber dies hier ist der vielversprechendste Beweis, den wir bisher haben. Wenn wir nach Leben auf dem Mars suchen, dann sollten wir an diesen Stellen anfangen."

Nasa-Chef Charles Bolden zeigte sich begeistert: Das Programm zur Erforschung des Mars' bringe die Forscher immer näher an den Punkt, wo sich zeigen werde, "ob der Rote Planet irgendwelches Leben beherbergen könnte". Darüber hinaus bestätigten die Hinweise die Bedeutung des Planeten als zukünftiges Ziel eines bemannten Raumfluges.

Der Mars Reconnaissance Orbiter umkreist den roten Planeten seit 2006. Im nächsten Jahr will die Nasa ein Fahrzeug in den Gale-Krater schicken. Curiosity soll dort nach Spuren von Leben suchen. Die Pläne der US-Raumfahrtbehörde sehen außerdem vor, bis 2030 ein Raumschiff zu entwickeln, das Menschen auf den Mars bringen kann.

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